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Die Launen des Todes

Die Launen des Todes

Titel: Die Launen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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sagte Dalziel und massierte die Stelle seiner Schulter, auf der sie ihn angetippt hatte. Es gab nicht viele, die es wagten, sie Marge zu nennen oder offen auf ihre frühere Karriere als Wrestlerin anzuspielen, doch Margot war nicht in Stimmung, sich beleidigt zu zeigen. Sie setzte bei Dalziel einen gekonnten Nackengriff an, drückte ihm einen Kuss auf, als sei er ein warmer Marmeladenkrapfen, und sagte: »Alles Gute im neuen Jahr, Andy!«, bevor sie weiterzog, um den übrigen Gästen ihre Gastgeberpflichten angedeihen zu lassen.
    Dalziel zwinkerte Cap zu und richtete seine Aufmerksamkeit auf die seit Alters vertraute Zeremonie, alle Frauen in der Bekanntschaft der Reihe nach zu umarmen und ihnen ein gutes neues Jahr zu wünschen. Die Begrüßung reichte dabei vom ganzkörperlichem Umfassen mit Mundkontakt bis zum züchtigen Wangenküsschen, wobei die Unsitte des In-die-Luft-Küssens glücklicherweise noch nicht ins Herz von Mid-Yorkshire vorgedrungen war. Dalziel, der es nicht nötig hatte, sich an unwilligen Hintern zu vergreifen, konnte gewöhnlich sehr genau abwägen, wie viel Druck und Hautkontakt bei jeder Begegnung erforderlich waren, doch als er plötzlich Rye Pomona von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand, hielt er unentschlossen inne. Er war erfreut, wenn auch überrascht gewesen, als Bowler die junge Frau in die hohen Gewölbe des Ratssaals (der nur noch für gesellschaftliche Ereignisse genutzt wurde, nachdem einige Jahre zuvor ein hypermodernes städtisches Verwaltungszentrum errichtet worden war) geführt hatte; erfreut, weil Rye um einiges besser aussah als bei ihrer letzten Begegnung, und überrascht, dass das junge Paar für die Abendunterhaltung nichts gefunden hatte, wo es lauter, verschwitzter, jugendlicher zuging. Das alles klärte sich, als der Bürgermeister bei seiner Willkommensansprache erwähnte, wie sehr alle bedauerten, dass Stadtrat Steel nicht mehr unter ihnen weile (»und man kein Vermögen beim Catering einspart«, hatte Dalziel Cap ins Ohr geflüstert). »Andererseits«, fuhr der Bürgermeister fort, »bereitet es mir große Freude, heute als meine persönlichen Gäste die jungen Leute begrüßen zu dürfen, die entschieden daran mitgewirkt haben, dass Steels Mörder, dieses Ungeheuer, gefasst werden konnte.«
    Der junge Bowler hatte also eine Freikarte ergattert. Man konnte es ihm nicht verübeln, dachte sich Dalziel, als er die Champagnerkorken am Tisch des Bürgermeisters fliegen sah. Und tatsächlich schien, je weiter der Abend fortschritt, das Durchschnittsalter der Gäste immer niedriger zu werden (oder lag das vielleicht an den großen Mengen mannigfaltiger Jugendelixiere, die eingetrichtert wurden!), und auch die Kapelle erwies sich in der Lage, allem Herr zu werden, traditionellen schottischen Weisen, klassischer Ballhausmusik bis hin zum vulgären Disco-Gedudel.
    Rye, beschloss Dalziel, war züchtiges Wangenterrain, doch als er sich vorbeugte, um seinen Salut anzubringen, verdrehte sie ein wenig den Kopf und küsste ihn auf die Lippen, nicht lang, doch lang genug, um ihn zu dem Gedanken zu animieren, dass noch länger auch nett gewesen wäre.
    »Ich hoffe, Sie bekommen alles, was Sie sich von Herzen wünschen, Mr. Dalziel«, sagte sie sehr ernst.
    »Sie auch, Liebes, Sie auch.«
    Sein Blick schweifte zu der neben ihr stehenden Frau. Sie war ein wenig füllig, was ihm aber gefiel. Sie sah nicht schlecht aus, honigblondes Haar über wohl geformten Schultern, trug ein knappes blaues Kleid, so tief ausgeschnitten, dass eine Busenpiste lockte, auf der hinunterzuwedeln eine Freude gewesen wäre. Er wusste nicht, wer sie war, aber sie kam ihm auch nicht gänzlich unbekannt vor. Neben ihr stand ein Mann. Auch ihn kannte er nicht, er sah aber wie ein ziemlicher Wichser aus. Schmales, spitzes Gesicht mit rastlosen Augen, eines dieser Leinenjacketts, die aussahen, als wären sie eingequetscht ganz unten in einem Rucksack soeben von Hongkong aus angeliefert worden, Seidenhemd mit leuchtend buntem Blumenmuster, durch das seine Brustwarzen zu erkennen waren, eine so eng geschnittene Hose, bei der man höchstwahrscheinlich einen Meißel brauchte, um in die Taschen zu gelangen, weshalb er vermutlich auch eine Handtasche bei sich trug. Zweifellos gab es irgendeinen modernen Macho-Ausdruck für diese Version von Mann, Dalziel hingegen nahm bei Saftsäcken wie ihm kein Blatt vor den Mund.
    »Gutes neues Jahr, Liebes«, sagte er und drückte ihr ein spitzes Küsschen auf die Wange.
    »Ihnen

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