Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl
ihnen entschieden.«
»Clemens und ich haben uns ein Ziel gesteckt. Wir möchten genug Geld zusammenbekommen, um ein eigenes Haus zu führen. Er kann sich dann als Baumeister Aufträge suchen, und ich glaube, er wird sehr bald mit seiner Arbeit zu Ansehen kommen.«
»Und Ihr, Kristin, welches Ziel habt Ihr Euch gesetzt?«
»Ich möchte meine Kinder malen!«, kam es sehr prompt.
Jetzt lachte Melvinius fröhlich auf, und Kristin stimmte mit ein.
»Aber es ist nur ein Wunschtraum, Pater. Zufrieden werde ich auch sein, wenn ich wenigstens meineKatze malen kann! Ich bin nämlich schon siebenundzwanzig und eine sehr alte Jungfer.«
»Ihr werdet schon noch die Bilder Eurer Kinder malen und sicher auch die anderer Menschen. Ihr habt ein von Gott gegebenes, großes Talent, Jungfer Kristin. Und nicht alle Menschen lehnen es ab, von einer Künstlerin gemalt zu werden.«
»Nein, vermutlich nicht alle. Meiko hat so etwas Ähnliches auch einmal gesagt.«
»Habt Ihr Euch ihm anvertraut?«
»Oh nein, nein. Er meinte es ganz allgemein. Er glaubt, dass Frauen sogar Großes leisten können, weil er auf seinen Reisen viel gesehen hat. Ich möchte ihm gerne glauben.«
»Hat er Euch von seinen Reisen erzählt?«
Kristin kicherte.
»Ungefähr so viel, wie ich ihm von meinen Malkünsten erzählt habe. Er kann sehr gut über seine Vergangenheit schweigen, habe ich den Eindruck.«
»Das kann er wohl.«
»Ich frage mich, was er verbirgt...«
»Ja, das frage ich mich auch, Kristin. Und wenn ich es recht bedenke, dann vermute ich, es könnte etwas Bedrückenderes sein als das, was Ihr verheimlicht.«
»Ich werde sehr, sehr vorsichtig ihm gegenüber sein.«
»Ich glaube, das braucht Ihr nicht. Er ist kein übler Geselle. Trotz aller Geheimniskrämerei. Aber nun sagt, wie nahe seid Ihr Eurem Ziel denn inzwischen gekommen?«
»Zumindest dem eigenen Haus sind wir sehr nahe. Am Wochenende haben wir den Herrn von Rommerskirchenbesucht. Er möchte seine Halle mit einem Fresko versehen lassen, und es scheint, er ist bereit, gut dafür zu zahlen. Clemens und ich müssen nur noch einen Weg finden, um so zu arbeiten, wie wir es gewohnt sind. Er hat uns nämlich für die Zeit der Arbeiten eine Wohnung auf dem Gut angeboten.«
»Und wenn Ihr ihm die Wahrheit sagt und ganz offen zu zweit das Fresko ausführt?«
»Ja – vielleicht ist es möglich. Aber Euer Diakon Arnoldus geht dort häufig aus und ein, Pater Melvinius. Wie würden wir dastehen, wenn es herauskommt, dass wir das Kloster an der Nase herumgeführt haben?«
»Ein guter Einwand. Aber, Jungfer Kristin, ich habe in meinem Leben gelernt, dass sich immer Wege finden. Sicher auch für dieses Problem. Ich werde Euch in meine Gebete einschließen und über eine Lösung nachsinnen.«
»Danke, Pater. Ihr seid sehr gütig und verständnisvoll mir gegenüber. Doch nun muss ich die Maria von Magdala fertig malen, solange der Putz noch frisch ist, und dann Mirza zu einem Stückchen Schinken einladen!«
»Was, bei Euch schlemmt sie auch?«
Kristin, du Verräterin!
»Gaaanz selten, Pater!«
Manche Lügen kann sogar ich verzeihen. Ich trottete hinter ihr her und bekam später meine Häppchen. Gaaanz kleine.
Ich musste doch wirklich noch zwei Friedhofsmäuse wegputzen.
Diabolo sparte nicht mit hämischen Äußerungen.
Nun, was Kristin und Clemens anbelangte, war ich wirklich ein Stück vorangekommen. Warum die Jungfer und Melvinius es aber als Beichte bezeichneten, dass sie ihm ihre Geheimnisse anvertraute, verstand ich nicht ganz. Um Licht in diese Angelegenheit zu bringen, suchte ich Engelbert auf, der selbstverständlich auch das erklären konnte. Es war nämlich so, dass die Menschen die Sünde eingeführt hatten. Ich bebe immer noch vor Lachen, wenn ich daran denke. Wirklich, sie fielen auch auf jeden Trick herein. Sünde entsteht nämlich ganz einfach, indem sie manche völlig natürliche Sachen verbieten. Wie Lüsternheit beispielsweise. Oder raufen, spielen, sich paaren oder sich Beleidigungen um die Ohren schlagen. An manchen Tagen verbieten sie sich sogar, Fleisch zu essen. Unter diesen Umständen ist jede Katze eine Sünderin. Aber wir brauchen ja nicht zu beichten. Das müssen die Menschen nämlich, wenn sie gegen diese Regeln verstoßen haben. Und der, der sich das anhört, verhängt dann Strafen. Nicht zu verstehen, diese Menschen. Wirklich!
Jedenfalls darf sich jeder, der sich Pater oder Diakon nennt, die Sünden der anderen anhören, sie maßregeln und ihnen – und
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