Die Lautenspielerin - Roman
es mit seinen liberalen Ansichten von Anfang an nicht leicht. Zuerst hat das Blutbad von Vassy seinen Erfolg mit dem Edikt von 1562 zunichte gemacht. Auf Druck der Guisen und des päpstlichen Legaten zog sich Michel danach das erste Mal aus der
Politik zurück. Nach dem Frieden von Amboise rief Katharina ihn wieder an den Hof, und er wirkte erneut auf eine tolerante Religionspolitik hin. Michel hat viel für die Rechte der Protestanten in Frankreich getan.«
Lady Dousabella hustete und öffnete die Augen. Mit den Verbänden, die an manchen Stellen bereits durchbluteten, bot sie einen bemitleidenswerten Anblick.
»Bleibt liegen, Mylady!«, sagte Hippolyt und trat an ihr Lager.
Seraphin saß auf der anderen Seite und strich ihr über Stirn und Haare. »Es ist alles gut gegangen, meine Liebe.« Er gab ihr Wasser zu trinken.
Müde flüsterte sie: »Es war der Seidenschal, nicht wahr? Er wurde gestern Abend geschickt, in einer Schachtel von Veuillot. Das Geschenk eines Verehrers, stand darauf.« Ihre Augenlider flatterten. »Ich habe ihn kurz umgelegt und dachte noch, wie seltsam, dass er sich so ölig anfühlt. Aber dann kam Seraphin, und ich legte ihn zur Seite.«
Hippolyt nickte. »Das passt zusammen, denn die Wirkung des Giftes setzt nicht sofort ein. Wir können nachfragen, wem Veuillot den Schal verkauft hat, aber ich hege wenig Hoffnung, dass uns das weiterbringt.«
Lady Dousabella verzog schmerzhaft das Gesicht, als sie mit den Fingern den Verband betastete. »Es war eine Warnung. Sie hätten mich getötet, wenn sie gewollt hätten.«
»Wer sind die?«, fragte Gerwin ungeduldig.
»Henri de Guise, sein Bruder, Gaspard de Saulx, Luigi di Gonzaga und viele andere. Darunter auch der neue Kanzler, Birague. Katharina hat diesen und noch zwei ultrakatholische Italiener in den königlichen Rat berufen. Es sieht so aus, als gehe sie nun ganz von ihrem Toleranzkurs ab!«, sagte Hippolyt.
»Michel befürchtet großes Unheil, denn seit kurzem verschließt sich Katharina allen unseren Vorschlägen. Sie empfängt mich nicht mehr!«, sagte Lady Dousabella mit brüchiger Stimme.
»Das letzte Mal sah ich sie umgeben von ihren Zwergen und den Hunden, und sie fraß wie ein Schwein! Gleich danach ließ sie sich ein Klistier geben, und wir Hofdamen konnten mit ansehen, wie sie rülpste und sich erleichterte! Es kam mir so vor, als wolle sie uns - Walsingham und drei Niederländer waren ebenfalls dort - richtiggehend demütigen.«
»Das klingt gar nicht nach Katharina. Sie hat mich doch extra gerufen und sich mit mir über die Vorschläge Michels unterhalten!«, meinte Hippolyt und fügte an Gerwin gewandt hinzu: »L’Hôpital ist Katholik, setzt sich aber für eine Politik der liberalen Mitte ein, man nennt ihn und seine Anhänger die politiques .«
Gerwin hob die Brauen. »Du gehörst zu diesen mysteriösen politiques ?«
»Oh, die politiques sind kein Geheimnis, aber es scheint, als wären wir dabei, in Ungnade zu fallen.« Hippolyt rief nach Martin, der draußen mit Kreyfuß wartete.
»Martin, wer hat gestern das Paket von Veuillot gebracht?«
»Ein Straßenjunge. Den finden wir nicht wieder.«
»Das dachte ich mir«, sagte Hippolyt. »Es wird Zeit, dass Heinrich nach Paris kommt. Mittlerweile denke ich, dass Katharina ihn absichtlich nach Madrid verbannt hat. Nicht um ihn zu schützen, sondern um hier ihre Intrigen zu spinnen. Haben wir uns alle von der Medici an der Nase herumführen lassen?«
In den Köpfen der Anwesenden formte sich der schier unvorstellbare Gedanke, dass die Heirat vielleicht nur ein Vorwand für eine Abrechnung mit Vassy war, dass die Anführer der Hugenotten und die vielen hundert hugenottischen Edelleute nur aus einem Grund nach Paris beordert worden waren - um sich ihrer endgültig zu entledigen. Und weil alle denselben grauenvollen Gedanken von einem in Blut ertrinkenden Paris hatten, legte sich eine erdrückende Stille über den Raum.
»Nein!«, brach Hippolyt das Schweigen. »Nein, das würde sie nicht tun!«
37
Jeanne saß mit anderen Hofdamen im Tageszimmer der Königinmutter und spielte ein Volkslied aus dem Languedoc. Mit geschlossenen Augen zupfte sie die traditionelle Melodie und gab sich den glücklichen Momenten der vergangenen Nacht hin. Die kläffenden Hunde, das Tuscheln der Hofdamen und das alberne Plärren der Zwerginnen waren nur eine Geräuschkulisse. Nach dem Tod von Königin Johanna, dieser ernsten und mit sich und dem Leben strengen Frau, hatte Katharina sie als
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