Die Lautenspielerin - Roman
eine Schüssel. Dann werde ich es mir ansehen. Gerwin, wir müssen sie waschen, und sie muss viel frisches Wasser trinken.«
Martin brachte, wonach die Ärzte verlangten, und Seraphin hielt ihnen die Schüssel mit dem bunten Schal zur Begutachtung vor. Hippolyt hob das Gewebe mit der Dolchspitze an, hielt es ins Licht und schüttelte es leicht. »Kein Pulver«, murmelte er. »Ich brauche ein Stück Papier.«
Martin legte einen Bogen auf das Bett. Mit dem Dolch hob Hippolyt das Tuch auf und ließ den federleichten Seidenstoff auf das Papier sinken. Als er es wieder aufhob, waren kleine Flecken zu sehen, als hätte jemand ein Stück fettiges Brot fallen lassen.
»Was ist das?«, fragte Gerwin und wollte mit dem Finger über das Papier fahren.
»Nicht!« Hippolyt packte seine Hand. »Das Tuch wurde mit giftigem Öl getränkt. Riech mal!«
Gerwin schnupperte an dem Tuch und nahm einen herben Geruch wahr. »Wacholder? Aber der ist nicht giftig.«
Seraphin benetzte vorsichtig die entzündete Haut Lady Dousabellas und schluchzte: »Wird sie es überstehen?«
»Ich denke, ja. Es sieht schlimmer aus, als es ist«, beruhigte Hippolyt ihn. »Mit dem Wacholder liegst du nicht ganz falsch, Gerwin. Es handelt sich um einen Verwandten des heilkräftigen Wacholders, den giftigen Sadebaum, Juniperus sabina . Äußerst selten, und ich frage mich, wer sich solche Mühe macht … Ist sie nicht eben erst aus Vignay zurückgekehrt?«
»Ja, sie war bei Michel«, sagte Seraphin.
»Nun, das wäre ein Grund«, murmelte Hippolyt und zog an seinem Spitzbart.
Seraphin war mit dem Säubern der Haut fertig und rieb nun die eigene Hand ab, auf der ebenfalls zwei große Blasen zu sehen waren.
»Wie fühlst du dich?«, fragte Gerwin mit Blick auf die mit Flüssigkeit gefüllten Blasen.
»Ah, mir geht es gut.«
»Die Blasen werden wir öffnen müssen. Das Sekret muss abfließen, damit die Haut heilen kann. Siehst du die schwarzen Stellen, Gerwin?« Hippolyt holte Fläschchen und scharfe Messer hervor und breitete sie auf dem Bett aus.
»Die Haut scheint abzusterben.«
»In Konstantinopel habe ich einen Hirten behandelt, der von einer Schlange gebissen worden war. Er hat überlebt, aber ihm ist der Fuß abgefault. Die Haut sah genauso aus wie die Stellen dort. Es bleibt uns also nichts, als alles faule Gewebe herauszutrennen. Die Lady ist ansonsten eine gesunde Frau, und ihr Körper wird neue Haut bilden.« Hippolyt krempelte seine Ärmel auf und bestrich die gesamte rote Hautpartie mit einer verdünnten Tinktur. »Eine Pflanze aus der neuen Welt. Sie nennen sie Zaubernuss, und ich finde sie wirksam beim Reinigen von Wunden und bei Hautveränderungen. Ich schneide jetzt die Blasen auf, und du machst dasselbe bei Seraphin. Dann hilfst du mir bei den schwarzen Stellen.«
Sie arbeiteten schweigend Hand in Hand, als wären sie erst
gestern gemeinsam mit Navarras Soldaten ins Feld gezogen. Als Seraphins Hand verbunden war, sagte der: »Wir sollten ihn nicht wieder fortlassen, nicht wahr, Hippolyt? Er macht seine Sache sehr gut.«
Hippolyt nickte nur, denn er konzentrierte sich auf einen Schnitt oberhalb des Brustansatzes. »Wenn es zu stark blutet, musst du sofort nähen, Gerwin.«
Gerwin legte Nadel und Faden kurz in eine Ringelblumentinktur und beobachtete den erfahrenen Hippolyt bei seiner Arbeit. An zwei Stellen waren je drei Stiche notwendig. Schließlich bandagierten sie den Oberkörper. Während der gesamten Prozedur hatte Lady Dousabella nur den Kopf hin- und hergedreht, die Augen jedoch nicht geöffnet. »Warum spürt sie die Schmerzen nicht?«, fragte Gerwin.
»Das Gift lähmt und betäubt die Haut. Hätte sie den Schal auf den Arm gelegt, wäre es weniger arg geworden, doch so konnte das Gift durch die Haut zum Herzen vordringen. Seraphin, sorg dafür, dass sie viel Wasser trinkt, sobald sie aufwacht.«
Die Ärzte wuschen sich die Hände und tranken einen Becher Wein, der von Martin bereitgestellt worden war.
»Warum wäre ihr Besuch bei Michel ein Grund, Lady Dousabella etwas anzutun?« Auch von Eli hatte Gerwin nur wenig über Michel de l’Hôpital, den ehemaligen Kanzler Katharina de Medicis, erfahren.
»Derzeit stehen die Zeichen wieder auf Krieg, jedenfalls von Seiten der Guisen und der Konservativen. Die Hochzeit zwischen Heinrich und Margot erhitzt die Gemüter mehr als geplant. Ich befürchte, Katharina hat ihre Gegner unterschätzt«, seufzte Hippolyt. »Michel war lange Jahre ihr Kanzler und Berater, und er hatte
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