Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Launen des Todes

Die Launen des Todes

Titel: Die Launen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
Vom Netzwerk:
Schall,
    Es in ihrem Gesäß fängt zu pumpen an,
    Und laut schlägt wie die Nachtigall.
    Und so geht’s weiter bis zum Ende ihrer Tage, was zu der Moral führt:
    Drum sühnt, liebe Damen, und ehret mit Fleiß
    Eure Herrn, dass nicht auch ihr Schönen
    Einst zahlen müsst solchen Ketzertums Preis
    Und aus eurem Arsch Psalmen ertönen.
    Erst als ich anhob, kam mir – als erblickte ich einen pinkfarbenen Pudding auf einem Leichtrunk –, wie unangebracht mein Tun war. Hier stand ich am Geburtstag unseres Herrn vor meiner gottesfürchtigen Gastgeberin, ihrem geistigen Guru und einem Publikum ausgewählter Freunde und trug ein Gedicht über die Frau eines Heiligen vor, die Psalmen furzt!
    Aber, wie die Witwe Gingo, fand ich keine Möglichkeit, meinen Rezitierfluss zu unterbrechen.
    Ich wagte nicht zu Linda zu blicken. Als ich geendet hatte, vernahm ich aus ihrer Richtung ein Räuspern, das ich für den Beginn eines unartikulierten Wutausbruchs nahm. Doch dann reifte es zu einem ausgiebigen papageienartigen Kreischen heran, das in Gelächter mündete. Sie lachte, bis ihr die Tränen über die Wangen liefen. Auch die Mehrzahl der Gäste brüllte ihre Zustimmung, und jene, denen Beddoes’ Idiom aus dem neunzehnten Jahrhundert und manchmal etwas verquere Syntax erklärt werden musste, verlangten eine Wiederholung des Auftritts, die ich mit einigen körpersprachlichen Verzierungen garnierte, was ebenfalls großen Anklang fand. Als man mich jedoch drängte, weitere Beispiele des heiteren Beddoes zu geben, lehnte ich bescheiden ab. Lass sie bei deinem Abgang lachen, das war schon immer die beste Maxime im Cabaret.
    Mir fiel noch ein, dass dies auch ein gutes Motto für den Third Thought abgeben könnte, behielt den Gedanken aber für mich; ich hatte schon genügend Gefahren auf mich genommen, es reichte für einen Tag!
    Nun aber haben Wirklichkeit und Ernst des Lebens mich wieder, und ich verspüre die Notwendigkeit, am Buch weiterzuarbeiten, weshalb ich mir morgen Lindas Wagen leihen und nach Basel fahren werde.
    Warum Basel? Weil dort der arme Beddoes im Januar 1849 sein Leben beendete.
    Obwohl er Arzt war, zog sich sein Selbstmord lange hin. Den Anfang machte, das erste Stadium, eine Wunde am rechten Bein, die er sich im Juli 1848 selbst zufügte. Man kann es nur als ironisch bezeichnen, dass Beddoes nach einigen Jahrzehnten aktiven Engagements für die radikale politische Sache gerade in jenem Jahr, in dem es in den meisten deutschen Ländern gärte und Revolutionen ausgerufen wurden, so tief in seiner Verzweiflung versank. Zunächst sah es so aus, als ob die radikale Seite gewinnen würde. In Frankfurt versuchte ein deutsches Parlament eine neue liberale Verfassung auszuarbeiten und die einzelnen Länder zu einem Nationalstaat zu vereinen, doch genau diesen Staat hatte Beddoes im Frühjahr mit seinem jungen Freund Konrad Degen verlassen, um mehrere Wochen lang durch Deutschland und die Schweiz zu wandern, ohne das geringste Interesse an der faszinierenden neuen politischen Situation zu zeigen.
    Laut seiner Cousine Zoe King war Beddoes äußerst niedergeschlagen, nachdem er sich bei einer Leichensektion geschnitten und eine Infektion zugezogen hatte. Außerdem glaubte er, aus Gründen, die wir nicht kennen, dass sich seine republikanischen Freunde von ihm abgewandt hätten. Und als sich nach dem missglückten Theaterdebüt Konrads in Zürich die beiden Freunde im Streit trennten und der junge Bäckergesell nach Hause eilte, musste sich eine völlige Leere vor ihm aufgetan haben.
    Beddoes ging also nach Basel und verletzte sich am Bein. Vielleicht wollte er sich eine Arterie durchtrennen, damit er verblutete. Seltsam nur, dass er, ein so eifriger Anatomiestudent, weit sein Ziel verfehlte. Er wurde ins Hospital geschafft, wollte dort die begonnene Aufgabe beenden und ließ es zu, dass sich die Wunde infizierte, mit tödlichem Ausgang, wie er hoffte. Wieder war er nur teilweise erfolgreich; bei dem fraglichen Körperteil handelte es sich um das rechte Bein unterhalb des Knies, das im September jenen Jahres wegen Wundbrand amputiert werden musste.
    Im Januar, er hatte anscheinend wieder Mut gefasst und sich mit dem jungen Konrad versöhnt, der sich in einer nahe gelegenen Unterkunft einquartiert hatte, konnte er von seinem Krankenbett aus wieder kleinere Exkursionen unternehmen. Bei einer davon besorgte er sich Gift – einem Arzt sollte das nicht schwer fallen –, und das war’s dann.
    Wie traurig – nicht dass er

Weitere Kostenlose Bücher