Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Lautenspielerin - Roman

Die Lautenspielerin - Roman

Titel: Die Lautenspielerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
Vom Netzwerk:
Heeres hatten die Städter nichts entgegenzusetzen. Das einst-mals
prächtige Cluniazenser-Priorat, welches La-Charité-sur-Loire, am Pilgerweg nach Santiago de Compostela gelegen, bekannt gemacht hatte, war bereits vor elf Jahren den Kriegswirren zum Opfer gefallen. In den Resten der Kirche Sainte-Croix Notre Dame hatten sich einige Mönche eingerichtet, die das wenige, was sie hatten, mit den ausgehungerten Soldaten teilten. Als Gerwin und Hippolyt die Ordensbrüder beim Verteilen von Brot und Früchten beobachteten, murmelte Gerwin in seinen Bart: »Was tun wir eigentlich? Erst zerstören wir ihr Gotteshaus, im Gegenzug schlachten sie unsere Glaubensgenossen ab, und jetzt geben sie uns ihre letzten Brotkrumen?«
    Hippolyt, der bereits vom Pferd gestiegen war und sich sein malträtiertes Hinterteil rieb, sagte: »Saevit amor ferri et scelerata insania belli, ira super . 28 «
    »Blasphemie! Aus deinen Worten spricht Blasphemie!«, schnarrte Martial, der lange Prediger, und streckte die knochige Hand nach ihnen aus. Der Hunger hatte ihn noch weiter ausgezehrt, so dass er sich nur mit Mühe den Hügel zum erhaltenen Westturm hinaufschleppte.
    »Schau dich um, Mann Gottes, und sag mir, dass das, was du siehst, gut ist!« Hippolyts Stimme war scharf und verfehlte ihre Wirkung nicht.
    Tatsächlich blieb Martial stehen und folgte Hippolyts Aufforderung. Vor ihnen ersteckten sich die einst fruchtbaren Felder des Loire-Tals, die verwüstet oder bereits vor der Zeit abgeerntet waren. Entlang des Flusses lagerten die Soldaten, teilweise zu erschöpft, um sich in die kühlenden Fluten zu werfen. Die Bewohner von La Charité hatten bereits einen Vertreter aus ihrem Rat entsandt, der das Schlimmste verhindern sollte, denn die Truppen hatten die Stadt bereits vor wenigen Monaten heimgesucht.
Die große, hagere Gestalt des Admirals stand neben dem Prinzen von Navarra vor dem händeringenden Ratsherrn. Sie konnten nicht hören, was gesprochen wurde, doch die Mienen der Männer sprachen für sich, und es war abzusehen, dass die Städter die Truppen ein zweites Mal verfluchen würden.
    Hippolyt löste die Schnallen am Sattel seines müden Gauls und ließ das Tier grasen. Dann hängte er sich seine Medizintasche um, und Gerwin griff sich die beiden Lederbeutel und ein sauberes Messer. »Wir kümmern uns jetzt um die Kranken. Verteil du nur weiter gute Worte, Martial, das wird dem Herrn gefallen.«
    »Ihr solltet das hier lesen, dann wüsstet ihr auch wieder, worum es in diesem großen Krieg geht!« Wütend zog der Prediger ein schwarzes Büchlein aus seinem zerschlissenen Wams und fuchtelte damit vor Hippolyts Nase herum. »Hier drinnen findet ihr die Briefe großartiger gläubiger Hugenotten! Männer, die selbst in tiefster Not, in Gefangenschaft und unter der Folter unseren Glauben nicht verleugnet haben, die fröhlich als Märtyrer für uns in den Tod gegangen sind!«
    »Fröhlich! Dass ich nicht lache …«, schnaubte Gerwin.
    Martial hielt nun auch ihm das Buch vor. »Heimliche Briefe, von Crespin veröffentlicht, womit er sein Leben riskiert! Das sind Zeugnisse wahren Glaubens, tiefster, ehrfürchtigster Gottesfurcht!«
    »Dann lies diese wunderbaren Ergüsse doch den Männern dort unten vor«, sagte Hippolyt kühl, machte einen Schritt auf den Prediger zu und tippte auf das Buch. »Und wenn du sie damit vom Fieber heilst, dann hänge ich meine Tasche an den Nagel und werde ebenfalls Prediger.«
    Wütend kniff Martial die Lippen zusammen.
    »Und ich glaube wieder an Wunder!«, rutschte es Gerwin heraus.
    Hippolyt zog ihn am Ärmel mit sich fort. »Das reicht! Komm schon.« Seite an Seite liefen sie den Hügel zum Flussufer hinunter.
Neben einer riesigen Trauerweide, deren lange, dünne Äste ins Wasser hingen, stand ein Wagen mit offener Tür. Eine junge Frau war dabei, das Pferd aus seinem Geschirr zu befreien, was die magere Person sichtlich anstrengte. An ihrem Wagen hingen bunte Tücher, und eine zweite Frau in aufreizend geschnittenem Kleid kletterte mühsam die steile Stiege herunter. Sie war hochschwanger, was sie jedoch nicht von der Ausübung ihres Gewerbes abzuhalten schien, denn sie winkte Gerwin. Die Frauen gehörten zu jener Schar von Huren, die jedem Kriegstross folgten, gleich, welcher Konfession er angehörte. Manche verkauften nebenbei Kurzwaren, die meisten nur ihren Körper.
    »Komm doch rüber, mein Hübscher. Ich besorg’s dir, dass du …« Die schwangere Hure hielt inne, als sie Hippolyt erkannte. »Ach,

Weitere Kostenlose Bücher