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Die Launen des Todes

Die Launen des Todes

Titel: Die Launen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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anderen Gebäuden in der Straße wirkten sein kleiner vorderer und die beiden seitlichen Gärten traurig verwahrlost, die Farbe an den Türen und Fenstern war rissig und blätterte ab.
    Pascoe, immer geneigt, zwei und zwei zusammenzuzählen, sah in dem Gebäude das Herrenhaus eines reichen Kaufmanns, dessen schleichender Niedergang dazu geführt hatte, dass es in Einzelwohnungen aufgeteilt worden war, bis es, entweder durch Verkauf oder langjährige Verpachtung, vollends nur noch von Studenten bevölkert wurde, ein Umstand, der wahrscheinlich die Bewohner der angrenzenden und allem Anschein nach erneut als Familienresidenzen genutzten Häuser verärgerte, nachdem die Gegend in den letzten Jahrzehnten des zurückliegenden Jahrhunderts ihren ursprünglichen Status zurückgewonnen hatte.
    An einer der Türsäulen war eine Reihe von Klingelknöpfen angebracht. Sie weckten nicht den Eindruck, als würden sie funktionieren. Pascoe betrachtete sich die abgestoßenen Namensschilder und erkannte bei der Nummer 5 den Namen Frobisher. Daran, nahm er an, hatte sich seit vergangenem Sommer, als der unglückliche Junge gestorben war, nichts geändert. Er drückte auf den Knopf, hörte nichts, wollte bereits andere Klingelknöpfe probieren, als die Tür aufging und ein junger Mann ein Fahrrad herausschob. Pascoe hielt ihm die Tür auf und bekam dafür ein fröhliches »Danke, Kumpel«.
    Er ging hinein.
    Der Geruch erinnerte ihn an seine Studentenzeit, die, an Jahren gezählt, noch nicht so lange her war, in seiner Erinnerung aber ein ganzes schmerzhaftes Lebensalter zurücklag. Er filterte den Geruch von Curry und anderen Gewürzen heraus, das leichte Odeur verfaulenden Gemüses, einen Hauch Kanalisation, eine Prise Schweiß, einen Duftkringel von Räucherstäbchen und das Aromagespenst von Dope. Das olfaktorische Gemenge, gefangen in der Kühle zwischen unbeheiztem Flur und Treppe, attackierte weder die Nase noch verursachte es Brechreiz, trotzdem war er froh, dass es nicht Hochsommer war.
    Er ging die Treppe hinauf und fand auf dem ersten Treppenabsatz eine mit der Ziffer 5 markierte Tür. Sie stand leicht offen.
    Er klopfte; als keine Antwort kam, drückte er sie auf und rief: »Hallo?«
    Nichts zu hören. Wenn sich niemand in dem großen viktorianischen Schrank oder, was noch unwahrscheinlicher war, unter dem ungemachten Futon versteckt hielt, dann gab es auch niemanden, der hätte antworten können.
    Er stand in der Tür und wollte … was? Er hatte keine Ahnung, wonach er überhaupt suchte, konnte sich noch nicht einmal vorstellen, was er hier zu finden hoffte. Okay, vor einige Monaten war in diesem Zimmer ein Junge gestorben, aber in einem so alten Haus fand sich höchstwahrscheinlich kein einziger Raum, in dem nicht irgendwann einmal jemand gestorben war.
    Also, was erwartete er sich? Eine Botschaft aus dem Jenseits? Die Verse aus dem Gedicht im Beddoes-Sammelband, der aufgeschlagen neben Sam Johnson lag, als er die Leiche des Dozenten gefunden hatte, kamen ihm in den Sinn:
    Geister, sie sind nicht aufzuwecken,
    aus Todesgründen ist kein Weg zu finden!
    Also, nur ein Zimmer. Er trat ein, als wollte er sich selbst bestätigen, dass er den Gedanken an eine mögliche böse oder übernatürliche Kraft kurzerhand verbannt hatte. Sein Fuß blieb an etwas hängen. Er beugte sich hinab, um das Objekt, in dem er sich verheddert hatte, zu lösen, und bekam einen geblümten BH zu fassen, dessen blau-rotes Muster vom Teppich, der nahezu den gesamten Boden bedeckte, kaum zu unterscheiden war. Erst jetzt bemerkte er, dass auf dem zerknautschten Laken weitere Einzelteile einer Damenbekleidung verstreut lagen.
    Zeit, den Rückzug anzutreten und an einige Türen anzuklopfen, mal sehen, ob sich jemand fand, der sich an Frobisher erinnerte und bereit war zum Plaudern.
    »Wer verdammt noch mal sind Sie?«, hörte er eine Stimme hinter sich.
    Er drehte sich um. In der Tür stand eine junge Frau. Sie trug einen Kimono und trocknete mit einem Handtuch ihr langes blondes Haar. Sie sah so unfreundlich aus, wie sie klang.
    Pascoe lächelte und vollführte eine beruhigende Handbewegung, keine besonders gute Idee, wie sich herausstellte, da er damit die Aufmerksamkeit auf den BH lenkte, den er in der Hand hielt.
    »Tut mir Leid«, sagte er. »Mir war nicht klar …«
    Dass das Zimmer bewohnt ist? Dass es von einer Frau bewohnt wird?
    Er änderte die Richtung und begab sich auf sicheres Gelände.
    »Ich bin Polizist«, sagte er, griff nach seinem

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