Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl
das ist wirklich der Heuler – diese Sünden auch noch vergeben. Damit sie dann anschließend losziehen und neue begehen. Möglichst andere. Engelbert meint, das machen die Beichtiger zu ihrem Vergnügen, weil sie so in den Geheimnissen der anderen herumschnüffeln können. Das wiederum erscheint mir ein weitaus plausiblerer Grund für diese ganzen Sünden-und-Beicht-Regeln zu sein. Ich nahm mir also vor, einer ausführlichen Beichte einmal zuzuhören,denn in den Geheimnissen der Menschen schnüffelte ich auch für mein Leben gerne herum.
Es ergab sich am Samstag eine gar wunderbare Gelegenheit.
Ich wurde nicht enttäuscht.
Pater Johannes, ein rundlicher Mann mittleren Alters, hatte sich auf den hochlehnigen Stuhl, den sie als Beichtstuhl bezeichnen, hinter dem Hochalter gewuchtet und wartete auf seine Beute.
Ich hingegen zwängte mich hinter den Beichtstuhl und machte erst einmal meine Beute. Eine nette Veranstaltung, die mit einem leichten Mäuseimbiss begann.
Es kam die dralle Jungfer Ermine, hübsch in raschelnde Seide gekleidet, die blonden Flechten in einem mit Perlen bestickten Netz festgesteckt. Sie kniete anmutig vor dem Pater nieder und begann mit einer ziemlich sinnlosen Plauderei, die, soweit ich es beurteilen konnte, darauf hinauslief, sie habe sich der Sünde der Völlerei hingegeben, was an sich nicht zu übersehen war und eigentlich keiner Worte bedurfte. Sodann hatte sie sich der Schwatzhaftigkeit ergeben und war auch hier und jetzt in dieser Sündhaftigkeit wahrlich nicht zu bremsen. Vielleicht war es doch nicht ganz verkehrt, ein solches Übel zu verbieten.
Der Beichtiger rutschte unruhig auf seinem breiten Hinterteil herum, wie ich von unten feststellen konnte, da sie nun auch noch die bösen, bösen Gedanken im Einzelnen beschrieb, die sie gehegt hatte, als ihre Tante mit einem neuen Gewand erschien und sie die Sünde des Neides nicht unterdrücken konnte.
Es folgte eine ausführliche Beschreibung des Kleidungsstückes.
Der Beichtiger sackte immer tiefer in seinem Sitz zusammen. Er hatte wohl genau wie ich Mühe, die Augen offen zu halten.
Als sie jedoch bei der delikaten Schilderung anlangte, die ihren Aufenthalt in einem abgelegenen Teil des Gutshauses von Rommerskirchen zum Gegenstand hatte, rutschte Pater Johannes animiert wieder ein Stückchen nach vorne. Und er stellte auch Fragen. Es kam bröckchenweise heraus, dass Ermine den schönen Herrn Sivert gelüstig angesehen hatte. Na gut, das war ja nun auch mir schon aufgefallen. Aber er hatte wohl ebenso zurückgelüstert, weshalb sie nun von Ehe sprach, was den Beichtiger zum inquisitorischen Teil übergehen ließ. Ob es denn zu sündhaftem Tun gekommen sei?
War es wohl, und ich lernte eine ganze Menge über das menschliche Paarungsritual, das mit Kitzeln und Streicheln, dem als Küssen bezeichneten gegenseitigen Abschlecken und dem unzüchtigen Heben von Röcken in Zusammenhang stand. Das mit den Röcken ist typisch menschlich und war mir durch Arnoldus und Johanna schon geläufig. Wer kein Fell hat, muss sich schließlich verhüllen, und wer sich verhüllt, muss dann wieder, um sich tierisch zu verhalten, die Hüllen fallen lassen. Oder sie zumindest bis über die Ohren heben. Offensichtlich machte das Spaß. Ermine kicherte nämlich bei der Beschreibung dieser Tätigkeit. Und Pater Johannes ließ sich weitere Einzelheiten schildern.
Es wurde sehr warm unter dem Beichtstuhl.
Es war schließlich bis zur endgültigen Paarung gekommen, und Pater Johannes machte Ermine ernsteste Vorhaltungen, die sie aber mit dem Hinweis auf eine Eheschließung abwiegelte. Sie machte sich gute Hoffnung, dass es bald so weit sein würde, und dann wäre das, was sie getan hatte, ihre heilige Pflicht. Die Ehe, so wollte mir daher scheinen, diente dem Zwecke der Sünde, die dann keine mehr war.
Versteh einer die wirren Gedankengänge der Menschen. Ehrlich!
Ermine wurde ein Haufen Gebete aufgegeben, die sie zu sagen hatte, dann wurde sie von ihren Sünden losgesprochen, damit sie neue begehen konnte, und dafür durfte sie dem Pater Johannes dann den Beichtpfennig überreichen.
Dass man sich das Anhören der Sünden anderer auch noch bezahlen ließ – dieses kleine Detail zum Thema Geld fand ich dabei besonders possierlich. Menschen zahlten mit ihrem Geld demnach auch einen Sünden- und nicht nur einen Hungerlohn.
Tags darauf, am Sonntag in den späteren Nachmittagsstunden, konnte ich mein Wissen um das Wesen der Beichte noch etwas mehr
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