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Die Lautenspielerin - Roman

Die Lautenspielerin - Roman

Titel: Die Lautenspielerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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und von der Seine schallten die Rufe der Schiffer
und Händler herauf. Guillemettes strenge Hugenottentracht erregte immer wieder den Unmut der Pariser, doch sie weigerte sich, wenigstens ein buntes Schultertuch anzulegen, was Jeannes Verdacht auf eine Schwangerschaft des Kammermädchens verdichtete. Auch die Darmverstimmung war ein Indiz dafür. Im Grunde war es Jeanne einerlei, ob und mit wem ihr Mann Bastarde zeugte. Eine Schwangerschaft Guillemettes bedeutete jedoch auch, dass das Mädchen ihrem Mann für einige Wochen nicht beischlafen konnte. Nun, sie würde ein anderes junges Ding finden, das ihren Gatten zerstreuen konnte.
    Diesem Gedanken folgend lenkte sie ihre Schritte in eine schmale Gasse, die zum Seineufer hinunterführte.
    »Madame, hier ist es nicht sicher«, warnte Pierre, zog seinen Dolch und hielt mit der anderen Hand seine Pistole schussbereit.
    Die einstöckigen Häuser neigten sich einander zu, Toreingänge und dunkle Winkel boten genügend Raum für Gesindel. Es gab einige zwielichtige Tavernen, in denen Flussschiffer und Tagelöhner verkehrten, doch genauso fand man in den Straßen hinunter zum Wasser Gewerbe, die unsauber waren, Dreck machten oder deren Ausdünstungen zum Himmel stanken. Dazu gehörten Fleischer, Sulzer, Färber und Sliemer, welche Fenster aus ölgetränktem Papier und anderen Rohstoffen fertigten.
    »Dort vorn wohnt der Sulzer Jacob«, sagte sie und wies auf ein baufälliges Haus, vor dem ein dunkles Rinnsal im Sand der ungepflasterten Gasse versickerte.
    Guillemette verzog das Gesicht. »Dieser Gestank ist widerlich!«
    »Das ist Blut, liebes Kind. Blut und Innereien, die du so gern isst. Sie werden unter anderem zu Sülze verarbeitet«, sagte Jeanne mit zuckersüßem Lächeln.
    »Was wollen wir hier? Monsieur sieht es nicht gern, wenn Madame sich herumtreibt«, schnappte die freche Kammerdienerin.
    Pierre schob lose Ziegel zusammen. »Bitte, Madame, tretet darauf. Zwei Schritte, und Ihr gelangt sauberen Fußes ins Haus.«

    Sie standen vor der offenen Haustür, aus der noch üblerer Gestank kam. Jeanne hielt sich ein Taschentuch vor Nase und Mund, holte kurz Luft und rief: »Jacob, hier ist Madame Paullet.«
    Es dauerte nicht lang, und ein dicker kleiner Mann trat heraus. Sein nackter Oberkörper wurde halb von einer blutverschmierten Schürze verdeckt. In einer Hand hielt er ein riesiges Messer. Klebrige Haarsträhnen bedeckten seinen Schädel, die Füße steckten in dreckigen Pantoffeln. »Ah, Madame Paullet daselbst. Wenn das keine Überraschung ist. Womit kann ich dienlich sein? Wünscht Ihr ein neues Stück Schweinssülze oder von der Leberwurst?«
    »Danke. Eigentlich komme ich wegen deiner Tochter«, sagte Jeanne, bemüht, die aufsteigende Übelkeit zu unterdrücken.
    Guillemette kapitulierte bereits und übergab sich auf die Straße.
    »Welche, Madame? Der Herr hat mich mit zehn Töchtern gestraft!«
    »Die Kleine, die uns deine Waren liefert. Coline?«
    »Ah, meine Coline.« Er grinste und schrie laut nach seiner Tochter.
    Es polterte oben im Haus, dann auf den Treppen, und Coline sprang ihnen förmlich entgegen. Der grüne Rock war ordentlich geflickt, das weiße Mieder sauber. Als sie lachte, sah man, dass die seitlichen Zähne fehlten, doch ihr Gesicht war rund und frisch, die Augen blickten freundlich, und ihre Haut war rosig. Als sie Jeanne sah, machte sie einen artigen Knicks.
    »Coline, du hast doch einmal gesagt, dass du gern eine feste Anstellung hättest. Würde es dir gefallen, bei uns im Haus zu arbeiten? Es wäre leichte Arbeit, Wäschemachen und Putzen, vor allem die Räume von Monsieur. Du bekommst an Lohn, was auch Guillemette erhält.«
    Coline war ein verständiges Mädchen und legte den Kopf schräg. »Oh, das tät’ mir schon gefallen. Ihr habt ein schönes Haus in vornehmer Gegend! Vater, was sagst du dazu?«

    Der Sulzer steckte das lange Messer in den Gürtel seiner Schürze und warf einen kurzen Blick hinaus zu Guillemette, deren Gesicht die Farbe eines Leichentuchs angenommen hatte, doch sie sah wohlgenährt und verglichen mit Coline wie eine Edeldame aus. »Von mir aus. Aber dass du nicht deine Eltern vergisst, die dich gekleidet und dir ein Dach über dem Kopf gegeben haben.«
    »Ich lasse dich morgen von Pierre abholen, Coline. Er bringt dir ein Kleid mit und, um den Trennungsschmerz zu lindern, ein Geschenk für deine Eltern«, sagte Jeanne, die sehr zufrieden war mit dem Ausgang dieses Gesprächs.
    Auf dem Rückweg fragte

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