Die Launen des Todes
hat es Ms. Haseen wirklich geschafft, einen Teil der Wahrheit über Fran zu Tage zu fördern, und als er es in ihrem Buch wiederfand, war er stinksauer, dass er so viel von sich preisgegeben hat.«
»Ja, aber es war doch Roote, der mich erst durch seine Briefe darauf gebracht hat. Ich meine, er wird in
Dunkle Zellen
nicht namentlich erwähnt. Wahrscheinlich wäre mir das verdammte Buch nie in die Hände geraten, wenn er nicht darauf verwiesen hätte.«
»Ja, aber er weiß, dass du ein neunmalkluger Bulle bist, Pete. Okay, vielleicht übertreibt er es mit seiner Bewunderung für dich ein wenig, aber nach meiner Lesart übertreibt er nur, was wirklich bei ihm an Gefühlen da ist. Wahrscheinlich glaubt er, dass du nicht die geringsten Schwierigkeiten hättest, das Buch und die Teile darin, die von ihm handeln, ausfindig zu machen. Also geht er in die Offensive und weist dich geradewegs auf das Buch hin und wie clever es von ihm war, Haseen hinsichtlich des von ihm nie gekannten Vaters hinters Licht zu führen. Denn genau das soll die ganze Welt von ihm denken: dass er seinen Vater nicht gekannt, dass er niemals diese enge Beziehung zu ihm und ihn nie verehrt hatte und dass er an einem gewaltigen Psycho-Trauma litt, als sein Vater ihn verließ und/oder verstarb.«
Pascoe trank seinen Kaffee aus, erhob sich vom Frühstückstisch und schüttelte spöttisch und verwundert den Kopf.
»Einfach unglaublich«, sagte er, »dass ausgerechnet du mir vorwirfst, ich würde zwischen den Zeilen lesen! Vielleicht überspitze ich manches, wenn ich seinen Code knacken möchte, aber was du hier treibst, ist reinste Astrologie!«
Er beugte sich zu ihr hinab, küsste sie und ging zur Tür.
»Vergiss den Champagner nicht!«, rief sie ihm hinterher.
Sie hatten beschlossen, Silvester zu Hause zu feiern. Sie hatten einige Einladungen zu Partys bekommen, der Dicke hatte ihnen versichert, sie könnten sich zum Hogmanay Hop, zum Silvester-Tanz des Bürgermeisters, im alten Rathaus einfinden, was sie aber alles mit der Begründung ausgeschlagen hatten, keinen Babysitter finden zu können. Was vielleicht sogar stimmte. Ellie jedoch wusste, dass sie sich darum nicht besonders gekümmert hatten, worüber Peter nicht sonderlich enttäuscht war. Begannen so die mittleren Jahre?, fragte sie sich. Ein düsterer Gedanke, der sie zu dem festen Vorsatz bewog, wenn sie schon zu Hause blieben, dann sollte das nicht heißen, dass sie nicht auch in Saus und Braus zu feiern wussten.
»Und besorg das richtige Zeug«, schrie sie ihm hinterher. »Nicht deinen beschissenen Cava!«
»Willst du sagen, dass du den Unterschied schmeckst?«, schrie er zurück.
»Vielleicht nicht, aber ich kann lesen!«, brüllte sie.
Sie ging nach oben in ihr Arbeitszimmer, um nach Rosie zu sehen. Der Genealogie-Kasten, den sie zu Weihnachten bekommen hatte, war ein voller Erfolg, hauptsächlich wegen der launigen Bemerkung im Begleittext, wonach sich bei der Beschäftigung mit den eigenen Vorfahren herausstellen könnte, dass man in Wirklichkeit ein Prinz oder eine Prinzessin sei.
»Mum«, sagte sie, als Ellie das Zimmer betrat, »werde ich mal Granddad Pascoe sehen?«
Pascoes Vater lebte bei seinem ältesten Kind Susan in Australien. Ellie hatte bislang nur einmal das Vergnügen mit ihm gehabt, damals, als Peter und sie noch studierten und sie eine Nacht in ihrem Haus in Warwickshire verbracht hatte. Es hatte ihr nicht gefallen, wie er die Pläne seines Sohnes, zur Polizei zu gehen, aufs Tapet brachte und versuchte, sie auf seine Seite zu ziehen, damit sie seine Einwände teilte. Da hatte es auch nicht geholfen, dass sie ebenfalls glaubte, Peter würde durch diesen Schritt seine Zukunft verschenken. Väter sollten sich um ihre Kinder sorgen, aber mit Wärme und Verständnis, nicht mit kalter, liebloser Selbstgerechtigkeit. Manchmal, nicht allzu laut, fragte sie sich, wie sehr der Wunsch, sich seinem Vater zu widersetzen, Peter dazu getrieben hatte, Polizeibeamter zu werden.
Nachdem sie sich später dann ein weiteres Mal auf ihn eingelassen hatte, war sie nicht überrascht gewesen, als sie erfuhr, dass sein Vater nach der Pensionierung zu seiner Lieblingstochter nach Australien gezogen war. Der Verlust des einen Großvaters an Alzheimer hatte Rosie anscheinend dazu bewegt, sich Gedanken über den anderen zu machen.
»Eines Tages wirst du ihn bestimmt besuchen«, sagte sie aufgeräumt. »Und alle deine australischen Cousins und Cousinen.«
Die ganz in Ordnung zu sein
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