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Die Launen des Teufels

Die Launen des Teufels

Titel: Die Launen des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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schließlich in einen traumlosen Schlaf, aus dem sie am nächsten Morgen in genau der Stellung aufwachten, in der sie eingeschlafen waren.
     

Kapitel 22
     
    Eselsburger Tal, 19. Dezember 1349
     
    Mit jedem Stoß, den der mit einem tragbaren Ofen geheizte Karren auf ihren aufgedunsenen Leib übertrug, fuhr Katharina von Helfenstein ein Stich in den Unterleib, der sie mit einem Stöhnen darauf hoffen ließ, dass diese Fahrt bald zu Ende sein möge. Durch das kleine Fenster in der Bretterwand zu ihrer Rechten torkelte die beeindruckende Anlage des Benediktinerklosters Anhausen durch ihr Blickfeld, als der Wagenlenker die Pferde der Brenz entlang auf den Eingang des Eselsburger Tales zutrieb, an dessen Ende sie in Eselsburg eine Rast einlegen würden. Geschützt am Fuße eines schroffen Kalkfelsens liegend, wurde dieser Flecken von der Festung eines unbedeutenden Rittergeschlechtes dominiert, das Katharinas Vater zur Treue verpflichtet war.
    Während sie mit brennenden Augen verfolgte, wie sich eine Schar bedrohlich großer Saatkrähen aufgescheucht von dem Fuhrwerk in das kahle Geäst der den Flusslauf säumenden Pappeln flüchtete, unterdrückte sie nur mit Mühe die eisige Beklemmung, die sich erneut ihres Verstandes bemächtigen wollte. Wenn sie nicht riskieren wollte, das Kind zu verlieren, musste sie versuchen, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten! Fröstelnd zog sie den mit dem Wappen ihres Gemahls bestickten Umhang bis ans Kinn und dachte an die warnenden Worte der Hebamme zurück, die ihre ohnehin kaum mehr zu kontrollierende Furcht geschürt hatten. »Wenn Ihr nicht bald aufbrecht, wird Euer Gemahl Eure kleinste Sorge sein«, hatte die alte Frau mit einem missfälligen Blick auf den sich entfernenden Eilboten Ulrichs von Württemberg gedrängt, der Katharina den Befehl ihres Gatten überbracht hatte, sich auf der Stelle zurück nach Hohenneuffen zu begeben. Der Ton der Nachricht war hart und knapp gewesen, was Katharina befürchten ließ, dass er den wahren Grund ihrer Abwesenheit inzwischen in Erfahrung gebracht hatte. Wenn die Gerüchte stimmten, die einer ihrer eigenen Männer ihr zugetragen hatte, war Ulrichs Misstrauen durch eine Botschaft aus ihrem Umfeld geschürt worden, was erklären würde, warum er trotz der überall im Land tobenden Seuche bereit war, seine Gemahlin den Gefahren einer Reise auszusetzen.
    Ein Prickeln kroch ihre Kopfhaut entlang, als sie sich die schwarzmalerische Warnung der heilkundigen Frau ins Gedächtnis rief. »Ihr müsst auf der Stelle nach Ulm«, hatte diese eindringlich geraten. »Nur dort kann man Euch helfen, Euren Sohn unversehrt zur Welt zu bringen.« Sie hatte beklommen auf die kleinen Fläschchen geblickt, die ihre Tränke und Salben enthielten und resigniert die Schultern gezuckt. »Allein kann ich nichts ausrichten. Ihr braucht ein Hospital.«
    Die Endgültigkeit dieses Urteils war Katharina erst klar geworden, als die Hebamme schon längst aus ihrem Gemach verschwunden war, und sie hatte trotz der Schmerzen, die sie in regelmäßigen Abständen durchliefen, mit fliegenden Fingern alles Nötige gepackt, um sich ohne Unterlass auf die zweitägige Reise zu machen. Wenn alles nach Plan verlief, würde sie am morgigen Montag – vier Tage vor Weihnachten – in Ulm eintreffen, wo sie sich sofort in die Obhut der Beginen begeben würde, die bereits ihre Mutter bei der Geburt ihres ersten Sohnes vor dem Verbluten bewahrt hatten. Sie lächelte dünn. Vielleicht würde das Kind ein Christkind, dachte sie wehmütig, als ihr die immer häufiger wiederkehrende Taubheit ohne Vorwarnung die Glieder lähmte. Mit leerem Blick verfolgte sie, wie einer der beiden Ritter, die ihren Geleitschutz darstellten, in kurzem Galopp an dem Fensterchen vorbeiritt, um einige Worte mit dem ebenfalls schwer gepanzerten Lenker des Wagens zu wechseln. Woraufhin dieser sich etwas vom Ufer des sich in Schleifen windenden Flusses entfernte, da dort das schneebedeckte Gras von einer spiegelnden Eisdecke überzogen war.
    Mit einem Seufzen lehnte Katharina sich zurück an die mit dicken Kissen gepolsterte Wand  und schloss die Augen, um auf das Ende der Fahrt zu warten. Nach weniger als zwei Stunden schmerzte ihr bereits jeder einzelne Knochen im Leib, und das Stechen, das sie fürchten ließ, Ulm nicht rechtzeitig zu erreichen, breitete sich immer weiter aus.
    Während sich der Karren immer tiefer in das von bewaldeten Bergrücken gesäumte Tal vorschob, tauchten nacheinander die schemenhaften

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