Die Lautenspielerin - Roman
und um irgendetwas bitten.«
»Und wenn er mich erpresst?«, fragte Jeanne besorgt.
»Womit? Er muss doch selbst auf seinen Kopf achten.«
Jeanne seufzte. »Hmm. Wie lange bleibt Gerwin in Paris?«
»Ein bis zwei Wochen, soweit ich weiß. Das Leben kann so kurz sein«, sagte sie mit einem zweideutigen Lächeln.
»Mylady.« Jeanne räusperte sich. »Dieses Zählen der Kalendertage ist eine Sache, aber wenn … Manchmal wünscht mein Mann meine Gesellschaft, wenn es nicht passend ist. Ihr versteht?«
Anstelle einer Antwort erhob sich Lady Dousabella und führte Jeanne in ihr Schlafgemach. Dort hob sie den Deckel einer reich ornamentierten Truhe und nahm eine Schatulle heraus, die sie auf einen Tisch stellte.
»Passt auf. Ich habe Euch die Salbe gegeben, die aber nur eine zusätzliche Hilfe ist, und das Rezept für den abortiven Trank. Erst kürzlich habe ich ein sehr nützliches und, wie man mir versicherte, wirksames Mittel gegen die Empfängnis von einer lieben
Freundin aus London erhalten. Sie ist eine angesehene Kurtisane und weiß, wovon sie spricht.«
Fasziniert betrachtete Jeanne das Sammelsurium aus Schwämmchen und Phiolen, Tiegeln und einem seltsamem Gewirk aus altem Tuch und einem Granatapfel, das von Lady Dousabella ausgebreitet wurde. Sie nahm einen kleinen Schwamm. »Diese Methode ist uralt und für Frauen geeignet, die nicht empfangen wollen, ohne dass der Mann, der ihnen beischläft, davon weiß. Ihr tränkt den Schwamm mit dem Mittel aus dieser Phiole und führt ihn ein.« Sie machte eine eindeutige Handbewegung, bei der Jeanne errötete und verschämt nickte.
»Kein Grund zu erröten, denn schließlich werden andere Dinge in unsere Körper geführt, oder nicht?«
Jeanne hüstelte. »Ja.«
Die Engländerin füllte die Hälfte des Phioleninhalts in eine kleine Flasche und stellte sie mit einem Schwamm zur Seite. Dann griff sie nach dem Tuchgewirk. »Das hier war auch neu für mich. Larissa, meine Freundin, sagt, dass es sich um eine spezielle Mischung aus Wolle und Blättern der Trauerweide handelt. Vor Gebrauch träufelt man den Saft der Trauerweide darauf.« Sie tippte auf die andere Phiole.
Skeptisch beäugte Jeanne das raue Gemisch aus Wolle und Blättern und schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht.«
»Dann versucht das hier. Es soll wahre Wunder wirken.« Lady Dousabella nahm den Granatapfel in die Hand und zeigte auf einen Tiegel. »Das Fruchtfleisch des Granatapfels wird mit Alaun gemischt und eingenommen. Larissa spricht von einer regelmäßigen Einnahme über längere Zeit und fand die Wirkung überraschend zuverlässig. Der einzige Nachteil ist, dass die Ingredienzien teuer und selten sind.«
»Was ist Alaun?« Neugierig öffnete Jeanne den Tiegel und musterte die pulverige Substanz.
»Eine Art Salz aus Mineralien. Ihr könnt es in gut sortierten
Apotheken kaufen, aber fürs Erste gebe ich Euch von meinem Vorrat.«
»Ich kann das nicht annehmen! Zu tief schon stehe ich in Eurer Schuld, und ich verfüge kaum über eigene Mittel«, wehrte Jeanne die Großzügigkeit ihrer Freundin ab.
»Ah, papperlapapp! Ihr nehmt es und spielt auf einem meiner Feste für mich. Dann kann ich mit Euch angeben! Man spricht bereits in den höchsten Kreisen von der schönen Lautenspielerin, die mit ihrer Musik die Zuhörer verzaubert. Seid gewiss, dass Ihr von der Königinmutter eingeladen werdet, sobald der Hof wieder in Paris ist.«
Jeanne sah zu, wie Lady Dousabella die Utensilien geschickt in Papier wickelte und in einen Lederbeutel steckte. Sie würde keinen Ehebruch begehen, denn sie kannte die äußerst strengen Bestrafungen durch das consistoire . Aber sie wollte auch keine Kinder von Cosmè, der sich mit anderen Frauen vergnügte. Er tat ihr keine Gewalt an, doch sobald er sie berührte, versteinerte sie innerlich wie äußerlich. Während Cosmè sich auf ihr abmühte, sah sie die verzerrte Fratze von Franz vor sich, was bewirkte, dass sie sich noch mehr verkrampfte und vor Schmerz am liebsten geschrien hätte. Doch sie tat, was von einer fügsamen Ehefrau erwartet wurde, und biss die Zähne zusammen. Jeanne nahm den Granatapfel in die Hand und strich über die pralle rote Haut. Sie seufzte und dachte an Gerwins sanften Kuss.
25
Jeanne trat aus der Apotheke und winkte Guillemette und Pierre, die an eine Hauswand gelehnt auf sie warteten. Ein Blick zum wolkenverhangenen Himmel drängte zur Eile. Sie waren zwei Querstraßen von ihrem Heim entfernt, der Louvre befand sich in Sichtweite,
Weitere Kostenlose Bücher