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Die Lautenspielerin - Roman

Die Lautenspielerin - Roman

Titel: Die Lautenspielerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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schämen«, sagte Guillemette und befreite sich energisch aus Jeannes festem Griff. »Und ich weiß langsam nicht mehr, was ich von Euch halten soll! Ihr tragt ein Kind unter dem Herzen und solltet Gott dafür danken und beten und nicht durch die Stadt laufen, um bei diesen Leuten Musik zu spielen, die gotteslästerlich ist!«
    Das war zu viel! Jeanne wandte sich um und schlug dem unverschämten Mädchen mit der flachen Hand auf die Wange, dass diese feuerrot entflammte. »Ich will kein Wort mehr von dir hören, bis wir im Haus sind!«
    Wütend schritt Jeanne weit aus, ohne auf das Jammern hinter ihrem Rücken zu achten. Seit Tagen hatte sie sich darauf gefreut, im Haus von Jean Morel, einem gelehrten Edelmann aus dem Dauphiné, in der Rue Pavée spielen zu dürfen. An diesem Nachmittag war es vergleichsweise ruhig im Haus Morel gewesen, in dem sich zu späterer Stunde regelmäßig Musiker, Künstler und Dichter einfanden. Morel und seine Familie waren von ihrem Spiel begeistert gewesen und hatten sie gebeten, so bald als möglich wiederzukommen.
    Ruckartig blieb Jeanne stehen und drehte sich zu Guillemette um, die sich schniefend die Augen wischte. »Spar dir die Tränen für empfängliche Männerherzen.« Etwas freundlicher fügte sie hinzu: »Musik kann nicht gotteslästerlich sein, Guillemette. Musik ist eines der größten Geschenke, die der Herr uns gemacht
hat. Jeder vollkommene Ton preist die göttliche Schönheit. Vielleicht möchtest du selbst lernen, ein Instrument zu spielen?«
    Vehement schüttelte das Mädchen den Kopf. »Unser pasteur sagt, dass Gott nur durch die Stille spricht. Also darf man keine künstlichen Geräusche machen, welche …«
    »Geräusche!« Jeanne rang verzweifelt die Hände. »Schon gut. Wenn der Pfarrer einem Spatzenhirn etwas einflößt, ist jegliche Logik vergebens …«
    Sie stapfte durch den Dreck, wobei sie versuchte, die Säume ihrer Röcke zu heben, doch sie waren bereits feucht und vom Unrat dunkel verfärbt. Reiche Damen ließen sich von ihrem Gefolge begleiten, in Sänften tragen und ihre seidenen Schuhe von Dienern mit Holzbohlen vor dem Schmutz schützen. Vielleicht sollte sie Guillemette einfach eine solche Holzbohle ziehen lassen, das würde ihr die Frechheiten austreiben. Seufzend folgte Jeanne der Straße um die kleine Kirche von Saint-Germain-l’Auxerrois und wich einem Wasserverkäufer aus. Das Wasser der Seine galt als ungenießbar, weshalb an jeder Ecke angeblich reines Brunnenwasser angeboten wurde.
    Es war nicht richtig, dass sie sich Guillemette gegenüber unbeherrscht zeigte, Jeanne schob ihre Verletzlichkeit und das rasche Aufbrausen auf ihre Schwangerschaft. Mit dem Handrücken wischte sie sich den Schweiß von der Stirn und fächelte sich Luft zu. Sie hasste ihren Zustand, und, was sie noch mehr erschütterte, sie verabscheute das Leben, das in ihr heranwuchs. So sehr sie sich bemühte und in stummen Gebeten um freundliche Gefühle für das Kind in ihrem Leib flehte, sie wollte es nicht. In ihrer Verzweiflung war sie sogar zu einer Kräuterfrau gegangen und hatte um einen Trank bitten wollen, um das Kind abzutreiben. Doch Guillemette war ihr gefolgt, und damit war Jeannes Plan gescheitert, denn wenn ihr Mann davon erfahren hätte, wäre ihr der sofortige Tod durch seine Hand oder der Galgen gewiss gewesen. Also hatte sie einen unverfänglichen Strauß Lavendel gekauft.

    Kaum bogen sie in die Grand Rue Saint-Honoré ein, die vergleichsweise sauber war, kam ihnen ein singender Straßenhändler entgegen, die Paris zu Hunderten bevölkerten. »Gute Schwefelhölzer, Scheuersand, Nadeln, feine Nestelschnur, Schuhwichse, liebe Leute, all das biet’ ich euch, kommt und schaut! Strohmatten, Rattengift, Feuerstein und Flinten, zum Wollesäubern Kreide, Anis und allerlei andres Gewürz und Gebein, ganz fein! Hier gibt es alles, was ihr braucht!«
    Als Jeanne zögerte, kam der beleibte Mann mit erwartungsvollem Gesicht auf sie zu.
    »Kommt bloß fort, der will Euch nur was aufschwatzen!«, ermahnte Guillemette sie.
    »Ach, guter Mann«, sagte Jeanne. »Mir steht der Sinn nach Pasteten. So etwas habt Ihr nicht?«
    »Nein, da muss ich Euch enttäuschen. Doch an der nächsten Ecke steht meist ein Bursche mit weißer Mütze. Da seid Ihr an der richtigen Adresse.«
    Jeanne bedankte sich und hielt Ausschau nach dem Backwarenverkäufer, denn sie hatte schon öfter von diesen Leuten Waren erster Güte gekauft.
    Ihre Kammerdienerin war anderer Meinung. »Wir sind gleich

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