Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Launen des Todes

Die Launen des Todes

Titel: Die Launen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
Vom Netzwerk:
guter Laune, als er auf seine alte, aber erstklassig erhaltene Triumph Thunderbird stieg, einige Male den Motor hochjagte und sich mit diesem ziemlich unnötigen Crescendo von der Mid-Yorkshire Central Police Station verabschiedete. Einige uniformierte Constables, die den Hof betraten, sprangen respektvoll zur Seite, als er an ihnen vorbeiröhrte. Für die meisten seiner jüngeren Kollegen war er noch immer ein Mysterium. Aber ob man ihn nun, wenn er mit hundertfünfzig Sachen auf dem Grünstreifen der M1 dahinjagte, als alternden Rocker ansah, der die Hühner lebend verspeiste, oder den Gerüchten glaubte, denen zufolge er die Obermatrone einer Transvestitengemeinschaft im finstersten Eendale war, man ließ sich nicht das Geringste anmerken, weder dass man Spekulationen wie diese anstellte noch dass man sich darüber amüsierte. Dalziel war auf seine offene Art Furcht einflößend, Pascoe hatte eiserne Finger in Samthandschuhen stecken, Wield jedoch hatte das Gesicht, das einen noch im Traum verfolgte.
    Es war ein langer, letztendlich aber sehr produktiver Tag gewesen. Ein Verdächtiger war schließlich, kurz bevor die Zeit knapp wurde, unter dem Druck von Wields skrupellosem Verhör und seiner undurchdringlichen Miene eingebrochen. Dann, gerade als er gehen wollte, hatte Dalziel ihm den Job aufs Auge gedrückt, Oz Carnwath, den Zeugen im Linford-Fall, davon zu überzeugen, dass der stämmige Typ vor seiner Tür, der unaufhörlich vom Tod faselte, in Wirklichkeit ein Leichenbestatter war, der sich nur in der Haustür geirrt hatte. Der junge Mann schien ganz glücklich zu sein, als Wield ihn verließ und dafür sorgte, dass nachts von Zeit zu Zeit ein Streifenwagen bei ihm vorbeischauen würde. Dann war er in die Dienststelle zurückgekehrt, hatte seine Lederkluft angezogen und die Maschine angelassen, schließlich war er auf dem Nachhauseweg, freute sich auf einen verbrechensfreien Sonntag in Gesellschaft von Edwin Digweed, seinem geliebten Partner. Nichts Besonderes; er zweifelte, dass sie weiter als bis zum Morris kamen, ihrer Stammkneipe, vielleicht spazierten sie auch am Een entlang, dessen Tal sogar mitten im Winter von Natur aus lieblich wirkte, oder sie gingen zur Enscombe Old Hall hinauf, um zu sehen, wie Monte, der winzige Krallenaffe, den er aus einem pharmazeutischen Forschungslabor »gerettet« hatte, mit der kalten Witterung zurechtkam.
    Dinge, die, wenn man sie Tag für Tag sieht, einen Tag für Tag erfreuen, müssen schön sein. Oder so ähnlich. Einer von Pascoes kleinen Späßen, die sonst an seinen Ohren vorbeirauschten und kaum eine Spur hinterließen, dieser jedoch war bei ihm hängen geblieben. Als er sich nun daran erinnerte, bemühte er sich abergläubisch, ihn gedanklich nicht mit dem Satz
Ich bin ein sehr glücklicher Mensch
in Verbindung zu bringen.
    An der Ampel hielt er an. Vor ihm erstreckte sich verführerisch die Straße an der Westseite des Charter Parks. Parkanlagen sind die Lungen der Stadt. Die Tatsache, dass Mid-Yorkshires Umgebung Natur in Hülle und Fülle aufwies, die noch dazu leicht zu erreichen war und für jeden Geschmack etwas bot, hatte die Gründerväter nicht davon abgehalten, für die Lungenfunktion der Stadt vorzusorgen. Über die Jahre hinweg hatten die Stadtplaner mit unsentimentalem Blick immer wieder gierig auf diese unbezahlbaren Grünflächen geschielt, doch die jedem Yorkshireman eigene Lust auf »Kohle« rangierte bei den für ihn charakteristischen Eigenschaften nur an zweiter Stelle hinter der unbeugsamen Entschlossenheit, dass »das, was mir gehört, mein ist und kein Arsch mir’s wegnehmen wird«. Die Stadtplaner mochten versuchen, was sie wollten, keinen Morgen Grund, keinen Spaten Erde, nicht einen Grashalm hatten sie den Besitzern des Charter Parks – der steuerpflichtigen Bürgerschaft – abgerungen. Deshalb erstreckte sich die Straße breit und gerade neben dem Park über eine Länge von einem Kilometer und noch mehr, und auf einer mächtigen Maschine konnte man gut und gerne hundertfünfzig Sachen erreichen, obwohl dann zu bezweifeln war, ob man noch Zeit hatte, ein lebendes Huhn zu verdauen.
    Wield kostete den Kitzel der Versuchung. Es war ein ungefährliches Schwelgen. Im Lauf der Jahre hatte er sich genügend Stärke erworben, um zu widerstehen.
    Die Ampel schaltete auf Grün, die Maschine röhrte, aber es war das Brüllen eines alten Löwen, der sagte, er könne das Weißschwanzgnu schon zur Strecke bringen, wenn er denn wollte, alles in

Weitere Kostenlose Bücher