Die Launen des Todes
ließ – in der völlig aussichtslosen Hoffnung, dort Kohle zu finden, wie ihm jeder kompetente Geologe hätte versichern können –, stießen seine Arbeiter auf eine Bronzekiste.
Es stellte sich heraus, dass sie eine große Menge römischer Münzen enthielt, von denen die Mehrzahl aus dem vierten Jahrhundert stammte, dazu, was noch wichtiger ist, zahllosen Zierrat unterschiedlichster Herkunft. Es fanden sich einheimische keltische Schmuckstücke, daneben welche aus dem Mittelmeerraum und dem Orient. Besonders auffällig war ein goldenes Diadem aus zwei ineinander verschlungenen Schlangen …«
»Ach ja«, unterbrach ihn der Moderator, der wie alle TV -Persönlichkeiten unter der schrecklichen Vorstellung litt, er würde sofort aufhören zu existieren, wenn er nicht lange genug im Bild blieb. »Das ist also das Schlangendiadem, richtig? Gehörte sie nicht irgendeiner Königin der Brigantinen?«
»Der Herrscherin über die Briganten, was nicht ganz das Gleiche ist«, murmelte Belchamber manierlich. »Es handelte sich um Cartimandua, die Caractacus an die Römer verriet. Ihre Verbindung zu diesem Diadem ist jedoch äußerst fragwürdig und beruht, wegen ihres Verrats, wohl mehr auf viktorianischen Horrorgeschichten als auf gesicherten historischen Fakten. In unserer christlichen Gesellschaft stehen Schlangen für Falschheit und Verrat. In der keltischen Kunst aber tragen sie, wie Sie sicherlich wissen, eine ganz andere symbolische Bedeutung …«
»Ja, natürlich«, kam es vom Moderator. »Eine ganz andere Bedeutung. Genau. Aber dieser Schatz, woher stammt er wirklich? Und ist das alles nicht einfach eine Frage des Finderlohns?«
»Vor dem Gesetz gibt es keine einfachen Fragen«, sagte Belchamber lächelnd.
»Das kannst du laut sagen, du Drecksack«, murrte Dalziel in der Küche.
»Die Gelehrten vermuten, dass der Schatz zur Sammlung eines bedeutenden und weit gereisten römischen Beamten gehörte, der sich, ob zufällig oder in voller Absicht, ziemlich isoliert in Britannien wiederfand, wo die römische Herrschaft bereits früh im fünften Jahrhundert zusammenbrach. Die große juristische Frage lautete nun: War der Schatz von seinem Eigentümer vorsätzlich versteckt worden, weil dieser es vielleicht für geraten hielt, seine Reichtümer zu verbergen, bis ruhigere Zeiten anbrachen – in diesem Fall würde es sich um einen herrenlosen Schatzfund handeln, der der Krone zustünde; oder ging der Schatz verloren, oder wurde er einfach vergessen, in welchem Fall er das Eigentum des Landbesitzers wäre. Zur Freude der Elsecars wurde der Fall zu ihren Gunsten entschieden, nachdem bei weiteren Drainagearbeiten die Überreste eines Radkarrens gefunden wurden. Dies ließ darauf schließen, dass die Kiste während des Transports Opfer eines Unfalls oder eines Hinterhalts wurde, bei dem der Karren umkippte und im Sumpf versank.«
»Damit also gehört er ohne Frage ihnen? Warum haben sie ihn nicht sofort verkauft, wenn es ihnen so schlecht ging?«, fragte der Moderator.
»Weil das Glück wie das Unglück selten allein kommt. Etwa zur selben Zeit angelte sich der rechtmäßige Erbe der Baronswürde eine reiche amerikanische Erbin, worauf sie den Schatz im Tresorraum einer Bank einlagerten, um ihn für schlechtere Zeiten aufzubewahren …«
»Die jetzt angebrochen sind«, unterbrach der Moderator, der von seinem Produzenten unmissverständlich signalisiert bekam, die Sache um Gottes willen endlich voranzutreiben.
Dalziel erging es ebenso. Er war mit den Drinks zurückgekehrt, hatte sich neben Cap auf dem Sofa niedergelassen und starrte mit so finsterer, hasserfüllter Miene auf den Bildschirm, wie er sie sich sonst nur für siegreiche walisische Rugbymannschaften aufsparte.
»Lord Elsecar hat den Schatz zum Verkauf ausgeschrieben«, fuhr der Moderator im Galopp fort. »Das beste Angebot stammt bislang aus Amerika, dem Britischen Museum wurde allerdings die Möglichkeit eingeräumt nachzuziehen. Doch trotz der Gelder aus der staatlichen Lotterie und einem öffentlichen Spendenaufruf fehlt noch ein beträchtlicher Teil der Summe. Als letzte Chance und auf Anregung, um nicht zu sagen, auf Druck der von Ihnen geleiteten Archäologischen Gesellschaft von Mid-Yorkshire haben die Elsecars zugestimmt, den Schatz auf eine Wanderausstellung zu schicken, wobei der Erlös aus den Eintrittsgeldern dem Fonds zur Rettung des Schatzes zugute kommen soll. Wird das reichen?«
Belchamber gab einen hoffnungsvollen, undefinierbaren
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