Die Lautenspielerin - Roman
spricht, dann sagt es mir! Ihr werdet mir jede noch so unbedeutende Kleinigkeit aus seinem Leben berichten! Und Ihr werdet mir einen Beweis für eine Liebesnacht mit ihm bringen, den ich meiner dummen Tochter zeigen kann.«
»Ich bin eine verheiratete Frau! Mein Mann würde das niemals …«, wehrte sich Jeanne.
Katharina lachte trocken. »Euer Gatte hat nichts dagegen, dass Ihr in prächtigen Kleidern bei der Herzogin de Nemours zu Gast seid. Er ist ein Kaufmann und denkt wirtschaftlich.«
Schweigend griff Jeanne nach ihrer Laute und umklammerte das Instrument.
»Ich bin nicht undankbar, Madame. Also, bringt mir einen Beweis für eine Nacht mit Henri, der meiner Tochter ins Ohr säuselt, dass sie die einzige Liebe seines Lebens ist. Ha!«
»Eure Hoheit, ich bitte Euch inständig, verlangt das nicht von mir! Hier bei Hofe sind viele weitaus schönere Frauen, die dieser Aufgabe besser gewachsen sind als ich!«
»Ihr tut, was ich sage!« Katharina beugte sich vor und lächelte kalt. »Stellt Euch vor, ich hätte Euch gebeten, mit Böhme, Henris Diener, zu schlafen. Der Kerl ist für seine Brutalität bekannt.«
Jeanne schluckte.
»Ihr seid entlassen.«
Mit weichen Knien verließ Jeanne den Salon und folgte dem wartenden Lakaien zurück in den Festsaal. Sie fand Seraphin im
Gespräch mit Baldassarino. Die Musiker pausierten, während die Gäste sich von einer lebhaften Volta erholten, einem aufreizenden Tanz, bei welchem der Herr die Dame um die Leibesmitte packte und in die Luft hob.
»Ihr seht aus, als wäre Euch der Leibhaftige begegnet«, sagte Seraphin besorgt.
»O ja«, erwiderte Jeanne zähneknirschend. »Der Teufel ist fett und trägt ein schwarzes Kleid.« Zum ersten Mal seit langem sehnte sie sich nach den sicheren Mauern ihres Heims. Sie wollte mit ihrem Vater sprechen. »Habt Ihr Cosmè gesehen? Ich will nach Hause.«
Ihr Vater würde die Laute reparieren, sie in die Arme nehmen und alles in Ordnung bringen, ganz so wie damals im sonnigen Languedoc ihrer Kindertage. Was hätte sie dafür gegeben, die Zeit zurückdrehen zu können. Doch auch wenn das Schicksal sein launenhaftes Spiel mit ihr trieb - sie würde weiterkämpfen, bis zum Ende!
29
»Verfluchte Sümpfe!«, schimpfte Hippolyt und ließ sein Pferd halten.
Es war heiß, Fliegen, Bremsen und Mücken umschwirrten die schwitzenden Männer und Tiere. Die blutgierigen Insekten stachen und bissen und zermürbten den Tross der erschöpften Soldaten noch zusätzlich zu den Kämpfen.
»Weißt du, Gerwin, ich habe mehr Männer durch das Fieber der Sümpfe sterben sehen als durch den Krieg, und was dann noch übrig blieb, wurde von Fliegen und Maden getötet.« Resigniert überblickte Hippolyt die müden Ochsen, Maultiere und Pferde, die Fußsoldaten, die immer öfter vom Weg abkamen, bis zu den Oberschenkeln im Morast einsanken und von ihren Kameraden
mit letzter Kraft wieder auf den festen Boden gezogen wurden. »Glaubst du mir jetzt, dass es sich auszahlt, wie ein Weib zu riechen?«
Gerwin grinste, holte ein Fläschchen aus seinem Gürtelbeutel, entkorkte es und spritzte sich einige Tropfen in die Hände. Ein Duftgemisch aus Lavendel, Thymian und Salbei verbreitete sich, und die Insekten hielten Abstand. Den Rest aus seinen Handinnenflächen rieb Gerwin auf dem Pferdehintern ab. »Ich lerne nicht aus und werde dich nie wieder verlachen, wenn du mir aufträgst, mich zu parfümieren!«, sagte Gerwin.
»Usus magister est optimus . 27 «
»He, ihr Klugscheißer da vorn! Bewegt euch! Wir wollen hier keine Wurzeln schlagen!«, schrie ein schwäbischer Söldner hinter ihnen.
»Die Herren Doktoren auf ihren Gäulen palavern, und wir krepieren im Schlamm!«, fluchte ein anderer Söldner, stieß seinen Spieß in den Boden und sprang dicht hinter Gerwins Pferd, so dass dieses vor Schreck einen Satz nach vorn machte.
»Schon gut.« Mit Mühe hielt Gerwin sein Pferd auf dem Weg und war froh, als sie ihren Lagerplatz erreicht hatten. In dieser Nacht starben über zwanzig Männer am Fieber, weitere zehn erlagen ihren Verwundungen, von den Kranken und Verletzten ganz zu schweigen.
Die protestantischen Truppen von Admiral Coligny hinterließen verbrannte Erde und Herzen voller Hass bei den Bewohnern des Loire-Tales, und so war es nicht verwunderlich, dass sich die Bewohner des idyllischen Städtchens La-Charité-sur-Loire anfangs weigerten, die Truppen aufzunehmen. Der Übermacht des zwar geschwächten, doch noch immer über tausend Mann starken
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