Die Launen des Todes
Augen.
»Nein, es hat nichts mit Hat zu tun. Mit ihm ist alles bestens.«
Erleichterung, dann erstarb der Funke. Kein Grund, sich noch Sorgen zu machen, nicht, bis sie die Fotos ausgedruckt und ein Wort mit King Kong gesprochen hatte.
»Nein, ich war nur in der Gegend und dachte mir, ich könnte kurz vorbeikommen, mal nachsehen, ob alles in Ordnung ist.«
»Ja, kein Problem. Warum sollte es das nicht sein?«
»Sie wissen doch, wir haben uns über Journalisten und so unterhalten. Sie wurden nicht von einem belästigt?«
»Wie sollte mich denn einer belästigen können?«, sagte Rye.
Eine seltsame Antwort, aber sie war auch ein seltsames Mädchen. Und eines, dem es allem Anschein nach nicht besonders gut ging.
»Entschuldigen Sie die Störung. Ich lass Sie jetzt wieder in Ihr Bett.«
»Bett? Nein, ich mach mich fertig für die Arbeit.«
»Arbeit?«, sagte Novello. Und dann, als ihr das ungläubige Erstaunen in ihrer Stimme bewusst wurde, fuhr sie schnell fort: »Montagmorgen ist immer die Hölle, was? Vor allem, wenn man sich am Wochenende rumgetrieben hat. Sie hätten mich vor einer Stunde sehen sollen. Kaffee und ein ordentliches Frühstück, dann kommt man wieder in Fahrt. Haben Sie schon gefrühstückt? Lassen Sie mich Ihnen helfen, ich könnte selbst noch eine Tasse Kaffee vertragen.«
»Nein danke«, sagte Rye. »Mir ist nicht nach Essen. Ich hab einen leicht nervösen Magen.«
Zum Teufel, dachte Novello. Hat Bowler sich nicht beherrschen können, hat es sie nun auch erwischt? Dummer Arsch! Vielleicht aber (triff kein vorschnelles Urteil in dieser Welt, denn sicherlich will keiner, dass in der nächsten vorschnell über ihn geurteilt wird, wie Vater Kerrigan seinen Schäfchen zu sagen pflegte) war es auch geplant, wollten es beide, nur war es eben so wie immer, für die Frau bleibt die Drecksarbeit, und der Mann bekommt die Zigarren.
»Hören Sie, es geht mich ja nichts an, aber fühlen Sie sich wirklich in Ordnung? Sie sehen, na ja, nicht unbedingt aus, als wären Sie hundertprozentig fit.«
»Ja? Wie viel Prozent würden Sie mir denn zugestehen? Fünfundneunzig? Fünfzig? Noch weniger?«
Schon besser. In den Augen wieder ein Funkeln, ein wenig Farbe auf den Wangen.
»Sorry«, sagte Novello. »Ich gehe dann, damit Sie sich anziehen können. Passen Sie auf sich auf.«
»Ja. Danke, dass Sie mir Ihre Aufwartung gemacht haben.«
Wieder so ein seltsamer Satz. Diesmal klang sie wie Eliza Doolittle, die eine neu gelernte gesellschaftliche Floskel vortrug.
Novello ging. Von Mrs. Gilpin war nichts zu sehen, Gott sei Dank. Sie rannte leise den nächsten Treppenabsatz hinauf. Der oberste Flur war leer. Die Frau musste gehört haben, dass sie verfolgt wurde, war hier hochgerannt, hatte dem Wortwechsel eine Etage tiefer gelauscht und sich dann wieder nach unten geschlichen, während sie ihre Zeit in Pomonas Wohnung vergeudet hatte. Eine schlechte Entscheidung, so würde es zweifelsohne der Dicke sehen. Obwohl sie noch immer nicht wusste, was sie hätte tun sollen, wenn sie die vermeintliche Journalistin gestellt hätte.
Wenigstens würde er nicht sagen können, dass sie sich davor drückte, sich ihre Standpauke abzuholen. Sobald sie die Dienststelle betreten hatte, klopfte sie an seine Tür. In der Hand hielt sie ihre Kamera.
»Was ist das? Willst du mich für dein Poesiealbum ablichten?«
Schnell erklärte sie ihm, was sich zugetragen hatte, betonte ihre weise Voraussicht, die Kamera mitzunehmen, spielte die Tatsache herunter, dass es ihr nicht gelungen war, der mysteriösen Frau zu folgen. Dabei schloss sie die Kamera an den Computer an, der wie ein Denkmal der Zukunft auf einem Nebentisch im Büro des Superintendent stand.
Als das Gesicht der Frau auf dem Monitor erschien, knallte er mit seiner großen Faust auf den Tisch. Novello, die fürchtete, dies sei die erste Salve seines groß angelegten Angriffs auf ihre Bemühungen, zuckte zusammen. Doch alles, was er sagte, war: »Kann ich das durch die Röhre schicken, damit es dann am anderen Ende wieder rauskommt?«
»Ja, Sir«, sagte sie. »Aber ich brauch eine Adresse.«
»Commander Jenkinson, Scotland Yard«, sagte er.
Beim Telefon lag ein Dienstverzeichnis. Sie holte es sich, blätterte durch. »Ist das zufällig Aneurin Jenkinson? Medienabteilung?«
»Das ist sie.«
»Eine Nachricht noch, Sir?«
Er dachte kurz nach, dann diktierte er:
»Nye – wer ist sie? – alles Liebe, Andy.«
Sie hackte die Botschaft in den Computer, hängte das
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