Die Launen des Teufels
Stärkung auf Euch«, fuhr er fort und fuchtelte in Richtung Halle, wo ein halbes Dutzend Mägde damit beschäftigt war, die einfachen Holztische mit blütenweißen Tischtüchern zu decken. »Und in etwa zwei Stunden wird das Essen serviert.« Mit diesen Worten zog er sich zurück und ließ Katharina in der Gegenwart des nervös an seinen Locken zupfenden Mädchens zurück, in dessen grünen Augen Ehrfurcht und Bewunderung glommen.
»Herrin«, stammelte sie nach einigen Momenten des peinlichen Schweigens schließlich und griff nach einem der dreiarmigen Kerzenleuchter, die neben dem Eingang bereitstanden. »Wenn Ihr mir folgen wollt.«
Mit einem weiteren artigen Knicks wandte sie Katharina den Rücken und erklomm eine schmale, ins erste Geschoss führende Treppe, von der aus eine Art Balkon um die im Erdgeschoss liegende Halle führte. Am Ende des Korridors wandte sie sich nach rechts, um kurz darauf vor der Tür eines Gemaches anzuhalten, die sie mit einem im Schloss steckenden Schlüssel aufschloss. Mit einem scheuen Senken des blonden Schopfes ließ sie Katharina den Vortritt, und als diese den gut geheizten Raum betreten hatte, folgte sie ihr lautlos. Flink wie ein Eichhörnchen huschte sie auf eine über dem prasselnden Feuer angebrachte Halterung zu, in der ein metallener Krug steckte, langte nach dem mit einem Tuch umwickelten Griff und füllte einen Zinnbecher mit der dampfenden, nach Schlehen, Zimt und Holunder duftenden Flüssigkeit, die sich bei näherer Untersuchung als eine Art Früchtewein herausstellte. Dankbar schlang Katharina die kalten Finger um den sich erwärmenden Becher und folgte den Bewegungen des Mädchens, dessen rosige Wangen sie mit einem Gefühl der Schwermut erfüllten.
Wie jung und unschuldig sie ist!, dachte sie wehmütig, als die Tochter des Ritters das Tuch von dem auf einer Platte angerichteten Imbiss aus Brot, kaltem Braten, Käse, Speck, Pastete und einem kleinen Kuchen hob, der ihr das Wasser im Munde zusammenlaufen ließ. Zwar hatte sie wenige Stunden vor dem Aufbruch aus Heidenheim eine herzhafte Mahlzeit zu sich genommen, doch schien der Hunger, der sie seit einigen Wochen plagte, immer heftiger zu werden, je näher der Zeitpunkt der Entbindung rückte.
»Ich danke dir«, wandte sie sich an das Mädchen, das sich errötend umblickte, wie um sich zu vergewissern, dass es dem Gast an nichts mangelte. »Wenn ich noch etwas brauche, melde ich mich«, fügte sie mit einem gezwungenen Lächeln hinzu und blickte der jungen Frau nach, als diese sich mit einer gemurmelten Verabschiedung zurückzog.
Kaum hatte sie die Kammer verlassen, trat Katharina an die Tür und drehte den Schlüssel, den die Tochter des Ritters ins Innere des Schlosses gesteckt hatte, bevor sie sich schwer auf die aus Birkenholz geschnitzte Sitztruhe fallen ließ, die dicht an dem kleinen Fenster stand. Wie ungewohnt es war, ohne ihre Zofe zu reisen! Mit einem leisen Seufzer setzte sie das Trinkgefäß wieder ab und griff nach einem Stückchen Pastete, um daran zu knabbern. Wie um alles in der Welt sollte sie den ihr am morgigen Tag bevorstehenden Reiseabschnitt überstehen, wenn sie die kurze Entfernung von Heidenheim bis Eselsburg schon an den Rand der Erschöpfung brachte? Brütend stocherte sie in dem Rest der Pastete herum, bevor sie sich dem kleinen Honigkuchen zuwandte, der besser zu dem süßen Getränk zu passen schien. Während sie die trockenen Bissen großzügig mit dem heißen Trunk hinunterspülte, fragte sie sich, wie die Beginen auf die Anwesenheit der Gräfin von Württemberg in ihrem Hospital reagieren würden, und ob sich das Schweigen der Heiligen Schwestern erkaufen ließ. Sollte Ulrich tatsächlich herausgefunden haben, dass seine Gemahlin das Kind eines anderen in sich trug, würde er mit Sicherheit alles in seiner Macht Stehende unternehmen, um dieses Zeichen seiner Schande zu beseitigen. Ein Würgen schnürte ihr die Kehle zu. Wie hatte sie nur so töricht sein können, anzunehmen, dass sie ihren Gemahl an der Nase herumführen könnte?! Selbst wenn es ihr gelungen wäre, ihm einzureden, es handle sich um die Frucht seiner eigenen Lenden, wäre die Lüge spätestens in den folgenden Jahren ans Licht gekommen, da Wulf auch äußerlich das genaue Gegenteil des Grafen war.
Eine Bewegung in ihrem Inneren ließ sie erschrocken die Luft anhalten, doch als sich der Aufruhr kurz darauf wieder legte, faltete sie erleichtert die Hände über ihrem mächtigen Bauch. »Verschone meinen Sohn,
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