Die Larve
fragte Harry.
»Höchstens drei oder vier«, sagte Truls. »Vielleicht aber auch nur diese zwei.«
»Hm. Was haben Sie sonst noch an Eisenwaren?«
»Eisenwaren?«
»Abgesehen von denen da.« Hole nickte in Richtung Couchtisch, auf dem zwei geladene Pistolen und eine schussbereite MP 5-Maschinenpistole lagen. »Ich werde Sie anketten und die Wohnung durchsuchen, Sie können es mir also ebenso gut gleich sagen.«
Truls Berntsen dachte nach. Dann nickte er in Richtung Schlafzimmer.
Hole schüttelte den Kopf, als Truls den Schlafzimmerschrank öffnete und einen Schalter betätigte, woraufhin eine Neonröhre ihr blaues Licht auf den Inhalt warf: sechs Pistolen, zwei große Messer, ein schwarzer Schlagstock, ein Schlagring, eine Gasmaske und eine sogenannte Riot Gun, ein kurzes, unförmiges Gewehr mit einem Zylinder in der Mitte, der große Patronen mit Tränengas enthielt. Truls hatte das meiste davon aus dem Lager der Polizei abgezweigt, wo man ein bisschen Schwund immer einkalkulierte.
»Sie sind echt verrückt, Berntsen.«
»Warum?«
Hole zeigte in den Schrank. Truls hatte Nägel in die Rückwand geschlagen, um daran die Waffen aufzuhängen, und den Umriss jeder einzelnen aufgezeichnet. Alles hatte seinen Platz.
»Schusssichere Westen auf Kleiderbügeln? Haben Sie Angst, die könnten verknittern?«
Truls Berntsen antwortete nicht.
»Okay«, sagte Hole und nahm eine Weste herunter. »Geben Sie mir die Riot Gun, die Gasmaske und Munition für die MP 5 , die im Wohnzimmer liegt. Und einen Rucksack.«
Hole passte auf, als Berntsen die Sachen in den Rucksack stopfte. Dann gingen sie zurück ins Wohnzimmer, wo Hole sich die MP 5 nahm.
Dann standen sie in der Tür.
»Ich weiß, was Sie denken«, sagte Harry. »Aber bevor Sie zum Telefon greifen oder mich anderweitig aufzuhalten versuchen, sollten Sie wissen, dass ich alles, was ich über Sie und diesen Fall weiß, bei einem Anwalt deponiert habe. Er ist instruiert und weiß genau, was er tun soll, wenn mir etwas zustößt. Verstanden?«
Blanke Lügen, dachte Truls und nickte.
Hole lachte kurz. »Sie glauben, ich lüge, aber sicher können Sie sich da nicht sein, oder?«
Truls spürte, wie sehr er diesen Hole mit seinem herablassenden, gleichgültigen Lächeln hasste.
»Und was passiert, wenn Sie überleben, Hole?«
»Dann sind Ihre Probleme erst einmal vorbei. Ich verschwinde auf die andere Seite der Erde. Und dieses Mal werde ich wohl nicht wieder zurückkommen. Eine letzte Sache …« Hole knöpfte sich den langen Mantel über der schusssicheren Weste zu. »Sie waren es, der den Blindernveien 74 von der Liste gestrichen hat, die Bellman und ich bekommen haben, nicht wahr?«
Truls Berntsen lag das Nein schon auf der Zunge. Aber irgendetwas – eine Eingebung, der Anflug eines Gedankens – stoppte ihn. In Wahrheit hatte er nie herausgefunden, wo Rudolf Asajev wohnte.
»Ja«, sagte Truls, während sein Hirn die Information verdaute und zu ergründen versuchte, was sie bedeutete. Die Liste, die Bellman und ich bekommen haben . Was konnte er daraus schließen? Aber seine Gedanken waren nicht schnell genug, das Denken war nie eine Stärke von ihm gewesen. Er brauchte Zeit.
»Ja«, wiederholte er und hoffte, dass Hole ihm die Überraschung nicht ansah. »Natürlich war ich das.«
»Das Gewehr lasse ich hier«, sagte Harry, öffnete die Kammer und drückte die Patronen heraus. »Sollte ich nicht zurückkommen, geben Sie es bitte in der Kanzlei Bach & Simonsen ab.«
Hole knallte die Tür zu, und Truls hörte seine langen Schritte auf der Treppe. Er wartete, bis er ganz sicher sein konnte, dass Hole nicht mehr zurückkam, und reagierte.
Hole hatte die Märklin nicht entdeckt, die hinter der Gardine neben der Balkontür lehnte. Truls schnappte sich die schwere Präzisionswaffe, öffnete die Balkontür und legte den Lauf auf die Balkonbrüstung. Es war kalt und regnete leicht, wichtiger aber war, dass kein Lüftchen wehte.
Er sah Hole unten aus dem Wohnblock treten. Der Mantel umspielte flatternd seine Beine, als er zu dem Taxi trabte, das auf dem Parkplatz wartete. Dann hatte er ihn im Sucher des lichtstarken Zielfernrohrs. Deutsche Optik und Waffenkunst. Das Bild war körnig, aber scharf. Er konnte Hole von hier aus ohne Probleme erledigen, die Kugel würde ihn vom Scheitel bis zur Sohle durchschlagen oder, noch besser, dort austreten, wo seine Geschlechtsorgane lagen. Schließlich war diese Waffe ursprünglich einmal für die Elefantenjagd entwickelt
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