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Die Launen des Todes

Die Launen des Todes

Titel: Die Launen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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fürs Karaoke, und als Wim nach Rekruten für seinen berühmten Village-People-Auftritt Ausschau hielt, verzog er sich aufs Klo.
    Gott sei Dank beschallten sie die Örtlichkeit nicht mit der Musik aus dem Club, er saß in angenehmer Stille, dachte daran, wie großartig es war, dass der sonst so steife und beherrschte Edwin hier so aus sich herausging, und wie glücklich er sich selbst schätzen durfte, die so unterschiedlichen Elemente seiner Existenz in ein so perfektes Gleichgewicht gebracht zu haben.
    Als er zurückkehrte, hörte er noch den lautstarken Refrain von »In the Navy« aus dem Hauptraum schallen, weshalb er nach draußen trat, um ein wenig frische Luft zu schnappen. Er wäre fast gegen den muskulösen jungen Mann im schwarzen T-Shirt geknallt.
    »Sorry«, sagte Wield.
    »Hallo, Witzgesicht«, sagte der andere. Er sah sehr blass aus, ein Hauch süßlichen Kotzegeruchs lag in seinem Atem.
    Zu viel getrunken und rausgegangen, um sich zu übergeben, vermutete Wield.
    »Wally ist noch nicht zurück?«, sagte er.
    »Nein. Erwarte ihn auch nicht mehr.« Dann ein argwöhnischer Blick. »Du kennst ihn?«
    »Wally? Ja, von früher, haben uns lange nicht mehr gesehen. Er schien mir nicht in Plauderstimmung gewesen zu sein, sonst hätte ich ihn schon begrüßt. Macht sich Sorgen um seinen Jungen, nehme ich an.«
    »Hat auch allen Grund dazu, oder?«, sagte der junge Mann verstimmt. »Er hätte den verzogenen Dreckskerl im Gefängnis schmoren lassen sollen. Hat mir den ganzen Abend versaut.«
    »Wie das?«
    »Hatte schon wieder einen Unfall oder so was. Dieser kleine Scheißer. Bei seinen Problemen sollte man doch meinen, dass ihn keiner mehr auch nur in die Nähe eines Wagens lässt. Ein Anruf, und Wally spurtet los.«
    »Er ist sein Dad«, sagte Wield. »Hab gehört, du hast ihn LB genannt, was soll das denn?«
    »Ich dachte, du kennst ihn?« Wieder der argwöhnische Blick.
    »Sagte doch, ist schon lange her. Damals war er einfach nur Wally.«
    »Ist nur sein Log-in-Name fürs Netz. Lunchbox. Wie der Spitzname von diesem Sprinter. Linford Christie. Kapiert?«
    »Kapiert«, sagte Wield. »Komisch.«
    »Ja«, sagte der junge Mann und musterte Wield. »Bist du auch versetzt worden?«
    »Nein, mein Freund ist beim Karaoke. Ist nicht meine Sache. Tut mir Leid.«
    Der junge Mann ging hinein. Wield zückte sein Handy und wählte.
    »Pete, ich bin’s«, sagte er. »Was ist da mit Liam Linford und einem Unfall?«
    »Ich dachte, du hättest dienstfrei«, sagte Pascoe. »Saß in einem Taxi, das in einen Fluss krachte. Der Fahrer eines anderen Wagens hat es beobachtet, Hilfe war sofort unterwegs, kam aber zu spät. Liam ist tot, dieser Robson auch, der sein Zeuge war. Und der Fahrer.«
    »Scheiße«, sagte Wield. »Schicksal oder …«
    »Kommt drauf an, wie du’s sehen willst. Der Fahrer war John Longstreet. Richtig. Der Witwer. Und als sie ihn rauszogen, trug er eine Halloween-Maske aus Plastik in Form eines Totenschädels.«
    Wield blieb danach noch ein wenig draußen stehen. Sein Hochgefühl, herausgefunden zu haben, dass Belchambers LB Wally Linford war, Initiator großer Unternehmungen, deren Durchführung viel Geld erforderte, hatte sich völlig verflüchtigt, obwohl Andy Dalziel zweifellos darüber entzückt sein würde. Aber der Dicke hatte nicht die Miene des Vaters gesehen, als er die Nachricht über seinen Sohn gehört hatte. Wobei das wahrscheinlich keine große Rolle gespielt hätte.
    In Gedanken versunken kehrte er in den Clubraum zurück, er ging an der vorübergehend stillen Karaoke-Bühne vorbei und achtete nicht auf den jungen Mann, der dort mit dem Mikro in der Hand stand und auf seinen Einsatz wartete; dessen metallicblaues Haar zu seinem bis zum Hosenbund offenen Seidenhemd passte und dessen Hose so eng geschnittenen war, dass einem Tränen in die Augen traten.
    Der junge Mann sah sich um, bemerkte Wield, riss vor freudiger Überraschung die Augen auf, sprang nach vorn und packte den Sergeant an der Hand.
    »Mac!«, rief er. »Du bist es wirklich. Hey, ist das nicht toll? Ich bin als Nächstes dran. Komm, begleite mich!«
    Es war Lee Lubanski.
    Nicht das blasse obdachlose Kind, dessen Verletzlichkeit Wield zu Herzen rührte, nicht das mit allen Wassern gewaschene Straßenkid, dessen zynische Lebensansichten ihn so deprimierten. Es war Lee, aufgemotzt für die Party, Lee, der sich mit irgendeinem Zeug aufgeputscht hat, Lee, der so verzweifelt versuchte, es sich gut gehen zu lassen, der sich so sehr

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