Die Launen des Todes
sein, ohne noch vor dem Frühstück an sechs unmögliche Dinge zu glauben, daher bin ich verhalten optimistisch.«
Nun, damit trieb er die lockere Atmosphäre auf die Spitze! Erneut ließ mich jener zögerliche, zweifelnde Teil meines Geistes, der noch an den sonnigsten Plätzchen den Schatten sucht, an die alte Kriegslist Machiavellis denken, wonach man am besten jemanden dazu bringt, einen ins Vertrauen zu schließen, wenn man ihm die Illusion gibt, dass er freien Zugang zu allen Gedanken hat, die man selbst hegt.
Was mir Probleme bereitet, ist meine Unfähigkeit, anderen uneingeschränkt zu vertrauen, doch fühlte ich mich in seiner Gegenwart entspannt genug, um ihn direkt zu fragen, was er an Weihnachten in Fichtenburg mache, zu einer Jahreszeit, zu der er, sollte man meinen, anderen Verpflichtungen nachzugehen habe.
»Bilden Sie sich nicht ein«, sagte er, »dass ich diese Politiker verachte, wenn ich sie verspotte. Denn soll der Third Thought gedeihen, darf er nicht als Zufluchtsort schrulliger Eigenbrötler gesehen werden. Wir müssen die gewöhnlichen Menschen ansprechen, und wenn diese sehen, dass jene, denen sie vertrauen, mir vertrauen, sind sie uns einen großen Schritt näher gekommen.«
»Sie glauben, die Menschen vertrauen den Politikern?«, sagte ich. »Sie wissen, dass in der britischen Presse Linda als Loopy Linda bezeichnet wird?«
»Sie meinen, die Menschen trauen der britischen Presse?«, konterte er. »Mit ihrem Nachnamen war es ihr vorgezeichnet, Loopy genannt zu werden. Die meisten Ihrer Zeitungen würden wie Shakespeare für ein kleines Wortspiel ihre Seele verkaufen! Wenn ich in Ihrer Presse erwähnt werde, können nur die wenigsten Journalisten der Versuchung widerstehen, mit
dormez-vous
oder
sonnez les matines
ihren Spaß zu treiben. Ich wage gar nicht daran zu denken, was geschieht, wenn Linda wieder ihren Mädchennamen Duckett annehmen sollte.«
Damit war der Ton für unsere Beziehung festgelegt, und nach Abschluss der Festivitäten waren wir zwei sehr gute Kumpel. Ihm entging nicht, dass ich die Gesellschaft von Mouse mied, worauf ich sie unvorteilhaft mit Emerald verglich.
»Ja«, sagte er. »Es kam mir vor, als wären Sie ganz angetan von Miss Emerald.«
»Komisch«, sagte ich. »Das Gleiche dachte ich von Ihnen auch.«
Was ihn zum Lachen brachte, allerdings spürte ich, dass er mich dabei mit seinen scharfen blauen Augen auf mögliche Hintergedanken durchmusterte.
Ich muss sagen, der Kerl wird mir immer sympathischer. Trotzdem achtete ich darauf, das Innerste meiner Seele fest verschlossen zu halten. Nur bei Ihnen, Mr. Pascoe, fühle ich mich in der Lage, alles zu offenbaren. Frère Jacques trägt vielleicht die religiöse Robe, doch mein einziger Beichtvater, das sind Sie.
Wir verbrachten also eine tolle Zeit. Sogar die religiösen Einlagen machten Spaß. Die Burg besitzt eine eigene Kapelle, in der Jacques am Weihnachtsmorgen einem fraglos ökumenischen Gottesdienst vorstand. Seine Predigt war kurz, eloquent und unterhaltsam, einer der Politiker (ein Deutscher) erwies sich als Könner auf dem Klavier, und sowohl Linda als auch Mouse besaßen, wie sich herausstellte, wunderbare Stimmen, Letztere Sopran, Erstere Mezzosopran, die sich auf das Herrlichste in der Bach-Hymne vereinigten. Sie sangen dann, nach dem hervorragenden, von Frau Buff und ihrem Team von Coppelias aufgetragenen Weihnachtsessen, ein weiteres Mal und versuchten sich erfolgreich am »Blumenduett« aus
Lakmé
, worauf jeder von uns der Reihe nach eingeladen wurde, etwas zur Unterhaltung beizutragen. Ich fühlte mich ein wenig wie der arme alte Caedmon, nachdem die Ausländer äußerst kompetent ihre Sachen vortrugen, und hätte mich am liebsten in meinen Kuhstall verzogen, wenn Linda mich nicht mit ihrem Dominablick fixiert und gesagt hätte: »Franny, geben Sie doch was für England zum Besten.«
Widerwillig erhob ich mich. Das Einzige, was mir in meiner Panik in den Sinn kam, war ein komisches Gedicht von Beddoes, »The New Cecilia«. Sein Sinn für Humor ist eine Mischung des dunklen Surrealen mit dem medizinisch Brachialen. In diesem Gedicht erzählt er von der Säuferwitwe des St. Gingo, die ihrem toten Ehemann die Fähigkeit, Wunder zu wirken, mit folgenden Worten abspricht:
Er wirkt nicht mehr Wunder
Als Klistierspritzen donnern,
Und mein Aftergestell Psalmen singt.
Worauf sie prompt ihren Preis zu zahlen hat.
Kaum sagt sie’s und hebt den Humpen an
Mit dem Frühstücksbier, als mit
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