Die Larve
gesagt?«
»Dass die Einsatzzentrale einen Streifenwagen geschickt hat, nachdem der Wachmann auf dem Friedhof die Meldung durchgegeben hatte, dass da Leute an Gusto Hanssens Grab sind. Und dass die Grabschänder abhauen konnten, bevor die Streife kam. Doch dann ging diese Schießerei in der Madserud allé los. Irgendjemand schoss auf jemand anderes, der sich Zutritt zu dem Haus der Alten verschafft hatte. Die Frau steht noch unter Schock, sie sagt aber immer wieder, dass der Eindringling ein höflicher junger Mann gewesen sei, etwa zweieinhalb Meter groß und mit einer Narbe quer über dem Gesicht.«
»Was meinst du? Steht diese Schießerei in Zusammenhang mit der Grabschändung?«
Bellman nickte. »Auf dem Wohnzimmerboden waren Lehmreste, die mit ziemlicher Sicherheit aus dem Grab stammen. Der Kriminaldirektor fragt sich jetzt natürlich, ob das irgendwie in Zusammenhang mit Drogen steht und wir es hier vielleicht mit einem neuen Bandenkrieg zu tun haben. Er zweifelt daran, dass ich das unter Kontrolle habe.« Bellman trat ans Fenster und fuhr sich mit dem Zeigefinger über seinen schmalen Nasenrücken.
»Hast du mich deshalb gebeten zu kommen?«, fragte Truls und trank vorsichtig einen Schluck Kaffee.
»Nein«, sagte Bellman mit dem Rücken zu Truls. »Es geht um den Abend, an dem wir den anonymen Hinweis bekommen haben, dass die ganze Los-Lobos-Gang im McDonald’s sein würde. Du warst bei der Verhaftung nicht dabei, oder?«
»Nein«, sagte Berntsen und hustete. »Ich konnte nicht, ich war an dem Abend krank.«
»Dieselbe Krankheit, die du jetzt kriegst?«, fragte Bellman, ohne sich umzudrehen.
»Hä?«
»Einige der Polizisten fanden es höchst seltsam, dass die Tür des MC -Clubs nicht verschlossen war, als sie dort hinkamen. Außerdem fragten sie sich, wie dieser Tutu, der laut Odin dort als Wache zurückgeblieben war, entkommen konnte. Es wusste doch niemand, dass wir kommen. Oder?«
»Soweit ich weiß«, sagte Truls, »wussten nur wir davon.«
Bellman sah aus dem Fenster und wippte auf den Füßen auf und ab. Er hatte die Hände hinter dem Rücken verschränkt.
Truls wischte sich die Oberlippe ab. Er hoffte, dass der Schweiß nicht zu sehen war. »Sonst noch was?«
Wippen. Auf und ab. Wie ein kleiner Junge, der über ein Geländer zu schauen versucht, aber ein Stückchen zu klein ist.
»Das war alles, Truls, und … danke für den Kaffee.«
Als Truls wieder zurück in seinem eigenen Büro war, trat er ans Fenster und sah, was auch Bellman da draußen gesehen haben musste. Das rote Plakat hing wieder an dem Baum.
Es war zwölf Uhr, und auf dem Bürgersteig vor dem Restaurant Schrøder standen wie gewöhnlich ein paar durstige Seelen und warteten, bis Nina endlich aufschloss und einen neuen Tag einläutete.
»Oje«, sagte sie, als sie Harry erblickte.
»Beruhige dich, ich will kein Bier, bloß ein Frühstück«, sagte Harry. »Und einen Gefallen.«
»Ich meine deinen Hals«, sagte Nina und hielt ihm die Tür auf. »Der ist ganz blau. Und was ist das da …?«
»Klebeband«, sagte Harry.
Nina nickte und ging hinein, um die Bestellungen aufzunehmen. Es gehörte zur Philosophie des Restaurants Schrøder, dass sich hier jeder um seinen eigenen Kram kümmerte.
Harry setzte sich an seinen angestammten Platz in der Ecke am Fenster und rief Beate Lønn an.
Der Anrufbeantworter meldete sich, und er wartete auf den Signalton.
»Hier ist Harry. Ich habe vor kurzem eine ältere Dame getroffen, bei der ich möglicherweise einen bleibenden Eindruck hinterlassen habe. Vermutlich ist es besser, wenn ich mich für eine Weile von allen Polizeiwachen fernhalte. Deshalb deponiere ich hier im Restaurant Schrøder zwei Tütchen mit Blut. Komm persönlich und frag nach Nina. Ich möchte dich auch noch um einen anderen Gefallen bitten. Bellman hat mit der Auflistung einer Reihe von Adressen in Blindern begonnen. Könntest du so diskret wie möglich Kopien der Listen der einzelnen Teams anfertigen, bevor die Daten weiter an Orgkrim gehen?«
Harry legte auf. Dann rief er Rakel an. Wieder nur der Anrufbeantworter.
»Hi, hier ist Harry. Ich brauche ein paar saubere Kleider, und ich glaube, bei dir da oben … da war doch noch was … von damals. Ich werde meinen Standard etwas anheben und im Plaza einchecken, wenn du also vielleicht in einem Taxi etwas dahin schicken könntest, wäre das …« Er merkte, dass er ganz automatisch nach Worten suchte, die sie zum Lächeln bringen konnten. Wie »voll cool« oder
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