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Die Launen des Teufels

Die Launen des Teufels

Titel: Die Launen des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Beine, nur um sogleich einen Schritt zurückzuweichen, als sie der Gier im Blick des Mönches gewahr wurde. »Was ist mit Euren Gästen?«
    Ein freudloses Lachen teilte die Lippen des Franziskaners, als dieser sich seiner Beute näherte. »Die sind schon längst wieder zu Hause bei Weib und Kind«, erwiderte er heiser und packte Anabel ohne Vorrede beim Kragen ihres Ärmelrockes, um ihren Mund heiß und feucht mit dem seinen zu verschließen. Wie ein sich windender Aal presste sich seine Zunge gegen Anabels Gaumen, rang die ihre nieder und raubte ihr die Luft. Hart und schmerzhaft gruben sich seine Hände in ihre Oberarme, als er sie näher an sich heranzog, um ihren Busen an seinen Brustkorb zu drücken.
    Als er endlich Atem schöpfen musste, wich Anabel wie von glühenden Kohlen verbrannt vor ihm zurück und hob ohne nachzudenken die Hand, um ihm eine Ohrfeige zu versetzen. Doch sein Griff fing ihr Handgelenk aus der Luft und zwang es mühelos an ihre Seite zurück. »Spiel nicht die Unschuldige«, spuckte er verächtlich aus und umfasste zielsicher ihre unter dem Ärmelrock verborgene Brust. »Das ist doch bestimmt nicht das erste Mal.«
    Sprachlos vor Furcht und Empörung wusste sie darauf keine Erwiderung, doch als er mit der Linken nach ihren Röcken tastete, trat sie ihm geistesgegenwärtig gegen das Schienbein. Mit einem erstickten Fluch ließ er sie fahren und hüpfte beinahe komisch auf einem Bein auf und ab, bevor er sich schließlich wieder so weit fasste, dass er mit totenbleichem Gesicht zwischen den Zähnen hervorstieß: »Das hättest du nicht tun sollen, du kleine Hure!« Mit einem prüfenden Blick auf die wie bewusstlos in den Kissen ruhenden Kranken, machte er einen Satz, und hätte Anabel sich nicht hinter dem Bettkasten der Wöchnerin in Sicherheit gebracht, hätte er sie an ihrem Zopf gepackt. »Ich werde dir Gehorsam und Demut beibringen«, knurrte Franciscus und machte Anstalten, ihr nachzusetzen, doch genau in diesem Moment ertönte die Stimme des Infirmarius.
    »Wir sind fertig. Du kannst die Binden aufräumen.«
    Direkt im Anschluss an diesen Befehl näherten sich die Schritte des Tonsors, und mit einem vernichtenden Blick in Richtung Durchgang zog sich Franciscus zum Hoftor zurück. »Denk nicht, dass du mir so davonkommst«, drohte er und verschwand in die Dunkelheit.
    Zitternd vor Erschöpfung und Schreck ließ sich Anabel auf den von Schwester Marthe geräumten Schemel fallen und sandte ein verzweifeltes Gebet zum Himmel, dass ihre Nachtwache bald vorüber sein möge. Wie schnell sich die Erleichterung über den Dienst am Lager der Kranken in nackte Furcht verwandelt hatte!
     

Kapitel 7
     
    »Ihr habt mir einen Aufschub bis zum ersten Advent versprochen!« Conrads Stimme war gefährlich ruhig, doch der kleine, in kostbare Gewänder gekleidete Graubart, der ihm gleichgültig und kalt in die Augen blickte, zeigte sich wenig beeindruckt. Der am Tag von der Sonne vertriebene Nebel hatte sich seit Einbruch der Nacht erneut schwer und erstickend über die Stadt gesenkt, und die vom Kerzenschein erleuchteten Fenster der in einem engen Karree um den Judenhof angeordneten Fachwerkhäuser verbreiteten ein verwaschenes Licht. Sowohl der spitze gelbe Hut als auch der leuchtend gelbe Ring auf der linken Brustseite seines aus schwerem Tuch gefertigten Umhangs kennzeichneten das Gegenüber des Glockengießers als Mitglied der seit dem Ausbruch einer neuen Plage im Osten Europas nur mit Misstrauen in den Städten geduldeten Minderheit. Der lange, geflochtene Bart und der Judenstock, den er mit der Rechten umklammert hielt, bestätigten diesen Eindruck.
    »Ihr schuldet mir bereits fünfzig Gulden«, erwiderte der Geldverleiher gelassen und blickte zu dem sich drohend aufbauenden Conrad auf. »Das sind fünfhundert Ochsen«, setzte er nach kurzem Kopfrechnen hinzu. »Achtzig Pferde, tausend Kühe oder so viel Brot, dass Ihr die ganze Stadt mehrere Monate damit durchfüttern könntet. Wie gedenkt Ihr mir das zurückzuzahlen?« Bevor Conrad den Mund zu einer Erwiderung öffnen könnte, hob der zierliche Jude die übermäßig beringte Hand und setzte hinzu: »Und vergesst nicht, den Zins hinzuzurechnen.«
    »Verflucht, Abraham«, zischte Conrad, unter dessen Rock sich die Muskeln spannten. »Ihr wisst, dass ich die Anzahlung zum Kauf von Zinn und Kupfer benötige.« Eine seiner Pranken zuckte zu seinem Hals, den er geistesabwesend massierte. »Den Rest erhalte ich erst bei Lieferung.«
    Der Jude hob die

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