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Die Larve

Die Larve

Titel: Die Larve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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seinem Mantelkragen und zog ihn nach unten. Die Schleifsteinstimme fauchte leise in sein Ohr.
    »Du weißt, dass ich einen Mann bezahlt habe, den Mord an Gusto zu gestehen. Du dachtest aber, ich hätte das getan, um Oleg aus seinem Versteck zu locken. Das stimmt aber nicht. Mein Mann in der Polizei hat Zugang zum Zeugenschutzprogramm. Ich hätte Oleg dort ohne Probleme erstechen können. Ich hatte mich aber anders entschieden, wollte ihn so leicht nicht davonkommen lassen …«
    Harry versuchte, sich loszureißen, aber der Alte hielt ihn fest.
    »Ich wollte ihn kopfüber aufhängen und ihm eine Plastiktüte anlegen, Harry«, krächzte die Stimme. »Den Kopf in einer durchsichtigen Plastiktüte, und dann von oben über die Füße Wasser gießen, das dann am Körper entlang bis nach unten in die Tüte fließt. Und dann wollte ich das filmen. Mit Ton, damit du auch die Schreie hörst. Den Film hätten wir dir geschickt. Und das machen wir auch noch, solltest du mich gehen lassen. Du wirst dich wundern, wie schnell die mich aus Mangel an Beweisen wieder laufenlassen, Harry. Und dann finde ich ihn.
    Harry, ich schwöre dir, dass du dann irgendwann diese DVD im Briefkasten haben wirst.«
    Harry handelte instinktiv, aus dem Handgelenk. Spürte, wie die Klinge Fuß fasste, in den Körper drang, und seine Finger sie drehten. Er hörte den Alten nach Luft schnappen, drehte weiter. Schloss die Augen und spürte, wie das Messer sich durch die Eingeweide wühlte, sie hin und her schob. Und als er den Alten endlich schreien hörte, hörte Harry auch seinen eigenen Schrei.
    Kapitel 42
    H arry wachte von der Sonne auf, die ihm seitlich auf das Gesicht schien. Oder war da ein Geräusch gewesen?
    Vorsichtig blinzelnd, öffnete er ein Auge.
    Sah ein Zimmerfenster und blauen Himmel und hörte nichts. Auf jeden Fall war jetzt alles still.
    Er sog den Rauchgeruch des Sofabezugs ein, hob den Kopf und erinnerte sich endlich wieder daran, wo er war.
    Er war vom Zimmer des Alten in sein eigenes gegangen, hatte in aller Ruhe seinen Lederkoffer gepackt und das Hotel dann über die Hintertreppe verlassen. Anschließend war er mit einem Taxi zu dem einzigen Ort gefahren, von dem er sich sicher war, dass ihn dort niemand finden würde. Das Haus von Nybakks Eltern in Oppsal. Es schien in der Zwischenzeit auch niemand dort gewesen zu sein. Als Erstes hatte er die Schubladen in Küche und Bad nach Schmerztabletten abgesucht und vier Pillen genommen, bevor er sich das Blut des Alten von den Händen gewaschen hatte und in den Keller gegangen war, um nachzusehen, ob Stig Nybakk einen Entschluss gefasst hatte.
    Das hatte er.
    Dann war Harry zurück nach oben gegangen, hatte sich ausgezogen, die Kleider zum Trocknen ins Bad gehängt, sich eine Wolldecke gesucht und sich aufs Sofa gelegt, wo er sofort, und ohne noch einen weiteren Gedanken fassen zu können, eingeschlafen war.
    Harry stand auf und ging in die Küche. Nahm zwei Schmerztabletten und spülte sie mit einem Glas Wasser herunter. Öffnete den Kühlschrank und warf einen Blick hinein. Es gab reichlich ausgefallenes Essen, offensichtlich hatte Nybakk Irene gut versorgt. Die Übelkeit des vergangenen Tages kam zurück, und er wusste sogleich, dass er keinen Bissen herunterbringen würde. Er ging zurück ins Wohnzimmer und öffnete den Barschrank, um den er am Abend zuvor einen großen Bogen gemacht hatte. Erleichtert stellte er fest, dass er leer war. Als er seine Hand in die Tasche steckte und den falschen Ehering fand, hörte er wieder das Geräusch. Es war dasselbe, das er beim Aufwachen zu hören geglaubt hatte.
    Er trat an die offen stehende Kellertür und lauschte. Joe Zawinul? Er ging nach unten, stellte sich vor die Tür und sah durch das Gitternetz. Stig Nybakk drehte sich langsam im Kreis, schwerelos wie ein Astronaut. Harry fragte sich, ob das Vibrieren des Handys in der Tasche wie ein Propeller wirken konnte.
    Das Klingeln – die vier oder eigentlich drei Töne aus Palladium von Weather Report klangen wie der Lockruf des Jenseits. Und als Harry das Handy aus der Tasche nahm, konnte er sich nicht gegen den Gedanken wehren, dass es Stig Nybakk war, der mit ihm reden wollte.
    Harry blickte auf die Nummer im Display, nahm das Gespräch entgegen und erkannte die Stimme des Pförtners im Radiumhospital. »Stig! Hallo! Bist du das? Kannst du mich hören? Wir haben ein paarmal versucht, dich anzurufen. Wo bist du denn? Du hast eine ganze Reihe von Terminen verpasst, und wir machen uns langsam

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