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Die Launen des Todes

Die Launen des Todes

Titel: Die Launen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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sterben musste, denn das steht uns allen bevor, sondern dass jemand, der so viel Talent, so große Intelligenz besaß und dem sich solch große Möglichkeiten erschlossen, am Ende so deprimiert, desolat und desillusioniert war, dass das Leben für ihn jegliche Bedeutung verloren hatte.
    Er hinterließ einen Abschiedsbrief, adressiert an einen der beiden wichtigen Männer in seinem Leben, beides Anwälte. Beim ersten, Thomas Kelsall, einem Solicitor in Southampton, ging er eine Zeit lang in die Lehre. Seine juristische Karriere führte zu nichts, doch bildete sich daraus eine Freundschaft, die zu einer der wenigen Konstanten in Beddoes’ Leben werden sollte. Ohne diese Korrespondenz würden wir noch weniger über Beddoes wissen, als dies ohnehin der Fall ist, und ohne Kelsalls selbstlose Begeisterung für dessen Gedichte wären wohl nur sehr wenige erhalten geblieben.
    Der andere Anwalt, an den der Brief adressiert war, nannte sich Revell Phillips of the Middle Temple; er fungierte anscheinend als Beddoes’ Berater in Finanzfragen, doch wie bei Kelsall schien die Beziehung sehr viel tief gehender gewesen zu sein. Die beiden Anwälte zusammen, spekulierte Sam, dürften auf gewisse Weise für Beddoes der Ersatz für den so früh verlorenen Vater gewesen sein.
    In seinem Abschiedsbrief taucht der Satz auf, der Sam den Titel für sein Buch lieferte.
    Ich sollte
unter anderem
ein guter Dichter gewesen sein.
    Und Beddoes beendete dieses Schreiben, wie es typisch für ihn war, mit einem makabren Scherz.
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eine von Reades besten Magenpumpen.
    Wobei er natürlich wusste, dass Ecklin ihn erst wieder zu sehen bekommen würde, wenn er an seiner Vergiftung gestorben war!
    Ein Brief, der mich jedes Mal, wenn ich ihn lese, zum Weinen bringt. Und auch zum Lächeln. Er war wirklich eine heitere, verrückte tragische Gestalt.
    Dieser Brief aber, der sich mit den fröhlichsten aller Zeiten befasst, darf nicht melancholisch enden! Ich hoffe, Sie und Ihre Familie hatten ein so schönes Weihnachten wie ich.
     
    Mit lieben Grüßen
    Franny
     
     
     tirnrunzelnd las Pascoe den Brief, dann schob er ihn Ellie hin, die, nachdem sie ihn gelesen hatte, lautstark auflachte.
    »Was?«, sagte er.
    »Das Furzgedicht. Ich beginne mich für Beddoes zu erwärmen. Wer um alles in der Welt ist St. Gingo, oder hat er den nur um der Verse willen erfunden?«
    »Würde mich nicht überraschen. Dinge zu erfinden, damit sie seinen eigenen verschrobenen Zwecken entsprechen, wäre genau das, worauf Roote abfährt.«
    »Und was, glaubst du, hat er in diesem Brief erfunden?«
    Pascoe dachte nach, dann sagte er: »Sich selbst. Er erfindet sich selbst. Dieser fröhliche gesellige Bursche, der sich so gut mit den Menschen versteht, ernsthafte Gespräche mit seinem geistigen Beistand führt und sich dann aus einem Pflichtgefühl heraus an die Arbeit macht. Damit sagt er, ›schauen Sie, Mr. Pascoe, ich kann alles sein, was ich will. Versuchen Sie mich zu fassen zu kriegen, und Sie werden nur nach Luft greifen.‹«
    »Ah, jetzt verstehe ich dich. Er erzählt dir das also genauso, wie er dir erzählt hat, dass er Albacore eins übern Schädel gebraten hat, damit er in seiner Dekanwohnung verbrennt?«, sagte Ellie. »Peter, ich habe dir geraten, diese Sache auf die Reihe zu bekommen, aber damit meinte ich, dass du deinen Job machst. Stattdessen machst du nichts anderes, als dich in Rootes Briefe zu versenken, als wärst du ein religiöser Fanatiker, der Nostradamus liest und nur das herauszieht, was in sein Weltbild passt.«
    »Ja? Na ja, Nostradamus war ja auch ein Verrückter«, sagte Pascoe. »Und als ich Pottle die Briefe zeigte, hat er mir zugestimmt – der Typ sei ernsthaft gestört.«
    »Ja, und hat er nicht auch gesagt, dass Haseen eine in Fachkreisen angesehene Psychologin ist und nicht die Idiotin, für die du sie hältst?«
    »Das zeigt doch nur, wie clever Roote ist. Der ganze Mist über seinen Vater, den hat sie samt Haken, Leine und Blinker geschluckt.«
    Ellie schauderte es ob des wirren Bildes. »Vielleicht bist du derjenige, der den ganzen Mist geschluckt hat?«
    »Wie bitte?«
    »Was weißt du wirklich über Rootes Kindheit und seinen familiären Hintergrund? Ich meine, woher hast du denn deine Informationen?«
    »Weiß ich nicht, vermutlich aus den Akten.«
    »Genau. Und woher stammt das Zeug in den Akten? Vielleicht ist das alles nur Müll, der auf Frannys Betreiben dort hineingelangt ist. Vielleicht

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