Die Last der Schuld
Finger krallten sich in ihr weiches Fleisch, und mit einem Mal wurde ihm bewusst, dass seine Handfläche auf ihrer Hüfte ruhte. Scheinbar war seine Hand ohne jede Erlaubnis unter die Decke geschlüpft und hatte es sich auf ihrer fast nackten Haut bequem gemacht. Lediglich der dünne Baumwollstreifen ihres Slips trennte seine Handfläche von ihrem Fleisch. Als er den Griff lockerte, streiften seine Fingerspitzen ihre Haut. Seine Bauchmuskeln verkrampften sich instinktiv.
Gott, sie war so zart und roch so verführerisch nach Frau! Er hatte schon immer einen auÃergewöhnlich scharfen Geruchssinn gehabt, und ihm war klar, dass er sich für den Rest seines Lebens an diesen Geruch erinnern würde, während sich Lana warm und vertrauensvoll an ihn schmiegte.
Ihre Finger glitten an seiner Brust nach oben und schlossen sich um den Halsausschnitt seines T-Shirts. Sie hatte wunderschöne Hände. Er erinnerte sich nur zu gut daran, wie er diese im Krankenhaus stundenlang gehalten hatte, während er betete und hoffte, Lana möge überleben. Er kannte die Beschaffenheit ihrer Haut vermutlich besser als seine eigene, und ihre Knochen waren so zart, dass er sie zwischen seinen groben Fingern kaum spürte.
Er hatte kein Recht, ihr so nahe zu kommen. Verdammt, vermutlich würde es schon genügen, sich im Schlaf umzudrehen, um sie versehentlich zu verletzen!
Sie stieà einen sanften Seufzer aus, und ihre Lippen sowie ihr Atem streiften seinen Hals in einer zarten Liebkosung.
Calebs Augenlider sanken herab, und er versuchte, seinen Verstand von den sinnlichen Empfindungen seines Körpers abzulenken. Er hatte über Jahre hinweg gelernt, Gefühle wie Schmerz, Müdigkeit und Hunger zu ignorieren. Sicherlich konnte er ebenso gut seine Lust ignorieren.
Langsam und mit so viel Sorgfalt, dass es beinahe lächerlich wirkte, löste er seinen Körper von Lanas. Wenn er noch länger hierbliebe und sie festhielte, würde er etwas tun, das er später bereuen würde. Daran bestand nicht der geringste Zweifel.
***
Lana erwachte ganz allmählich und streifte die Erschöpfung ab, die sie nach einer harten Nacht wie dieser häufig quälte. Sie rekelte sich im Bett und rollte auf die andere Seite, sodass ihr Kopf auf einem Stück Kissen zum Liegen kam, das einen dezenten maskulinen Geruch verströmte â einen Geruch, der die Erinnerung an ihren Traum zurückkehren lieÃ. Zum ersten Mal seit Monaten hatte sie etwas Angenehmes geträumt â sie hatte geträumt, Caleb hätte ihre Albträume verscheucht und sie in den Arm genommen. Für eine Weile war sie sich vorgekommen wie eine ganz normale Frau mit ganz normalen Bedürfnissen.
Sie war glücklich gewesen. Es war so lange her, dass sie das letzte Mal Glück empfunden hatte, dass sie das Gefühl fast vergessen hatte.
Ihre Erschöpfung wich, doch der Geruch von Calebs Haut blieb. Sie hatte das Ganze nicht geträumt. Caleb war tatsächlich hier gewesen.
Was zugleich bedeutete, dass er sie in ihrem schlimmsten Zustand erlebt hatte â gefangen in ihren Albträumen.
Sie fühlte sich mit einem Mal so gedemütigt, dass sie glaubte, sich übergeben zu müssen. Er hatte ihre erbärmlichste, ihre schwächste Seite zu Gesicht bekommen, wie sie hilflos schrie, geplagt von Ereignissen, die weit zurücklagen. Die nur noch in ihrem Kopf existierten. Sicherlich dachte er, sie hätte den Verstand verloren â was vermutlich gar nicht so abwegig war.
Ihre Wangen glühten vor Scham, und einen Moment lang dachte sie darüber nach, sich krankzumelden, um nicht auf der Arbeit erscheinen zu müssen. Sie konnte Caleb nicht gegenübertreten, nicht nach letzter Nacht. Sie würde vor Demütigung sterben.
Dann hörte sie das Gluckern der Kaffeemaschine, und im nächsten Moment drang ihr der Duft von frischem Kaffee in die Nase. Caleb war immer noch hier â hier in ihrer Wohnung. Sie konnte ihm nicht aus dem Weg gehen, selbst wenn sie sich krankmeldete. Sie musste ihm früher oder später gegenübertreten. Vorzugsweise nachdem sie geduscht und sich die Zähne geputzt hatte.
Lana sprang aus dem Bett und stürzte so hastig ins Bad, dass er sie nicht aufhalten konnte. Fünfzehn Minuten später war sie erfrischt und scheute sich mehr denn je, Caleb gegenüberzutreten. Vielleicht hätte sie die Demütigung zuerst abhandeln sollen, um ihre Dusche im
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