Die Launen des Todes
er gefeuert!«
Der Dreckskerl fuhr zu seinem Glück daran vorbei. Wield, genügend beeindruckt, um Lees Tipp noch mehr anzuzweifeln, sah auf seine Uhr. Mein Gott, schon zwei. Zeit für ein Pint und eine Pastete in der nun wohl CID -freien Zone des Black Bull.
eter Pascoe war nervös. Trotz seiner Beteuerungen gegenüber Ellie und dem Dicken, dass bei dem Linford-Fall alles unter Kontrolle wäre, beschlichen ihn böse Vorahnungen. Im Zentrum derer stand Marcus Belchamber, Rechtsanwalt und Solicitor bei Chichevache, Bycorne und Belchamber, die in Yorkshire gemeinhin als die erste Anwaltskanzlei am Platz galt.
Wollte man seinen lieben Opa verklagen, weil er einen, als man fünf Jahre alt war, mit Sahnebonbons gefüttert hatte, was mittlerweile, da man dreißig Lenze zählte, sich als schädlich für die Bauchspeicheldrüse herausgestellt hatte, oder wollte man seine Gattin loswerden, aber nicht deren Vermögenswerte, dann beauftragte man Zoë Chichevache. Wollte man einen Geschäftsvertrag aufsetzen, der es einem ermöglichte, sein Kapital zu behalten, wenn alle anderen Vertragspartner das ihre verloren und einem die Schuld dafür zuschoben, dann ging man zu Billy Bycorne. Aber wenn man schlichtweg nicht ins Gefängnis wollte, schickte man nach Marcus Belchamber.
Natürlich war er die Zierde der Gesellschaft von Yorkshire, verströmte Vertrauenswürdigkeit und Rechtschaffenheit. Sein Ruf als Privatgelehrter – vor allem befasste er sich mit Britannien unter der römischen Herrschaft – war unantastbar. Selbst seine einzige Anwandlung protzigen Gebarens bestand aus einem unaufdringlichen gelehrten Wortspiel – er fuhr nämlich einen Lexus mit dem Nummernschild JUS 10, das, nahm man die Ziffer 1 als Buchstabe I, mit
Achte das Gesetz!
übersetzt werden konnte.
Dalziel hegte einen Traum. »Eines Tages wird sich der Drecksack übernehmen, und dann fress ich seine Eier zum Frühstück!«
Diese kulinarische Köstlichkeit allerdings, so die persönliche Meinung seiner Kollegen, dürfte kaum jemals auf Dalziels Speisekarte zu finden sein. Warum sollte jemand, der die goldenen Äpfel mühelos umsonst einsammeln konnte, das Risiko eingehen wollen, seinen Klienten beim Schütteln des Baums behilflich zu sein?
Heute trat Belchamber für den Angeklagten Liam Linford auf.
Pascoe war nahezu von Anfang an mit dem Fall betraut gewesen. Er ging zurück auf einen Novemberabend, an dem John Longstreet, sechsundzwanzig, Taxifahrer, mit seiner Frau Tracey Longstreet, neunzehn, aus den Flitterwochen heimkehrte. Ihr Heim war eine Wohnung am Scaur Crescent in der Deepdale-Siedlung. Da ihre Straßenseite zugeparkt war, stellte Longstreet den Wagen auf der gegenüberliegenden Seite ab. Und während er die Koffer auslud, ging seine junge Frau, neugierig auf die neue Wohnung, über die Straße, blieb in der Mitte stehen, drehte sich um und fragte ihn, ob er nach den Flitterwochen so schwach sei, dass sie ihm helfen müsse.
Als er ihr antworten wollte, er würde ihr gleich zeigen, wie schwach er sei, kam ein Wagen mit solch hoher Geschwindigkeit um die Ecke, dass die Frau, von ihm erfasst, drei Meter hoch in die Luft und zehn Meter nach vorn geschleudert wurde, worauf sie erneut auf die Windschutzscheibe des bremsenden Fahrzeugs knallte, über die Motorhaube nach unten rutschte und unter die Räder geriet. Der tiefer gelegte Wagen, unter dessen Karosserie sie eingeklemmt wurde, schleifte sie etwa zweihundert Meter weit mit, bevor das, was von ihr dann noch übrig war, sich endlich löste, und der Wagen in die Nacht davonbrauste.
Pascoe traf John Longstreet fünfundvierzig Minuten später im städtischen Krankenhaus. Der Assistenzarzt meinte, es sei sinnlos, sich mit ihm unterhalten zu wollen, so sehr stehe er unter Schock. Als Pascoe, den Ratschlag ignorierend, sich neben den Mann setzte, lauteten die einzigen kohärenten Worte, die dieser zustande brachte, »schwarzer Totenschädel«; er wiederholte sie ständig.
Aber das genügte Pascoe. Er brachte die Worte mit einem anderen Satz in Verbindung, den der einzige unbeteiligte, äußerst weit entfernte Zeuge geäußert hatte, nämlich, dass es »so’ne gelbe Sportschüssel war, die arschschnell daherkam«. So machte er sich auf den Weg zur ausladenden Residenz von Walter Linford.
Wally Linford war ein Unternehmer, der sein Vermögen in den von den zastergeilen Yuppies geprägten Achtzigern mit einem Reiseunternehmen erwirtschaftet hatte. Angeblich. Im CID wusste man
Weitere Kostenlose Bücher