Die Lautenspielerin - Roman
Heinrich an seiner Mutter hing. Außerdem war ich bei der Autopsie dabei, und Spuren von Gift waren nicht zu finden. Johannas Lungen waren krank, und sie hatte mehrere eitrige Geschwülste, die aufgebrochen sind und letztlich zum Tode führten. Ah, dabei fällt mir ein, dass ich deine heilenden Hände benötige. Es gibt hier eine Dame, deren Haut nicht heilen will.«
Später am Abend kehrte der König samt Jagdgesellschaft aus dem Bois de Boulogne zurück. Hörner schallten durch den Louvre, Hunde bellten, Wagenräder ratterten durch die Toreinfahrten in die Höfe, und Karl sprengte wild mitten hindurch, ließ seinen Hengst aufsteigen und warf einen blutigen Tierkadaver in die Hundemeute.
Gerwin stand neben Seraphin an einem der offenen Fenster im ersten Stock und beobachtete das abstoßende Treiben des Königs. »Er sieht krank aus. Schau, wie er hustet! Jede Anstrengung bringt ihn seinem Ende näher. Sagen ihm das denn seine Ärzte nicht?«
Seraphin lehnte im Fensterrahmen. »Natürlich, aber sie stoßen
auf taube Ohren und einen bornierten und nicht sehr regen Geist. Seine neueste Leidenschaft gilt jetzt Admiral Coligny!«
»Wie das?«
»Der Admiral ist ein schlauer Bursche und hat sich das Vertrauen des Königs erworben, indem er ihm den Floh vom Flandernfeldzug ins Ohr gesetzt hat. Er flüstert ihm täglich zu, dass er ein rechter Mann und König wäre, wenn er die Spanier aus Flandern vertriebe. Karl nennt Coligny ›meinen Vater‹!«
Wie aufs Stichwort brüllte Karl unten: »Wo ist mein Vater? Ich will ihn sehen!«
Die Höflinge warfen sich konsternierte Blicke zu, denn die Neigung des Königs für den fanatischen Hugenottenführer musste den Katholiken und allen voran den Anhängern der Guisen übel aufstoßen.
Auf dem Gang hinter ihnen kam Bewegung in die träge Gesellschaft. »Ah, hier finde ich Euch!«
Der Bruder des Königs, der Herzog von Anjou, trat mit seinem Gefolge hübscher Edelmänner und einem Rudel weißer Zwerghunde zu ihnen. Vertraulich beugte er sich zu Seraphin und sagte verschwörerisch: »Und wer ist dieser Jüngling, den Ihr mir vorenthalten habt?«
»Gerwin gehört zu Navarras Leibärzten, Hoheit.«
»Ah.« Anjous Interesse sank merklich. Dann fiel sein Blick in den Hof, wo sein Bruder abgestiegen war und die Hunde anstachelte, die sich um die blutigen Fleischfetzen rissen. »Abstoßend! Auswurf!« Wen er damit meinte, war unmissverständlich. »Kommt, meine Hübschen!« Edelmänner und Zwerghunde folgten der Aufforderung und hinterließen eine Wolke süßlichen Parfums und eine Lache Hundeurin.
»Der Hass zwischen Karl und Anjou ist beidseitig«, erklärte Seraphin mit einem Achselzucken. »Hippolyt will dich zu einer Konsultation mitnehmen. Er wartet an der großen Treppe auf dich. Ich bringe dich hin.«
»Da finde ich allein hin!«
»Das weiß ich, aber ob du lebend ankommst, ist die Frage.« Seraphin führte seinen Freund durch einen der verwinkelten Seitentrakte des Louvre, vorbei an dunklen Ecken, in denen sich Meuchelmörder oder Liebespaare verstecken konnten. Hinter einer der vielen Türen klirrten Degen aufeinander.
Gerwin sah zu einem Wächter, der teilnahmslos auf seinem Schemel hockte. »Sollte man ihn nicht auf die Waffengeräusche hinweisen?«, fragte Gerwin.
»Besser, wir passen auf uns selbst auf. Da vorn ist Hippolyt. Ich habe noch eine Verabredung, mein Freund. Aber morgen nehmen wir uns Zeit. Dann musst du mir berichten, wie es dir ergangen ist, und ich will jedes Detail wissen.« Er küsste Gerwin auf die Wangen und eilte mit seinem federnden Gang davon.
Hippolyt trug einen leichten Umhang und seine Tasche. »Hier entlang. Die Dame empfängt nur heimlich, denn das Leiden zerstört ihren Hals, und sie fürchtet nun um ihr Gesicht.«
»Hat sie Schrunden? Oder Beulen? Einen Jungen aus dem Gesinde von Eli habe ich wegen seiner Warzen an den Beinen kuriert. Eli hat mich übrigens nach Michel gefragt!«
»Hm, ja, nachher.« Hippolyt klopfte leise viermal in einem bestimmten Rhythmus an eine Tür und trat dann ein.
Der Mond schien durch das Fenster auf ein Baldachinbett, einen runden Tisch und zwei Sessel. Als sie näher traten, löste sich aus dem Dunkel hinter dem Bett eine verhüllte Frauengestalt.
»Bitte, Madame, das ist der junge Medicus, von dem ich sprach. Wenn Ihr ihn die kranke Stelle sehen lassen wollt?«, sagte Hippolyt.
Die Frau schlug die Kapuze zurück, und Gerwin erstarrte. »Jeanne.«
Hippolyt beugte sich über seine Tasche, als
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