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Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl

Titel: Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Rommerskirchen geritten. Als wäre meine gesamte Familie hinter ihm her.«
    Ich setzte mich zu der Luchsin und berichtete von dem, was wir herausgefunden hatten. Und brachte meine Bitte vor.
    »Nun gut, ich kann meine Vettern bitten, Ausschau zu halten«, erbot sie sich nach einer Weile des Nachdenkens. »Warte hier auf mich!«
    »Ich bin dir sehr dankbar, Gevatterin.«
    »Es ist auch in meinem Interesse.«
    Mit langen Sprüngen verschwand Raguna zwischen den Bäumen. Sie war um einiges schneller als ich. Um mir die Zeit bis zu ihrer Rückkehr zu verkürzen, fing ich mir zwei Waldmäuse. Mit einer spielte ich ein vergnügliches Haschen in dem herabgefallenen Laub und ließ sie dann laufen. Sie dankte es mir nicht, noch aus ihre Höhle pfiff sie mich unflätig an.
    Es war schon dunkel geworden, und der halbe Mond versilberte die Spitzen der Tannen, als Raguna lautlos wieder an meiner Seite auftauchte.
    »Sivert ist Richtung Dorf aufgebrochen. Mit einem Hund und seiner Armbrust.«
    »Das will mir überhaupt nicht gefallen.«
    »Mir auch nicht.«
    »Ich werde Meiko entgegengehen.«
    »Mirza, er hat den Hund dabei!«
    »Der kann nicht auf Bäume klettern.«
    »Sofern da Bäume sind!«
    »Trotzdem, ich muss ihn warnen. Er hat gelernt, auf mich zu hören.«
    »Du setzt dein Leben aufs Spiel!«
    »Ja, vielleicht.«
    »Ist das ein Mensch wert?«
    Luchsaugen können einen sehr durchdringend anschauen. Man ist gezwungen, ehrlich gegen sich selbst zu sein, wenn man unter ihrem Blick eine Frage beantwortet.
    »Ein Leben für ein Leben.« Das war Ragunas eigener Grundsatz. Ihn verstand sie. Das mit der Liebe hätte sie vermutlich nicht begriffen. »Er hat mir das meine zweimal gerettet.«
    »Dann gehen wir!«
    Ich hatte es noch nicht mal im Entferntesten zu hoffen gewagt, Raguna an meiner Seite zu haben. Es fiel mir ein Stein vom Herzen, als sie sich mir anschloss. Warum auch immer sie das tat.
    Wir hielten uns in der Nähe der Fahrspur, die sich vom Kloster zum Dorf entlangzog, doch immer im Schutz der Bäume. Menschen waren jedoch jetzt, nachAnbruch der Dunkelheit, nicht mehr unterwegs, aber die nächtlichen Jäger lauerten auf ihre Beute. Ein Fuchs grinste uns hämisch an, als er schürend unseren Weg kreuzte, ein Huhn in den Fängen. Ein Marder giftete von einem Baum herunter, und seine Unflätigkeiten ließen meine Ohren fast noch roter werden, als sie sowieso schon waren. Igel raschelten im Laub, eine Eule blinzelte uns wachsam zu, und der Witterung nach war auch ein Dachs ganz in der Nähe unterwegs. Dann und wann hielten wir inne, um zu lauschen. Bisher waren weder Hufgetrappel noch Schritte zu hören gewesen, nur einmal in der Ferne das Jaulen eines Hundes. Nichtsdestotrotz fühlte ich eine ungute Stimmung. Wir gingen weiter und sahen den Wald lichter werden. Die schwarzen Silhouetten der Häuser von Dellenhofen tauchten auf, von denen der Geruch von Holzfeuern aus den Kaminen heranwehte. Es war empfindlich kalt geworden, und die Menschen wärmten sich in ihren Behausungen. Die Türen und Läden hielten sie jetzt geschlossen, doch gelegentlich sah man flackerndes Lampenlicht durch die Ritzen fallen.
    »Ich weiß nicht, Mirza, ich weiß nicht.«
    Raguna hielt inne und sog die Luft ein. Ich tat es ihr gleich. Mit offenen Mund, damit ich alle Geschmacks- und Geruchseindrücke aufnehmen konnte.
    »Es riecht nach Blut, wenn du mich fragst«, murmelte Raguna.
    Ich nickte. Es war ein ganz leichter, ferner Hauch. »Könnte von einem Tier sein. Entflohene, verwundete Beute vielleicht.«
    »Könnte. Aber es wäre auch denkbar...«
    Wir versuchten die Richtung festzustellen. DerWind kam von Osten. Doch er brachte diesen Geruch nicht mit sich. Ohne weitere Bemerkungen drehten wir uns wieder um und suchten den Schutz der Bäume auf. Etwas tiefer im Wald verharrten wir noch einmal.
    »Es kommt von hier. Weiter links.«
    Ragunas Nase war noch feiner als die meine, vor allem aber kannte sie sich in den Düften des Waldes besser aus. Ich folgte ihr, konnte kaum mit ihren Sprüngen Schritt halten. Plötzlich blieb sie stehen. Ich holte auf und hielt neben ihr.
    »Mirza, da ist etwas passiert!«
    Noch einmal nahm ich die Witterung auf.
    Hund. Eindeutig. Und Blut. Ziemlich fiel und frisch. Ich bekam Angst.
    »Leise, Fratz, ganz leise. Und immer nah an den Bäumen!«
    Wir schlichen voran, ohne dass ein Ästchen knackte oder ein Blatt knisterte. Am Stamm einer Buche lag der Hund. Ein Messer steckte in seiner Kehle.
    Neben ihm lag Meiko.
    Der

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