Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Launen des Todes

Die Launen des Todes

Titel: Die Launen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
Vom Netzwerk:
echte Jahrgangs-Witwe, die andere ein Supermarkt-Cava. Dahinter, so Pascoe, stand die Idee, dass sie testen konnten, ob sie den Unterschied bemerkten, in Wirklichkeit aber, argwöhnte sie, hatte er es nicht über sich bringen können, die gewaltige Summe zu verdoppeln, die zum Erwerb der ersten Flasche nötig war. Sie hatten eine große Sache daraus gemacht, blind zu verkosten, was allerdings sehr aufgesetzt wirkte, und das einzig nennenswerte Ergebnis des Experiments lief darauf hinaus, dass Pascoes Ansinnen, mit ihr auf dem Wohnzimmerboden zu schlafen, in die Binsen ging. Wenn der Alkohol sie in der Vergangenheit im Stich gelassen hatte, rissen sie darüber Witze oder fanden andere originelle Dinge, diesmal aber schien er es sich zu Herzen zu nehmen, und ihr Versuch der unbekümmerten Fröhlichkeit kam wie ein müder Abklatsch daher.
    Was der Alkohol niederstreckte, baute der Schlaf glücklicherweise wieder auf, und sie machte sich seine morgendliche Latte zunutze, bevor jede Erinnerung an das Fiasko der vergangenen Nacht abträgliche Wirkung zeigen konnte.
    »Wunderbar«, sagte er, »das nächste Mal aber würde ich es vorziehen, die ganze Zeit über wach zu sein.«
    »Wie das wäre, habe ich mich auch schon immer gefragt«, sagte sie. »Aber merk dir’s fürs nächste Jahr. Weniger Schampus, mehr
con gas.«
    »Ja, und vielleicht gehen wir auch zum Hogmanay Hop.«
    »Gute Idee«, sagte sie. Doch als er am Morgen anrief und ihr berichtete, wie der Hop für Rye Pomona geendet hatte, verspürte sie zunächst eigennützige Erleichterung darüber, dass sie nicht da gewesen waren. Sie hatte Hat Bowler sehr ins Herz geschlossen. Er hatte viel durchgemacht, weshalb sie es nur schwer ertragen hätte, ihn erneut leiden zu sehen, jetzt, da er gedacht haben musste, dass sein Weg von nun an mit Rosen gepflastert sei. Ihre Bestürzung darüber wurde allerdings von der Nachricht gemildert, dass Rye sich nicht in Lebensgefahr befand; sie sei zwar noch immer nicht aus ihrer Bewusstlosigkeit erwacht, die allerdings im Grunde lediglich ein tiefer und, wie alle hofften, heilsamer Schlaf sei.
    Ellie war zwar andächtige Atheistin, befand sich allerdings noch nicht in jenem klinischen Stadium, in dem sie fürchtete, dass ein bescheidenes Bittgebet sie sofort wieder in tiefste Religiosität stürzen würde.
    Sie saß vor dem Gerät, das ihr atechnischer Geist für den überzeugendsten Beweis des Übernatürlichen ansah, ihrem Computermonitor, und sagte: »Gott, wenn du da drin bist, dann denk mal kurz an Rye Pomona und auch an Hat Bowler. Lass ihnen das Glück zuteil werden, das sie verdient haben. Okay?«
    Dann hackte sie mit einem Finger auf die Tastatur ein und sah zu, wie der Name Franny Rootes auf dem Bildschirm Gestalt annahm.
     
    In der Zwischenzeit, in einem ruhigen Seitentrakt des Central Hospital, stellte Rye Pomona mit Entsetzen fest, dass sie sich wieder mit ihrem toten Bruder unterhielt.
    Schlimmer noch, sie konnte ihn auch deutlich vor sich sehen; er hörte ihr zu, während er sich irritiert Staubflusen und kleine Porzellansplitter aus der Haut pickte.
    Das gehörte zu den Dingen, über die sie und Myra Rogers bei ihrer gemeinsamen Weihnachtsfeier hatten lachen können. Unter dem düngenden Einfluss einer Flasche Weißwein war der bei ihrer ersten Begegnung auf dem Friedhof ausgesäte Samen der Freundschaft rasch aufgegangen, eine Flasche Roten hatte ihn dann vollends erblühen lassen.
    »Du musst mich für völlig bescheuert halten«, hatte Rye lachend gesagt. »Betrunkene hämmern gegen meine Tür, ich treibe mich auf dem Friedhof rum, als stünde ich unter Drogen …«
    »Na ja, ich muss zugeben, als ich dich das erste Mal dort sah, dachte ich, hallo, in welche Gesellschaft bin ich denn hier geraten! Ich bin nie dahinter gekommen, was du da eigentlich gemacht hast …«
    »Ach, nichts … ich hab mich nur, du weißt schon, ein wenig deprimiert gefühlt …«, sagte Rye, in der sich noch ein kleiner, fester Kern an Vorsicht gegen die zersetzende Eigenschaft des Alkohols sperrte.
    »Na, es geht mich ja auch nichts an, manchmal gibt es eben Probleme, da ist es besser, wenn man sie anderen mitteilt, und andere behält man lieber für sich, wer wüsste das nicht besser als ich! Diskrete Zurückhaltung, die gibt es ja kaum noch. Als mein Ehemann starb, bekam ich plötzlich von allen irgendwelche Ratschläge zu hören, alle meinten, ich müsse alles herauslassen, dabei wollte ich doch nur meine Ruhe haben, damit ich mit

Weitere Kostenlose Bücher