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Die Lautenspielerin - Roman

Die Lautenspielerin - Roman

Titel: Die Lautenspielerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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die Herren Ärzte. Die sind sich zu fein für unsereins.« Sie nahm einen Eimer und ging zum Fluss.
    Die andere Dirne hob den Kopf. »Was hast du gesagt, Pauline?« Ihr Französisch war gebrochen, und sie sprach mit deutschem Akzent.
    Erschüttert blieb Gerwin stehen und starrte die verhärmte Frau an, die in diesem Moment aus dem Schatten trat. Wie hatte er sie nicht erkennen können? »Uda!«
    »Zum Teufel!«, fluchte sie wütend auf Deutsch und machte einen Schritt auf ihn zu, schlug sich aber die Hand vors Gesicht, als sie ihren Bruder erkannte.
    Hippolyt klopfte Gerwin auf die Schulter und ging weiter. »Uda!«, sagte Gerwin leiser und verstummte, so entsetzt war er über den Anblick seiner Schwester, von deren einstmals hübschem Gesicht nichts mehr geblieben war. Die hellblauen Augen waren leer und bar jeder Hoffnung. Tiefe Furchen hatten sich um Nase und Mund gegraben, nur wenige Zähne waren noch vorhanden. Über den spitzen Wangenknochen spannte sich dünne, schrundige Haut. Uda war ein Abbild ihres Lebens, der Hölle.
    »Was willst du? Scher dich weg! Ich brauch’ dein Mitleid
nicht!«, fauchte sie. Magere Arme sahen aus farblosen Lumpen hervor. Dunkle Flecken und eitrige Pusteln überzogen die Brüste. Ihr Haar war bereits ergraut und so dünn, dass die Kopfhaut durchschimmerte.
    »Lass mich dir helfen, Uda.« Er streckte eine Hand nach ihr aus, doch sie wich vor ihm zurück, bis sie mit dem Rücken an den Wagen stieß.
    Einen kurzen Augenblick funkelte sie ihn zornig an, dann sackte ihr ausgemergelter Körper in sich zusammen, und sie hockte sich auf die Erde. »Mir kann niemand mehr helfen, Gerwin.«
    Wortlos setzte er sich neben sie und nahm ein Fläschchen aus einem Beutel. »Ich bin jetzt ein richtiger Medicus, Uda, vielleicht gibt es …«
    »Nein, Gerwin!« Sie riss ihr Mieder auf und zeigte ihm den mit eitrigen Schrunden übersäten Leib, doch erst als er die Schwellungen unter den Armen und am Unterbauch sah, begriff er das Ausmaß ihrer Krankheit. Aus den Schwellungen würde stinkende Materie laufen, wenn er sie öffnete, und es wäre ohne Nutzen, denn der ganze Körper war befallen. Ihre Tage waren gezählt. Sie bedeckte sich wieder.
    »Was ist mit Franz? Hat er dich nicht geheiratet?«, fragte Gerwin und umklammerte das Fläschchen in seinen Händen.
    »Dieser Haufen Dung? Versprochen hat er mir alles, als ich ihm helfen sollte, aus Mulda fortzukommen. Anfangs habe ich das Geld für uns verdient, bis er eine Bande von Hurensöhnen fand, mit der wir Richtung Westen gezogen sind. Von den Überfällen haben wir recht gut gelebt.« Sie hustete, und Gerwin wartete, bis sie weitersprechen konnte. »Gesindel, alle miteinander. Söldnerpack, Hurenböcke! Ich habe es satt! Und dann dieses Weibsstück, das Franz nicht aus seinem verfluchten Schädel bekommt. Er hat sie gehabt. Ich weiß nicht mehr, wo wir da waren. Immer hat er von ihr gesprochen und sie verflucht, sie sei an allem schuld, dass sie ihn aus dem Haus geworfen haben und alles! Ihm hätte
die Werkstatt vom Froehner einmal gehören sollen!« Ihre blassen Augen waren blicklos auf ihre kaputten Hände gerichtet. »Was hätten wir für ein Leben führen können, wenn sie nicht gekommen wäre!«
    Gerwin schluckte. Sie wusste es nicht. Seine Schwester wusste nicht, dass er Jeanne liebte. Woher auch?
    »Von wem sprichst du, Uda?«, fragte er.
    Argwöhnisch sah sie zu ihm auf. »Du hast sie doch gesehen, in Helwigsdorff. Die schöne Französin, die mit ihrem Vater gekommen ist, um den alten Froehner um sein Geld zu betrügen.«
    Er öffnete den Mund, um zu protestieren, besann sich jedoch eines Besseren. »Ja, ich erinnere mich.«
    »Franz hat gesagt, dass ihr ihm in La Rochelle das Leben gerettet habt. Hättest du nicht machen sollen, er hat es nicht verdient. Ist einfach abgehauen und lässt mich hier verrecken!«
    »Wo ist er hin?«
    »Was weiß ich! Sobald ihm klar war, dass er an mir nichts mehr verdienen kann, war er verschwunden. Hundesohn! Warum hilfst du solchem Abschaum?«
    »Wenn jemand in Not ist, darf ein Arzt seine Hilfe nicht verweigern.«
    »Ha!«, machte sie spöttisch und hustete erneut. »Und was ist der Dank?«
    »Darum geht es nicht.«
    »Ach, verflucht. Du hast dich schon immer für was Bessres gehalten.«
    »Nein, das ist nicht wahr. Ich wollte nur nie so werden wie Vater, Gott hab’ ihn selig.«
    Sie hob den Kopf. »Der alte Bock ist tot?«
    In Erinnerung an die schrecklichen Todesumstände von Friedger Pindus nickte

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