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Die Larve

Die Larve

Titel: Die Larve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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an, riss den Rand auf und löste den Kettfaden, bis er ein ausreichend langes Stück hatte. Er band eine Schlinge und hob den Aschenbecher so weit an, dass er die Hand darunterschieben konnte. Bereitete sich innerlich auf das vor, was kommen musste. Als er spürte, wie die Rattenzähne sich in das weiche Fleisch zwischen Daumen und Zeigefinger gruben, kippte er den Aschenbecher zur Seite und packte die Ratte mit der anderen Hand am Rücken. Sie fauchte, als Harry einen der weißen Krümel löste, der sich in ihrem Fell festgesetzt hatte. Er legte ihn auf die Zungenspitze und probierte ihn. Die Substanz schmeckte bitter, nach überreifer Papaya, Violin. Irgendjemand hatte hier ganz in der Nähe sein Drogenversteck.
    Harry schob die Schlinge über den Schwanz, zog sie an der Schwanzwurzel fest, setzte das Tier auf den Boden und ließ es los. Die Ratte schoss weg, während der Faden durch Harrys Hand lief. Nach Hause.
    Harry folgte ihr. In die Küche, wo die Ratte hinter dem fettigen Backofen verschwand. Harry kippte das altersschwache Schwergewicht auf die Hinterräder und zog es ein Stück vor. Der Faden führte durch ein faustgroßes Loch in der Wand, bewegte sich aber nicht mehr.
    Harry steckte die Hand, die bereits einen Biss abbekommen hatte, in das Loch und tastete die Innenseite der Wand ab. Rechts und links fühlte er Isolationsmaterial, nach oben war aber nichts zu ertasten. Da fehlte die Isolation. Harry schob das Ende des Fadens unter einen Fuß des Backofens, ging ins Bad und nahm den von Speichel und Schleim fleckigen Spiegel von der Wand. Er zerschlug ihn am Rand des Waschbeckens und nahm eine kleine Scherbe mit. Dann ging er in eines der Schlafzimmer, löste eine Leselampe von der Wand und kehrte in die Küche zurück. Er legte die Spiegelscherbe auf den Boden, so dass sie etwas in Loch ragte, steckte den Stecker der Lampe in die Steckdose neben dem Backofen und richtete den Lichtschein auf die Spiegelscherbe. Er führte die Lampe innen an der Wand entlang, bis er den richtigen Winkel hatte, und sah es.
    Das Versteck. Es war ein Stoffbeutel, der etwa einen halben Meter über dem Boden an einem Wandständer hing.
    Das Loch war nicht groß genug, um den Arm ganz hineinzuschieben und nach oben zu drehen. Harry dachte nach. Was für ein Werkzeug hatte der Besitzer dieses Verstecks verwendet, um an seine Sachen zu kommen? Er hatte sämtliche Schubladen und Schränke der Wohnung durchsucht und spulte all die eingesammelten Daten noch einmal ab.
    Der Stahldraht.
    Er ging ins Wohnzimmer. Der Draht lag noch immer dort, wo er gelegen hatte, als er gemeinsam mit Beate die Wohnung inspiziert hatte. Nur das um neunzig Grad gebogene Ende ragte unter der Matratze hervor. Ohne jeden Zweifel hatte nur der Besitzer gewusst, wofür dieser Draht war. Harry nahm ihn mit in die Küche, schob ihn durch das Loch und nutzte das wie ein Y geformte Ende des Drahts, um den Beutel vom Haken zu heben.
    Der Beutel war schwer. Genauso schwer, wie er gehofft hatte. Er musste ihn durch das Loch ziehen.
    Bestimmt hing der Beutel so hoch, damit die Ratten ihn nicht erreichen konnten, trotzdem hatten die Tiere es geschafft, am Boden ein kleines Loch hineinzunagen. Harry schüttelte den Beutel, und ein paar Körnchen Pulver rieselten heraus. Das erklärte die Körner im Pelz der Ratte. Dann öffnete er ihn und nahm drei kleine Tütchen Violin heraus. Vermutlich Viertelgrammpäckchen. Das Besteck war nicht vollständig, neben den Tütchen fanden sich nur ein Löffel mit gebogenem Schaft und am Boden des Beutels eine benutzte Spritze.
    Aber da war noch etwas anderes. Harry streifte einen Gummihandschuh über, um keine Fingerabdrücke zu hinterlassen, als er es herausnahm.
    Die Waffe war – wie gesagt – nicht zu verwechseln. Unförmig, seltsam, fast komisch. Foo Fighters. Es war tatsächlich eine Odessa. Harry roch an der Waffe. Der Geruch des Pulvers hing nach einem Schuss oft noch Monate an einer Waffe, wenn sie nicht geputzt und geölt wurde. Und diese Pistole war vor nicht allzu langer Zeit abgefeuert worden. Er überprüfte das Magazin. Achtzehn. Zwei Patronen fehlten. Harry war sich sicher, dass er die Mordwaffe in den Händen hielt.
    Als Harry den Spielzeugladen auf der Storgata betrat, hatte er noch immer zwölf Stunden bis zum Abflug.
    Der Laden hatte zwei verschiedene Sets, um Fingerabdrücke zu nehmen. Harry entschied sich für das teurere mit LED -Lampe, weichem Pinsel, dreifarbigem Pulver, Klebestreifen, um die Abdrücke

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