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Die Lautenspielerin - Roman

Die Lautenspielerin - Roman

Titel: Die Lautenspielerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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zu Hause. Was kauft Ihr solches Zeug? Wer weiß, was die da hineintun! Ihr solltet mehr auf Euch und das Kind achten!«
    Jeanne schickte mit geballten Fäusten ein stummes Stoßgebet zum Himmel, dessen Inhalt kaum fromm zu nennen war. Die weiße Mütze des Backwarenverkäufers leuchtete zwischen den matten Farben der einfachen Leute auf, die sich den Boulevard entlangdrängten. Ohne auf Guillemette zu achten, die mit säuerlicher Miene neben ihr stehen blieb, bat Jeanne den Mann um zwei der köstlich duftenden Pasteten.
    »Dank Euch, edle Dame. Bei dieser Hitze will mir kaum jemand Pasteten abkaufen. Acht Heller bekomme ich von Euch.«
    Jeanne kramte in ihrem Beutel, doch Guillemette keifte in bester
Pariser Manier: »Bist du von Sinnen? Willst meine Herrschaft übers Ohr hauen? Fünf Heller und keinen mehr! Sonst gehe ich zum nächsten Büttel und sag’, was du treibst!«
    Der Bursche zog einen schiefen Mund. »Euch Hugenotten wird das Hochnäsige noch vergehen! Die Schlacht von Jarnac habt ihr verloren, und euren Admiral hat das Pariser Parlament zum Tod durch den Strang verurteilt.«
    Dagegen gab es nichts zu sagen. An zahlreichen Plätzen der Stadt hatte man Galgen aufgestellt und an ihnen eine Puppe, die den Admiral Coligny darstellte, aufgehängt. Wegen Verrats an Gott und dem König war Coligny vom Parlament in Abwesenheit zum Tode und Verlust seiner Güter verurteilt worden. Außerdem war eine Prämie von fünfzigtausend Goldtalern auf seinen Kopf ausgesetzt worden.
    Der Backwarenverkäufer wickelte zwei Pasteten in ein Stück Papier. »Nun denn. Fünf Heller also. Aber merkt euch das, der König von Paris wird euch die Flausen austreiben!«
    Die letzten Worte sagte er mit drohendem Unterton, griff sich die Münzen, die Jeanne ihm hinhielt, und stolzierte davon. Hungrig biss Jeanne in eine der warmen Köstlichkeiten. Die zweite wollte sie ihrem Vater geben, der sich seit ihrer Ankunft in Paris vollkommen zurückgezogen hatte.
    Cosmès Haus wirkte neben den prächtigen Adelspalästen der Grand Rue eher bescheiden, doch es war zweigeschossig und verfügte über einen Innenhof, dessen Mauer an den Hof des Nachbarhauses grenzte,
    Dank der dicken Steinmauern war es im Haus etwas kühler, gleichwohl war die Luft modrig und abgestanden, denn sobald man die Fenster öffnete, zog der Gestank der Straße herein. Ohne auf Guillemette oder die anderen Dienstboten zu achten, die wie stumme Schatten durch die Räume schlichen, ging Jeanne in den ersten Stock, wo ihr Vater zwei Zimmer bewohnte. Das eine diente als Schlafraum, in dem anderen hatte Cosmè
eine Werkstatt einrichten lassen, was Jeanne ihrem Gatten hoch anrechnete.
    »Vater?«, rief sie und stieß die Tür zur Werkstatt auf.
    Wie meist saß Endres in einem Stuhl vor dem Fenster. Auf dem Tisch vor ihm lag ein halbrunder Holzklotz, auf dem bereits zwei Holzstreifen aneinandergeleimt waren. Endres mühte sich mit einem weiteren Streifen, den er über einem Biegeeisen in die richtige Form zu bringen versuchte. Da mehrere seiner Finger seit dem Überfall bei Frankfurt steif geblieben waren, konnte er sein geliebtes Handwerk nur unter großen Mühen ausüben. Jeanne sah die Anstrengung in seiner konzentrierten Miene und die Schweißperlen, die ihrem Vater dabei auf die Stirn traten.
    Die schlechte Luft in dem kleinen Raum wurde zusätzlich durch das heiße Biegeeisen aufgeheizt. Jeanne ging zum Fenster und öffnete es. Dann reichte sie ihrem Vater die Pastete. »Für dich.«
    Sein Haar war schütterer geworden, das Leuchten aus den Augen verschwunden. Es schien, als hätte die Verstümmelung seiner Hände ihm jede Vitalität geraubt. »Danke, mignonne . Oh, Fleischpastete, du weißt, wie sehr ich die mag.«
    Auf einem Schränkchen fand sie Krug und Becher, goss mit Wasser verdünnten Wein für sie beide ein, nahm die Laute vom Rücken und setzte sich zu ihrem Vater. Es freute sie zu sehen, mit welchem Appetit er die Pastete aß. Plötzlich hielt sie inne. Ein stechender Schmerz durchzog ihren Unterleib, nur kurz, dann war er vorüber. Jedes Mal hoffte sie, dass sie Blutungen bekäme und das Kind verlor, doch es war hartnäckig.
    »Geht es dir gut?«, fragte Endres und musterte sie besorgt.
    »Ja.« Sie atmete mehrfach tief ein und aus. »Ich war bei Jean Morel, ein interessanter Mann.«
    »Ach ja! Erzähl mir alles!« Langsam kauend, denn er hatte bereits drei Backenzähne verloren, lauschte Endres dem Bericht seiner Tochter.

    »Auch seine Frau und seine Töchter

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