Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl
braunen Haaren schimmerte noch kein Grau. Wenn auch einige Falten ihr Gesicht durchzogen, so hatte sie doch gute, weiße Zähne, und ihre Augen blickten klar und durchdringend.
»So?«
Sie machte eine knappe Handbewegung und wies die beiden Männer in eine kleine Kammer. Dort stand ein einfaches Bettgestell. Rasch breitete sie eine graue Decke über die Matratze, dann half sie, den leblosen Meiko darauf zu betten.
»Jungfer Kristin, bringt das Herdfeuer wieder zum Brennen. Glut ist noch da. Ihr, Meister Clemens, holt mir ein Schaff Wasser aus dem Brunnen, und Ihr, Bardenheuer, seid bedankt für Eure Hilfe.«
»Es liegt noch ein zweiter Mann im Wald.« »Dann holt auch ihn.«
»Er lebt nicht mehr, der Herr Sivert.«
»Dann holt den Pfarrer.«
Der untersetzte Mann fühlte sich sichtlich unbehaglich und schien einen gewaltigen Respekt vor der Druitgin zu haben. Er machte sich spornstreichs auf den Weg.
Ich hingegen fühlte mich erschöpft und sprang auf das Lager zu Meiko.
»Na, was ist das denn?«
Die Druitgin betrachtete mich mit einem feinen Lächeln. Ich schaute zurück. Angestarrt werden mag ich nicht, aber sie senkte höflich die Lider, und so ließ ich es mir gefallen. Seltsamerweise erinnerte ihr Blick mich an Raguna. Er war durchdringend, aber es lag auch viel altes Wissen darin – solches um die Geheimnisse der Natur und die Kreisläufe des Lebens, aber auch um die Wandlungen des Schicksals.
»Das ist Mirza. Sie hat uns zu ihm geführt«, erklärte Kristin, die in den Raum trat.
»Seine Katze?«
»So ungefähr. Der Kessel mit dem Wasser hängt über dem Feuer.«
»Gut, dann helft mir, ihm die Kleider auszuziehen!«
Während die Druitgin vorsichtig das Wams aufnestelte und versuchte, es von den blutigen Wunden zu lösen, machten Clemens und Kristin sich daran, Meiko die Stiefel auszuziehen, ohne ihn unnötig zu bewegen. Ich nickte darüber ein wenig ein.
Wach wurde ich von dem Duft von Schweineschmalzund Schachtelhalm. Meiko lag nun bis zur Taille unter einer Decke, sein blutiger Oberkörper war gewaschen, und das zerfetzte Fleisch seines linken Armes bestrich die Frau eben mit der Salbe. Kristin reichte ihr große Kohlblätter, die sie dann auf die Wunde legte und anschließend mit Leinenstreifen fest umwickelte. Ähnlich verfuhr sie auch mit den anderen Verletzungen.
»Wird das heilen, Druitgin? Es sieht so schrecklich aus!«
»Es sind Fleischwunden, den Knochen hat der Hund, soweit ich es beurteilen kann, nicht erwischt. Aber er hat viel Blut verloren. Das verursacht eine große Schwäche. Und er hat sich den Kopf angeschlagen. Es ist eine recht große Beule hinter seinem rechten Ohr. Alles in allem aber ist er ein kräftiger Mann und hat auch schon andere Verletzungen überstanden. Doch hättet Ihr ihn im Wald liegen gelassen, wäre er gestorben. Es gibt schon den ersten Frost, das hätte er nicht überstanden.«
Die Druitgin befestigte die letzten Verbände und zog dann die Decke bis zu Meikos Kinn hoch.
»Gebt mir auch die Felldecke dort, er muss warm gehalten werden.«
Eine Decke aus weichem Kaninchenfell wurde über ihn gebreitet, und die Frau langte zu mir hin, um mich auf den Arm zu nehmen.
»Mirza, sagst du, heißt die Hübsche?«
»Ja, Mirza«, antwortete Kristin für mich, und ich murrte bestätigend »Mirrr-zaah!«
»Nun, Mirza, du wirst dich mit Jezabel vertragen, hörst du? Keine Zankereien, nicht wahr?«
»Mau!«
Manchen Bitten komme ich natürlich nach. Jezabel streckte sich auf einem Polster auf der Bank an der Wand aus, eine große, glänzend schwarze Katze ohne ein einziges weißes Haar. Ich blieb unten auf dem Boden sitzen und wartete, bis sie sich dazu herabließ, mich wahrzunehmen. Sie war älter als ich und von großer Dominanz. Aber sie war auch friedfertig. Ganz offensichtlich hatte sie es nicht nötig, ihr Revier zu verteidigen. Träge kam auch sie nach unten gesprungen und schnüffelte einmal kurz an mir.
»Erschöpft?«
»Ziemlich.«
»Komm auf die Bank.«
Dankbar nahm ich das Angebot an und rollte mich auf dem Holz zusammen. Das war wärmer als der gestampfte Lehmboden.
»Dein Mensch da drüben?«
»Ja. «
Jezabel gab einen zustimmenden Laut von sich. »Man muss sich manchmal um sie kümmern.« »Du hast die Druitgin?«
»Sie ist eine gute Frau. Ich bin mein Leben lang bei ihr.«
Wir schwiegen einträchtig, und ich dämmerte wieder ein wenig weg.
Erst mit dem anbrechenden Tag wachte ich auf. Jezabel war fort, doch am Herd stand eine Schüssel
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