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Die Lautenspielerin - Roman

Die Lautenspielerin - Roman

Titel: Die Lautenspielerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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sind freundlich und so gelehrt! Ihre Bibliothek ist beeindruckend, und sie sprechen Italienisch und Englisch. Es waren einige Leute da, deren Namen ich nicht behalten habe. Ich war zu nervös.« Sie nestelte an ihrem Gürtel und zog ein goldbedrucktes Billett aus ihrem Beutel. »Ah, hier ist es.«
    Ihr Vater hielt sich das Kärtchen vor die Augen. »Das ist das Wappen der Herzogin von Nemours!«
    »Wirklich? Die Dame Bianca sagte, dass ihre Herrin mich gern spielen hören würde, und wenn sie im Winter wieder in Paris ist, wolle sie mich rufen lassen. Nemours, woher kenne ich den Namen?«, überlegte Jeanne laut.
    »Die Herzogin von Nemours ist niemand anders als Anna d’Este, verwitwete Herzogin von Guise«, erklärte Endres, stand auf und schloss die Tür. »Nach dem Tod ihres ersten Mannes, des Herzogs von Guise, hat sie den Herzog von Nemours, Jacques de Savoie, geehelicht.«
    »Himmel, diese Einladung hat doch nichts mit Onkel Julian zu tun? Sie kann doch nicht wissen, dass ich eine de Bergier bin?« Jeannes Stimme zitterte. Seit dem Tod ihrer Mutter hatten sie keinen Kontakt mehr zur Familie der Bergiers. Zu groß war die Furcht vor der Rache der Guisen.
    Endres kratzte sich nachdenklich den Bart und schob die Karte von sich. »Nein, das glaube ich nicht. So, wie du es erzählst, hat die Dame Bianca dich eingeladen, wie sie jeden Künstler einlädt, von dem sie glaubt, er könne ihre Herrin erfreuen. Du bist hier nur unter dem Namen Paullet bekannt, und ich verlasse das Haus so gut wie nie. Mich kann also kein ehemaliger Kunde erkannt haben.«
    »Die Herzogin von Nemours. Ist sie nicht eng mit der Königinmutter, Katharina de Medici, befreundet? Eine gute Verbindung zum Hof könnte von Vorteil sein, wenn der Krieg sich weiter zuspitzt.«

    »Mag sein, aber du solltest dort besser nicht hingehen.«
    Jeanne nippte an ihrem Weinbecher. Im Winter würde sie das Kind zur Welt gebracht haben. Dann hatte sie ihre Pflicht als Ehefrau erfüllt. Es gab Mittel und Wege, eine erneute Schwangerschaft zu verhindern.
    Dieses Haus war freudlos und bedrückend still. Alle schlichen mit frömmelnden Mienen herum. Es kam ihr vor, als belauerte jeder seinen Nächsten, ob der auch ja nach den Regeln Calvins lebte. Ohne Cosmès Geld allerdings wären sie mittellos. Ihr Vater konnte kaum noch arbeiten, auch wenn er das nicht wahrhaben wollte. Wenn sie jedoch die Gunst einer mächtigen Frau wie der Herzogin von Nemours gewinnen konnte, würden sich ihr Türen und Möglichkeiten öffnen, die ein unabhängigeres Leben verhießen.
    »Jeanne, du hörst mir nicht zu«, sagte ihr Vater mit milder Strenge.
    »Entschuldige.« Sorgsam verstaute sie die Karte wieder in ihrem Beutel.
    »Weißt du schon, dass der Bruder von Admiral Coligny tot ist? Gerüchten zufolge stecken die Guisen dahinter. Diese Sippe hat den Tod des Herzogs von 1563 noch nicht verziehen. Niemand kann sagen, was sie dir antun, Jeanne, wenn sie erfahren, dass Julian dein Onkel ist.«
    »Ich bin doch nur eine unbedeutende Frau, eine Musikerin, keine religiöse Fanatikerin«, wandte Jeanne vorsichtig ein.
    »Versprich mir, nicht dorthin zu gehen. Du bist doch alles, was mir noch geblieben ist.« Endres legte die verkrüppelten Hände aufeinander. »Spiel für mich, Jeanne, bitte.«
    Sie lächelte, stand auf und nahm die Laute aus dem Sack. Während sie die empfindlichen Darmsaiten stimmte, die auf jede Temperaturschwankung reagierten, fragte sie ihren Vater: »Ich habe letztens das Kästchen mit Mutters Asche gesucht. Ist es auch verloren gegangen? Weißt du, ich dachte, vielleicht können
wir sie hier bestatten, oder wenn wir einmal in die Berge reisen. Sie hat die Berge geliebt. Das würde ihr gefallen.«
    Endres schloss die Augen und lehnte sich zurück. »Bitte, fang an zu spielen, mignonne .«
    Sie stimmte eine Sarabande an. Während sie das Moll-Thema variierte, übernahm die innig beseelte Melodie wie von selbst die Führung, und Jeanne hatte wieder das Gefühl, ihre Mutter säße ihr gegenüber und spielte ebenfalls. Lag es am außergewöhnlichen Klang der Laute oder an ihrer Gemütsverfassung? Was auch immer der Grund war, sie verspürte diese tiefe Verbundenheit mit ihrer Mutter und wusste nicht, ob sie weinen oder sich darüber freuen sollte.
    Der letzte Takt der Sarabande verklang. Als sie den Blick hob, begegnete sie den Augen ihres Vaters, der sie beobachtete.
    »Danke, mignonne . Das war wundervoll! Du hast mich nach dem Kästchen gefragt. Es existiert nicht

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