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Die Lautenspielerin - Roman

Die Lautenspielerin - Roman

Titel: Die Lautenspielerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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bin, Euch die genaue Funktion dieses wundersamen Instruments zu erläutern.«
    »Ihr seid allzu bescheiden, werter Cosmè!«, sagte Endres, und Jeanne konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass ein stillschweigendes Einvernehmen zwischen den beiden Männern herrschte, und das konnte nur einen Grund haben.
    Schmallippig meinte sie daher: »Ich würde mir gern die Gemälde ansehen. Technische Dinge übersteigen den beschränkten weiblichen Horizont.«
    Zur kurfürstlichen Gemäldesammlung zählten »Die heilige Barbara« des Venezianers Jacopo de’ Barbari, »Die heilige Katharina« des Niederländers Hans Bol und Angelo Bronzinos Porträt
des Cosimo de Medici, vor dem Jeanne verharrte. Das Gemälde zeigte den Herzog in kriegerischer Rüstung, das markante Gesicht mit den großen Medici-Augen vom Betrachter abgewandt. »Der Herzog sieht aus wie ein Mann, der weiß, was er will, und es durchsetzt. Ein schöner Mann«, sagte Jeanne provozierend.
    »Die Zeit drängt, wir sollten uns auf den Weg machen«, entschied Cosmè, ohne auf ihre Worte einzugehen.
    Jeanne begriff in diesem Moment, was ihr an Cosmè missfiel. Es war genau diese Überheblichkeit, die sie abstieß. Er behandelte sie wie ein kostbares Kleinod, mit dem man sich schmückte und um das man sich bemühte, doch er hörte nicht zu, wenn sie sprach, oder er hörte nur, was ihm gefiel. Sie musste unbedingt unter vier Augen mit ihrem Vater sprechen.

12
    »Grundgütiger!«, murmelte Gerwin und rang die Hände. Die Worte des kurfürstlichen Leibarztes, die bläulich verfärbten Lippen der Toten und das absonderliche Gebaren der Zofe ergaben ein Bild, das ihm ganz und gar nicht gefiel. Ohne auf die Rufe zu achten, die ihm folgten, während er blindlings durch die verzweigten Gänge der weitläufigen Schlossanlage rannte, suchte er nach dem Theater.
    Der Schweiß lief ihm die Schläfen hinunter, und der Degen schlug beim Laufen gegen seinen Oberschenkel, so dass er ihn dauernd zurückschieben musste. Das Leben eines Edelmanns war weitaus schwieriger, als er es sich je erträumt hätte, und fast sehnte er sich nach den ruhigen Tagen als Lehrling in Helwigsdorff zurück. Man hatte ihnen Nachricht gebracht, dass Alnbecks Leute das Haus geplündert und niedergebrannt hatten. Die wertvollen Bücher und all die Heilmittel, die sie in mühevoller Arbeit hergestellt hatten, waren verloren.

    »He, pass doch auf!«, schrie ein Mann mit schwarzer Schaube und Barett, doch Gerwin rannte weiter.
    »Gerwin«, flüsterte leise eine Frauenstimme.
    Gerwin drehte sich schwer atmend um seine Achse. »Jeanne?«
    »Hier, hinter der Säule.«
    Dann entdeckte er den dunklen Rock, und in der Hoffnung, es handle sich um Jeanne, trat er näher. Doch nicht die schöne Lautenspielerin hatte ihn gelockt, sondern Adelia. Ihr Gesicht war bleich, die Augen dunkel und der Blick entschlossen. Wäre sie keine Frau gewesen, hätte er seinen Degen gezogen und sie zu einem Geständnis gezwungen. Doch die Dinge waren kompliziert.
    »Gerwin - oder sollte ich Euch Junker Rechberg nennen?«, fragte sie kühl.
    Sie trug ein schwarzes Kleid mit weißem Spitzenbesatz und kleinem steifen Kragen. Ein perlenbesticktes Musselintüchlein zierte ihre Frisur, sie wirkte sittsam und ganz wie die um ihre Herrin trauernde Zofe. Er sah auf ihre Hände, die gerötet und mit Blasen überzogen waren. Als sie seinen Blick bemerkte, verschränkte sie sie ineinander. »Hast du noch nie Brennnesseln gepflückt?«, zischte sie aggressiv.
    Er musste die Wahrheit wissen. »Adelia, würdest du auf die Heilige Schrift schwören, dass du nichts mit dem Tod deiner Herrin zu tun hast?«
    Ihre Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Wahrlich, Gerwin, ich habe mich in dir getäuscht. Du bist ein selbstgefälliger grüner Junge, der nichts versteht vom Leben. Deine Frage ist anmaßend! Ich habe dich angesprochen, weil ich dachte, dass wir dort wieder anknüpfen könnten, wo wir auf Dörnthal aufgehört haben. Aber anscheinend hast du schnell einen anderen Blütenkelch gefunden, den du mit deinem Stachel beglücken kannst!«
    Ein männlicher Hofzwerg steckte neugierig den missgestalteten Kopf um die Säule. »Was wird da getuschelt? Sagt es dem Olberich, auf dass er es weitertrage von Ohr zu Mund.« Krallenartige
Hände umklammerten den Stein. »Kommt schon, erfreut den Hof mit fama , denn davon leben wir!«
    »Scher dich fort!«, fauchte Adelia.
    Zwerg Olberich verzog das überlange Gesicht zu einer grotesk traurigen Maske.

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