Die Launen des Todes
erste Reaktion, ihm abzusagen, aber er hat mich sehr gedrängt, und nachdem ich einige Tage darüber nachgedacht habe, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass eine Absage – wie soll ich es ausdrücken? – kleinmütig wäre. Aber ich bin wirklich auf Unterstützung angewiesen, Edgar.«
»Natürlich komme ich mit«, sagte Wield.
»Danke, Edgar«, sagte Digweed. »Ich weiß es wirklich zu schätzen.«
Was bei Wield ein gutes Gefühl hinterließ, das jedoch nicht in aufgeräumte Vorfreude ausuferte, als sie an jenem Abend um etwa halb zehn mit dem Taxi in südliche Richtung fuhren und er durch das Fenster ein geschwungenes Neonschild erblickte, das den Namen
Fumarole
in den dunklen Winterhimmel malte.
Doch das Leben ist voller Überraschungen.
Sie stiegen gerade aus dem Taxi, als die Clubtür aufschwang und ein stämmiger Mann in einem langen Mohairmantel erschien. Er presste ein Handy ans Ohr, sein Gesicht war kreidebleich. Hinter ihm tauchte ein junger Mann mit modischer Frisur und einem eng anliegenden schwarzen T-Shirt auf, unter dem sich ein muskulöser Oberkörper abzeichnete.
»Komm schon, LB , ist doch alles in Ordnung, lass dich von ihm doch nicht so durcheinander bringen«, rief er ihm hinterher. »Hey, soll ich mitkommen?«
Der stämmige Mann, der durch nichts zu erkennen gab, dass er ihn gehört hatte, schritt in Richtung Parkplatz.
Wield, der sich wieder ins Taxi zurückgezogen hatte, stieg nun aus. Er sah nicht dem sich entfernenden Mann hinterher, sondern konzentrierte sich auf den anderen, der, als er sich dessen bewusst wurde, meinte, »na, Witzgesicht, du wirst mich hoffentlich wiedererkennen«, sich dann umdrehte und hineinging.
»Ja, das werde ich«, sagte sich Wield.
»Kennst du ihn?«, sagte Digweed.
»Die Nacht ist noch jung«, sagte Wield lächelnd.
Plötzlich war er in Partylaune.
benfalls an jenem Abend, zu etwas früherer Stunde, befand sich auch Liam Linford in Partylaune.
Nachdem sich die Polizei jeglicher Verzögerungstaktik bedient hatte, war der junge Mann, obwohl Marcus Belchamber sein Bestes gab, gezwungen gewesen, das Weihnachtsessen in der Untersuchungshaft einzunehmen. Noch rechtzeitig vor Neujahr entlassen, war sein erster Impuls, die ganze Stadt auf den Kopf zu stellen und dafür zu sorgen, dass jene, denen er für seine missliche Situation die Schuld zuschob, auch das bekamen, was sie verdient hatten.
Sein Vater hatte andere Vorstellungen.
»Du hältst dich da raus, rührst keinen Finger. Ich kümmere mich um die Sache, verstanden?«
»Ja, so wie du dich um Carnwaths Schwester gekümmert hast, meinst du?«, feixte der junge Mann. »Schauen wir den Tatsachen doch ins Auge, Dad, du hast es ja noch nicht mal geschafft, dich um diesen Geschirrspüler zu kümmern. Hättest du mir erlaubt, ihm die Beine zu brechen, wie ich es vorhatte, dann hätte ich die Feiertage nicht in diesem Scheißloch verbringen müssen … mein Gott!«
Er fand sich auf dem Boden wieder, rieb sich den lädierten Kiefer und sah zu Wally Linford auf, der in einer Stimmung war, wie er sie noch nie bei ihm erlebt hatte.
»Wenn du noch einmal so mit mir redest, fliegst du hier raus«, grummelte der Alte. »Wenn du nur einen winzigen Schritt ausscherst, kannst du selber sehen, wie du zurechtkommst. Liam, so wahr mir Gott helfe, ich werf dich den Löwen zum Fraß vor. Einige Jahre im Knast wären vielleicht genau das, was du brauchst. Entscheide dich. Entweder du tanzt nach meiner Pfeife, oder du bist auf dich allein gestellt.«
Und Liam, der nicht viel wusste, aber zumindest so viel, dass er ein Nichts war ohne den Einfluss, der sich aus seiner Stellung als Wallys Sohn und Erbe ergab, hatte zwar vor Wut gekocht, sich aber gefügt.
Hogmanay hatte er in aller Stille zu Hause gefeiert. Doch nach einer Woche im neuen Jahr gelangte er allmählich zu der Meinung, dass er genauso gut im Knast hätte bleiben können, wahrscheinlich hätte er dort mehr Spaß gehabt. Die Drohungen seines Vaters hatten ihre Wirkung allerdings nicht verfehlt – bis zu diesem Samstagabend, an dem er sah, wie Wally Linford das Haus verließ und wegfuhr, um sich das zu holen, was in seiner verschrobenen Welt als Vergnügen durchging. Liam wartete, bis der Wagen die Einfahrt verlassen hatte, dann rief er seinen nächsten Freund und Hauptzeugen Robbo an.
Robbo hatte vielleicht eigene Pläne gehabt, bewies aber so viel Verstand, dass er Liams Ansinnen nachgab. Zwanzig Minuten später erschien er auf dem Anwesen der
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