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Die Launen des Todes

Die Launen des Todes

Titel: Die Launen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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ihrer Version des kontinentalen Begrüßungskusses. Eines der beliebtesten Videos im Syke nannte sich
Höhepunkte des britischen Sports
(Dr. Johnson hatte Recht; wenn man Patrioten braucht, muss man dazu nur die Gefängnisse aufsuchen!), und einer dieser Höhepunkte, der mit dem lautesten Jubel bedacht wurde, bestand in alten Schwarzweiß-Aufnahmen von Henry Cooper, der Cassius Clay, wie er sich damals noch nannte, mit einem linken Haken auf die Bretter schickte.
    Lindas Schmatz, der meinen Backenknochen prellte, hatte nahezu die gleiche Wirkung. Ich wankte noch, als sie sich eingehend nach den Fortschritten meiner Recherchen erkundigte. Ich hatte den Eindruck, dass sie alles über den Verlauf meiner ersten Tage hier wusste – Frau Buff wahrscheinlich – und meine überstürzte Abreise nach Zürich als gefällige Demonstration meiner Befähigung ansah, die Pflicht über das Vergnügen zu stellen. Nichts deutete allerdings darauf hin, dass sie wusste, welche Form das Vergnügen angenommen hatte, Gott sei Dank!
    Ohne das geringste Erstaunen nahm sie zur Kenntnis, dass zwischen den Stimmers und Beddoes eine zufällige Verbindung bestehen könnte; eine typische Third-Thought-Reaktion. Gott hat überall seine Hand mit im Spiel; wir sollten uns eigentlich die ganze Zeit darüber wundern und zwar nicht nur anlässlich merkwürdiger Ereignisse, bei denen unsere geistige Sehschwäche sich so weit aufklart, dass wir seine Handschrift erkennen können. An Beddoes hat sie kein wirkliches Interesse. Sie unterstützt mich, weil sie dadurch einige aufgeblasene Akademiker ärgern kann und weil (ich trage dies in aller Objektivität vor, ohne prahlen zu wollen) ihr aus bislang nicht ersichtlichen Gründen mein Anblick gefällt.
    Sie sah keinerlei Problem darin, von den Stimmers die Erlaubnis zu erhalten, Kellers Bild eingehender in Augenschein zu nehmen. Das ist ihre wahre Stärke. Die Möglichkeit des Scheiterns lässt sie schlichtweg nicht zu!
    Aber ich bemerkte, dass sie von meinen Fortschritten sehr erfreut war, denn plötzlich entschuldigte sie sich – auf jene brüske Art derer, die es nicht gewohnt sind, sich zu entschuldigen – wegen einer bedauerlichen, aber notwendigen Störung meiner Gelehrteneinsamkeit. Ihre Gesellschaft schien über die ursprüngliche Gästezahl hinaus angewachsen zu sein (Politiker haben es gern umsonst), wodurch es die begrenzten Unterkunftsmöglichkeiten erforderlich machten, jemanden im zweiten Schlafzimmer des Chalets einzuquartieren.
    Die guten Neuigkeiten lautete, dass es sich dabei um Frère Jacques handelte.
    »Das«, sagte ich, »heißt, lediglich Jacques allein, oder?«
    Sie verstand sofort. »Ja. Der depressive Dierick ist in der Abtei und passt dort auf, dass es die Brüder an Weihnachten nicht zu toll treiben. Aber ich muss Sie warnen, er droht damit, an Neujahr zu uns zu stoßen.«
    Nun, das erschien mir des Unheils genug, und ich antwortete, es wäre äußerst erbaulich, Jacques zur Gesellschaft zu haben. Es war ehrlich gemeint, eine Anstandsdame war genau das, was ich brauchte. Mouse mochte schüchtern und naiv sein, doch war sie die Tochter ihrer Mutter, und Linda war eine Frau, die es hasste, wenn ein begonnener Job nicht erledigt wurde.
    Auf dem Weg zum Chalet traf ich auf Mouse. Sie begrüßte mich mit anscheinend unverstellter Freude, wies mich für mein abruptes Verschwinden zurecht und sagte mir, Zazie und Hildi hätten ihr aufgetragen, mir in ihrem Namen ein sehr frohes Weihnachtsfest zu wünschen.
    Sorgfältig suchte ich nach einer versteckten Bedeutung in ihren Worten und war erleichtert, dass ich nichts dergleichen fand.
    Im Chalet, stellte ich fest, saß Frère Jacques am Tisch und schrieb.
    Auch er brachte seine große Freude zum Ausdruck, mich wiederzusehen, und versuchte sich für seinen Einbruch in meine gelehrsame Einsamkeit zu entschuldigen.
    Es freue mich, sagte ich ihm, seine Gesellschaft genießen zu dürfen, und hoffe, er habe nichts dagegen, von Lindas Gesellschaft getrennt zu sein.
    »Großer Gott, nein!«, lachte er. »Die sind ein so langweiliger Politikerhaufen, wie man ihn außerhalb des Teezimmers Ihres Unterhauses kaum zu finden hofft.«
    »Sie haben nicht vor, sie zum Third Thought zu verführen?«, sagte ich nicht ohne Hintergedanken.
    »Das könnte sich als Problem herausstellen, da ein dritter Gedanke ganz offenkundig zwei weitere ihm vorausgehende erfordert«, erwiderte er voller Ernst. Dann grinste er und sagte: »Aber man kann kein Christ

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