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Die Launen des Teufels

Die Launen des Teufels

Titel: Die Launen des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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sie seinen schwitzenden Leib an sich, um die berauschende Illusion des Einsseins so lange als möglich zu genießen. Während sein Herzschlag gegen ihre Brust hämmerte, vergrub sie die Nase in seinem schwarzen Haar und schloss die Augen. Sein stoßweiser Atem sandte kleine Kälteschauer über ihre vor Feuchtigkeit glänzende Haut, und schwindelig vor Hochgefühl betrachtete sie die kaum wahrnehmbaren Bewegungen seines Körpers, der im Feuerschein wie aus Marmor gemeißelt wirkte. Überdeutlich war sie sich des Rhythmus bewusst, in den sie nach einiger Zeit des stillen Genießens verfielen, und hätte sich die ihren Verstand umhüllende Wolke der Sinnlichkeit nicht langsam aber sicher aufgelöst, hätte sie die nächsten Stunden damit zubringen können, seine sich beruhigenden Atemzüge zu genießen. Als jedoch mit dem Erkalten des Schweißes auch der sinnestaumelnde Wirbel der Empfindungen unaufhaltsam abebbte, wurde die glückselige Wärme in ihrem Inneren ohne Warnung von der ihr wohlbekannten Starre abgelöst, und ihre Augen füllten sich mit Tränen der Verzweiflung.
    Kaum wurde ihr klar, was sie Bertram mit ihrer Schwachheit angetan hatte, schlug die Ausweglosigkeit ihrer Lage mit voller Gewalt über ihr zusammen, und ein Schluchzen raubte ihr die Luft. Der hohe Ton, mit dem sich ein krampfartiger Weinanfall ankündigte, ließ Bertram erschrocken den Kopf heben und voller Verblüffung auf ihr verzerrtes Gesicht hinabblicken. Der Mund, den vor wenigen Augenblicken noch ein verklärtes Lächeln umspielt hatte, war zu einer Grimasse verzogen, und in den vormals glänzenden Augen lag so viel Hoffnungslosigkeit und Qual, dass er von ihr glitt, um sich neben ihr auf den Ellenbogen zu stützen.
    »Anabel«, hauchte er verwirrt und strich ihr eine der rotblonden Strähnen aus der Stirn. »Es … es tut mir leid. Ich wollte dich nicht überrumpeln.« Die Zerknirschung in seinen Zügen ließ Anabel die Hände vor die Augen schlagen, und während Bertram hilflos auf sie hinabstarrte, brach der Damm, hinter dem sich die Demütigungen und der Schmerz der vergangenen Wochen aufgestaut hatten. Beinahe eine halbe Stunde lang rann ein wahrer Sturzbach an Tränen ihre Wangen hinab, um in dem weichen Kissen zu versiegen, bevor sich ihre Trauer schließlich soweit erschöpft hatte, dass sie nur noch trocken um Luft rang. Als Bertram bereits befürchtete, sie könne ersticken, beruhigten sich die viel zu heftig kommenden Atemstöße, und der an ihrer Schläfe hämmernde Puls verlangsamte sich allmählich. Mit den Knöcheln rieb sie sich die geschwollenen Augen, bevor sie schließlich schützend die Beine an den Körper zog und sich auf die Seite rollte. Sich hin und her wiegend wie ein Kind, starrte sie wie in Trance in die tanzenden Flammen, und als sich Bertrams Hand behutsam auf ihre Seite legte, fuhr sie heftig zusammen.
    »Ich habe dir wehgetan!«, presste er zwischen unterdrückten Tränen hervor. »Es tut mir so furchtbar leid.«
    Außer dem Knistern des Feuers unterbrach nichts die Stille, bis Anabel sich schließlich wieder auf den Rücken drehte, die Decke schützend über ihre Brust zog und zu ihm aufblickte. »Es ist nicht deine Schuld«, flüsterte sie schließlich. »Ich hätte es niemals zulassen dürfen. Ich bin deiner Liebe nicht wert!« Mit diesen Worten wandte sie den Blick von ihm ab und fixierte mit steinerner Miene die Decke der Kammer, an der ihre vom Schein des Feuers verzerrten Körper ein bizarres Schattenspiel aufführten.
    »Was für einen Unsinn redest du da?«, brauste er auf und zwang sie mit einem Griff ans Kinn, ihn anzublicken. »Ich liebe dich! Und daran kann nichts auf dieser Welt jemals etwas ändern.«
    Alles hatte er als Reaktion auf diese Worte erwartet, aber nicht das kurze Lachen, das Anabel ausstieß, bevor sie müde die Augen schloss. »Du weißt nicht, was du sagst«, stellte sie hölzern fest und umklammerte das Laken, um sich mit ihm in eine sitzende Position zu schieben. Traurig fuhr sie fort: »Du verschwendest deine Liebe an eine gefallene Frau.« Kaum hatten diese Worte ihren Mund verlassen, wollte erneut Schwermut in ihr aufsteigen, doch unter Aufbietung all ihrer Willenskraft gelang es ihr, diese zu besiegen und beinahe unbeteiligt fortzufahren: »Ein anderer hat mich bereits entehrt.«
    Entgegen all der Furcht und Scham, die sie bisher davon abgehalten hatten, jemandem ihre Seele zu öffnen, schien es in diesem Moment, als gäbe es nur diesen einen Weg, um endgültig die

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