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Die Launen des Todes

Die Launen des Todes

Titel: Die Launen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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ganzer Käfig lebhafter Vorsätze wurde angeschafft. Vergeblich schlugen sie mit den Flügeln gegen die Gitterstäbe, bis zur Party zum Ende der Zwölf Nächte. Am nächsten Morgen erwachte sie mit der Gewissheit, dass sie allesamt ausgeflogen waren. Eine Erfahrung, die sie – so glaubte sie sich zu erinnern – als regelrechte Offenbarung empfunden hatte. Mit anderen Worten: Im Kopf schwindelte ihr, körperlich aber fühlte sie sich großartig.
    Sie rollte sich aus dem Bett – dem eigenen – und vergewisserte sich, dass niemand auf ihrem Klo saß oder in der Küche kochte – keiner war zu sehen –, beglückwünschte sich selbst dazu, einen tollen Abend erlebt zu haben, ohne den großen Preis der Konversation am Frühstückstisch zahlen zu müssen, und verputzte ihr gewohntes Katerheilmittel, Rühreiersandwich mit einem Liter Kaffee, der so schwarz war wie das Herz der Gewerkschaftler, Unionisten und Anhänger der ökumenischen Bewegung zusammengenommen.
    Dann bemerkte sie die Digitalkamera, die neben ihren Party-Klamotten auf dem Boden lag.
    Sie besah sich die Bilder, fand, Gott sei Dank, nichts allzu Unanständiges, stieß aber auf einen Schnappschuss eines gut aussehenden Typen mit einem netten, aufreizenden Grinsen, der auf ihrem Sofa saß. Sie konnte ihm keinen Namen zuordnen, sein Gesicht allerdings schickte ein fernes mnemonisches Zittern durch ihre erogenen Zonen.
    Als sie versuchte, das Bild zum Vergrößern auf ihren Computer zu überspielen, musste sie feststellen, dass die verdammte Kiste im Arsch war. Was soll’s. Die Dienststelle war voll mit verdammten Kisten.
    Dann machte sie sich auf den Weg zur Arbeit. Sie war stolz auf ihre Fitness und joggte jeden zweiten Tag zur Dienststelle. Es war ein zweiter Tag. Andere Frauen wären eingeknickt, nicht Novello. Sie war zur üblichen Zeit aufgewacht und entschlossen, ihrem üblichen Tagesablauf zu folgen. Sie packte ihre Kleidung sowie ihre Kamera in einen kleinen Rucksack, stieg in ihren Trainingsanzug und legte los.
    Nachdem Dalziel sie mit einem Spezialauftrag betraut hatte, führte ihre Route meist durch die Peg Lane.
    Ihre Aufgabe, Rye Pomona vor aufdringlichen Journalisten zu schützen, war je nach Blickwinkel entweder sehr einfach oder nahezu unmöglich. Unmöglich war es, vierundzwanzig Stunden am Tag an ihr zu kleben. Andererseits war Rye vorgewarnt worden, sie war eine intelligente Frau (ausnehmend intelligent, nach Novellos Einschätzung) und durchaus in der Lage, auf sich selbst aufzupassen. Die aktive Komponente ihres Auftrags hatte sich daher bald auf eine tägliche Anfrage nach ungewöhnlichen Vorkommnissen beschränkt, dazu kam als gelegentliche morgendliche Abwechslung ihr Jogginglauf, wodurch sie lediglich sicherstellen wollte, dass nicht irgendein Halunke sie zu dieser von der Polizei, Gerichtsvollziehern und hinterhältigen Fragestellern geschätzten Stunde abfing, um ihr hinterhältige Fragen zu stellen.
    Nach den Ereignissen beim bürgermeisterlichen Hogmanay Hop hatte es den Anschein, als wäre sogar diese kleine Routineaufgabe für einige Zeit nicht mehr nötig. Vergangenen Donnerstag allerdings war Hat in der Arbeit aufgetaucht und hatte voller Freude verkündet, Rye habe ihn am Abend zuvor angerufen und ihm mitgeteilt, sie sei völlig gesund aus dem Krankenhaus entlassen worden und würde am Morgen wieder zur Arbeit gehen.
    In der Annahme, Dalziel würde von ihr erwarten, dass sie alles haarklein wusste, noch bevor ihm überhaupt die wesentlichen Neuigkeiten zu Ohren gekommen waren, hatte Novello sich sofort auf einen kleinen Plausch zur Bibliothek aufgemacht.
    Rye hatte sie wie eine alte Freundin begrüßt. Auf Novellos Nachfrage nach ihrer Gesundheit hatte sie erwidert, im Krankenhaus hätten sie keine spezifische Ursache für ihren Kollaps finden können, man gehe von einem Virus aus, habe ihr einige Spritzen mit weiß Gott für Zeug verpasst und sie mit der Empfehlung nach Hause geschickt, sich einen Termin bei ihrem Hausarzt geben zu lassen.
    Novello war nicht überzeugt. Sie besaß ein scharfes weibliches Auge und angemessene polizeiliche Skepsis, aufgrund derer sie verräterische Anzeichen von Besorgnis und Erschöpfung wahrnahm. Wäre sie mit Hat Bowler besser ausgekommen, hätte sie vielleicht versucht, ihm auf diplomatischem Weg ihre Befürchtungen mitzuteilen, doch selbst dann hätte sie angesichts seiner grenzenlosen Erleichterung und Freude über Ryes Entlassung aus dem Krankenstand vielleicht gezögert. Aber

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