Die Launen des Todes
Jacques’ Buch ebenso Interesse zeigten wie an meinem (oder Sams, obwohl mein Anteil daran nach Dwights lobpreisender Empfehlung unverhältnismäßig aufgebläht erschien; aber wie sagte er, als ich milden Protest einlegte: »Du bist
heiß
, du lebst noch, und du bist hier!«).
Wie auch immer, sie waren an beiden Büchern sehr interessiert, weshalb sie mir nach Abschluss unseres Gesprächs ein Angebot für Beddoes vorlegten und sich mit Jacques in Verbindung setzen wollten. Sofort rief ich Linda an, die sich überaus erfreut zeigte und Jacques nötigte, mich anzurufen. Nun, langer Rede kurzer Sinn, man gab mir die uneingeschränkte Vollmacht, im Namen beider zu handeln, wie ich es für richtig halte.
Hier ist er also: der Triumph. Ich kam, sah und siegte. Aber ich habe nicht das Gefühl, dass ich dafür verantwortlich bin. Vor kurzem noch schien ich hin und her geworfen zu werden. Die Frage lautet nur, wer schüttelt den Würfelbecher? Ursprünglich stand ich dem Third Thought äußerst skeptisch gegenüber. Ich fand ihn ganz interessant, aber nicht interessanter als das ganze wunderliche metaphysische Zeug, mit dem ich mich als Teenager beschäftigt hatte, und dass Sex und Drogen nicht Teil der ganzen Sache waren, nahm ihm zudem einiges von seinem Reiz! Lindas Engagement gab mir einen Grund dabeizubleiben, je mehr ich dann aber mit Frère Jacques zu tun hatte, umso mehr gelangte ich zu der Überzeugung, dass es wirklich etwas für mich sei.
Ich weiß nicht genau, wo Sie religiös stehen, Mr. Pascoe. Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass Ihre gute Lady … nun ergehe ich mich schon wieder in Vermutungen. Eine schlechte Angewohnheit. Es wäre wirklich wundervoll, eines Tages mit Ihnen, von Angesicht zu Angesicht, darüber und über so viele andere Dinge reden zu können. In der Vergangenheit waren unsere Begegnungen von – wie soll ich es ausdrücken – rechtlichen Gesichtspunkten geprägt. Doch in den vergangenen Wochen, seitdem ich Ihnen schreibe, hat sich bei mir das starke Gefühl eingestellt, dass wir uns näher kommen, sodass ich glauben muss oder zumindest von der großen Hoffnung erfüllt bin, dass es Ihnen ebenso ergeht.
Wenn ich also nach Mid-Yorkshire zurückkehre, dann könnten wir uns ja vielleicht treffen und uns am offenen Kamin gegenseitig über einen öden Tag oder Ähnliches hinweghelfen? Bitte.
Übrigens, Dwight hat mir gesagt, dass ich uneingeschränkt den Postdienst verwenden kann, der sonst nur hochrangigen Fakultätsmitgliedern offen steht, ich werde diesen Brief daher per Express wegschicken, sonst komme ich noch vor ihm nach Hause!
Bis bald!
Immer der Ihre
Franny
P. S.: Es gefällt mir wirklich ausgesprochen gut an der St. Poll. Wesentlich mehr nach meinem Geschmack als das plüschige alte Cambridge! Wann immer sich mir die Möglichkeit bietet, lasse ich mich treiben und schlendere allein durch die Straßen – ja, das ist das Vortreffliche an den amerikanischen Städten, man kann meilenweit gehen, ohne das Interesse der lokalen Constables auf sich zu ziehen! Es gibt so vieles zu sehen. Große moderne Shopping Malls natürlich, daneben aber haben sich auch viele kleine, sehr individuelle Läden erhalten, Delis mit allen möglichen erlesenen Köstlichkeiten, Antiquariate, wo man noch immer ein Schnäppchen herausziehen kann, Buchhandlungen, angefangen vom Uni-Laden, wo man sich bei Kaffee und Bagel in seine Lektüre versenkt, bis zu liebenswert pittoresken Second-Hand-Buchhandlungen und Antiquariaten.
Durch einen dieser Zufälle, die das Leben so vergnüglich machen, starrte ich in das Fenster eines dieser Läden, bis mir dämmerte, dass mir der Name bekannt vorkam. Ich kramte in meinem Gedächtnis und fand mich an jenen Abend am God’s zurückversetzt, an dem Dwight dem bedauernswerten Dekan Albacore versicherte, er kenne an der St. Poll einen Buchhändler, der auf alles, sogar auf ein so unschätzbares Werk wie Reginald von Durhams
Vita S. Godrici
, einen Preis nennen könne. Sein Name lautete Fachmann. Trick Fachmann. Und das war der Name, auf den ich starrte.
Einer Laune folgend ging ich hinein und stellte mich vor.
Ein sehr faszinierender Mann. Dünn, dass man fast durch ihn hindurchsehen kann, mit stechend blauen Augen, wirkte er gelehrt, gebildet und gleichzeitig überaus weltgewandt. Eine solche Kombination findet man nur in Amerika. Die UK -Akademe ist, das weiß ich, voller Möchtegern-Machiavellis – Albacore war so einer –, Mr. Fachmann
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