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Die Lautenspielerin - Roman

Die Lautenspielerin - Roman

Titel: Die Lautenspielerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Kopf, dass es klingelte. »Ihr seid lustig, glaubt, dass jeder dort hereinschneien könne, wie es ihm beliebte? Wer seid Ihr denn?« Er hüpfte um sie herum. »Kein Baronesschen, kein Komtesschen, wie? Dann bleibt Euch nichts, als auf eine Einladung zu warten. Ich tät’ Euch gerne einladen, hübsches Fräulein. Was gebt Ihr mir dafür?« Mit ausgestreckten Armen vollführte er einen merkwürdigen Tanz.

    »Ach hör doch auf, du komischer Kauz!« Von einem Fenster sah sie hinunter in den großen Schlosshof, wo prächtige Kutschen einfuhren. Mit einem Schuh war sie in etwas Glitschiges getreten. Ausgespuckter Tabak, wie sie mit einem Blick nach unten feststellte. Seit das Kraut durch einen gewissen Petrus Marthyr vor wenigen Jahrzehnten aus Haiti nach Europa gelangt war, hatte sich der Konsum der seltsamen Pflanze über Frankreich und Spanien bis nach Deutschland ausgebreitet. Jeanne fand, dass das Ausspucken von gekautem Tabak eine Unsitte war.
    »Darf ich Euch behilflich sein?«
    Sie fuhr auf und wäre ausgeglitten, hätte Gerwin sie nicht gepackt. Für einen Moment berührten sich ihre Körper, und Jeanne fühlte seine angespannten Muskeln und nahm den Duft seiner Haut wahr. Verlegen räusperte sie sich, ergriff das angebotene Taschentuch und rieb sich den Seidenschuh sauber. »Danke.«
    »Bitte, es ist mir eine Freude, Euch dienen zu können.«
    Sie lächelte schief. »Mit Euch ist eine große Wandlung vorgegangen, Junker Welf.«
    »Jeanne, ich muss Euch etwas sagen.« Er griff nach ihrer Hand.
    Jeanne atmete schneller. »Was seid Ihr, ein Tagelöhnerssohn oder ein Junker? Sagt es mir, Gerwin!«
    »Ich«, begann er, und seine dunklen Augen umfingen sie mit einem Ausdruck sehnsuchtsvoller Verzweiflung. »Kein Junker, aber …«
    Enttäuscht entzog sie ihm die Hand und machte einen Schritt nach hinten. Dabei stieß ihre Laute gegen das Fenstersims, und der Resonanzkörper hallte unter den Saiten.
    »Jeanne?«, rief ihr Vater über die Köpfe einiger Damen hinweg, die sich neugierig umdrehten.
    »Ich bin hier!«, rief Jeanne und fuhr Gerwin an: »Warum seid Ihr kein Junker?«
    Verwirrt starrte Gerwin sie an. Er suchte noch nach der richtigen Antwort, als Endres in Begleitung von Cosmè Paullet und
dem kurfürstlichen Leibarzt Kaspar Peucer zu ihnen trat. Jeanne beeilte sich zu sagen: »Darf ich Euch den Junker Welf …« Hier stockte sie verlegen.
    »Welf von Rechberg«, sagte Gerwin und verneigte sich.
    Der Leibarzt, bei dem es sich um den schwarz gekleideten Herrn handelte, den Jeanne mit ihrem Vater gesehen hatte, runzelte die Stirn. »Rechberg? Seid Ihr mit Jerg von Rechberg verwandt oder den Rechbergs aus dem Osten?«
    »Jerg steht mir am nächsten.« Und das war nicht einmal gelogen, dachte Gerwin.
    Cosmè Paullet reichte Jeanne seinen Arm. »Man darf Euch wirklich keine Sekunde aus den Augen lassen, aber so viel Schönheit und Talent erregen naturgemäß Aufmerksamkeit.«
    Plötzlich schrie jemand auf, und die Damen, die eben noch schwatzend die Köpfe zusammengesteckt hatten, wedelten sich Luft mit Fächern und Taschentüchern zu. Eine winkte dem Leibarzt. »Bitte, kommt rasch her! Es gab einen Zwischenfall!«
    »Wo?«
    Eine ältere Dame mit doppelreihigen Halsbändern und aufwendigem Federschmuck auf dem Hütchen deutete in einen Raum zu ihrer Linken. »Vor dem grünen Gewölbe ist jemand zusammengebrochen.«
    Der gesamte Hof schien sich neugierig auf den Ort des Zwischenfalls zuzubewegen, und auch Jeanne, Endres, Cosmè und Gerwin folgten Peucer. In einem etwa fünf Meter langen Durchgang zu einem großen, grün und weiß dekorierten Saal mit gewaltigem Tonnengewölbe lag eine Dame in schwarzer Robe auf dem Boden. Neben ihr kniete eine jüngere Frau, anscheinend ihre Bedienstete.
    Gerwin erschrak und hielt sich hinter Jeanne und Paullet. Die ohnmächtige Frau am Boden war Elisabeth von Alnbeck und die jüngere ihre Zofe Adelia. Peucer kniete sich neben sie und betastete Handgelenke und Hals. Dann hielt er einen kleinen Spiegel
über ihren leicht geöffneten Mund und stand schließlich mit düsterer Miene auf. »Sie ist tot.«
    Ein Raunen ging durch die Menge, einige Damen fielen in Ohnmacht. Gerwin beobachtete, wie der Arzt sich erneut über die Tote beugte und an deren Mund schnupperte. Adelia warf theatralisch die Hände vors Gesicht und weinte. »Ich muss den Herrn holen! Erst der Sohn und jetzt seine Frau!« Sie rannte davon.
    Peucer zupfte an seinem Bart, bevor er einige Diener herbeirief, welche die

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