Die Lautenspielerin - Roman
schicksalhaften Zufall also trifft die königliche Armee auf einen Vortrupp mit Condé. Die Hugenotten sind an Zahl unterlegen, und Condé wird gefangen genommen. Als Wehrloser wird er vom Grafen von Montesquiou mit einem Pistolenschuss ins Gesicht getötet. Ehrlos! So ist dieser Krieg. Scharmützel
folgt auf Scharmützel, hier ein Dorf, dort eine Stadt, so geht es seit Jahren!« Der Freiherr nahm einen tiefen Zug aus seinem Becher und stellte ihn geräuschvoll auf den Tisch.
»Anjou hat sich natürlich feiern lassen für seinen Sieg, doch Coligny konnte sich mit den Truppenresten nach La Rochelle retten, wo er zusammen mit Heinrich von Navarra ausharrt. Jede eingenommene Stadt ist wichtig und stärkt die Verhandlungsposition. Deshalb muss La Rochelle gehalten werden. Unser Freund Hinrik schreibt nun:
Nach der schmählichen Niederlage bei Jarnac haben wir unsere Wunden in der Festung geleckt. Admiral Coligny hat dem jungen Heinrich von Navarra, erstem Prinzen von Geblüt, den Oberbefehl angetragen, und er hat akzeptiert. Navarra ist noch sehr jung, doch er wird von allen geschätzt. Er ist ein guter Soldat, kein Höfling, der sich raushält und dann den Ruhm der anderen beansprucht. Eines Morgens bekamen wir hohen Besuch - der Schweiger persönlich! Wilhelm von Oranien ist ein Bär von einem Kerl, und er hat einen wilden Haufen Söldner aus dem hintersten Winkel Deutschlands an die Atlantikküste geführt. Tausend Mann lagern jetzt mit ihren Marketenderinnen in Wagen vor der Stadt, eingepfercht in Schilfhütten, oder sie hausen wie Tiere in ihren Wagen. Die Stadt hatte sich zum Empfang der Hilfstruppen nicht lumpen lassen und Lebensmittel, Schnaps und Gewürzwein verteilt, aber die Söldner sind unersättlich und brüllen, dass sie nicht kämpfen, bevor sie nicht ihren vollen Lohn ausbezahlt erhalten. Wahrlich, ich habe mich geschämt, ein deutscher Soldat zu sein!
Von morgens bis abends sind die Kerle betrunken, grölen Psalmen und Choräle und feiern Orgien. Landbewohner aus der Umgebung beklagen sich über ihr mordlustiges, schändliches Treiben. Vor nichts und niemandem haben die Söldner Respekt. Wilhelm der Schweiger hat dem Prinzen Navarra und seiner Mutter, Königin Johanna, mitgeteilt, dass er jede Verantwortung für das Verhalten seiner Männer
ablehne. Vorgestern hat die Königin ihren Schmuck verpfändet, und die Hugenottinnen der Stadt haben es ihr gleichgetan, doch es war nicht genug! Hunderttausend Écus wollen die Söldner haben!
Mein lieber Jerg, ich weiß, dass Du Dich zurückgezogen hast aus dem politischen Leben, doch wenn es möglich ist, so bitte ich Dich im Namen unserer Bruderschaft und im Namen des einen großen Gottes, sammel Geld für unsere Sache, auf dass wir diesem Gesindel die gierigen Mäuler stopfen können. Die Zustände hier spotten jeder Beschreibung! Die Stadt erstickt im Schmutz, und Krankheiten breiten sich aus. Es fehlt an anständigen Wundärzten. Viele gute Soldaten mussten schon sterben, weil sie Quacksalbern in die Hände fielen. Gebe Gott, unser guter Hippolyt wäre hier! Lieber Jerg, wenn Du weißt, wo unser Bruder steckt, erzähl ihm, dass gute Menschen seiner Hilfe bedürfen. «
Hippolyt sah auf, und Gerwin nickte. »Wann fahren wir?«
Jerg schlug mit der Hand auf den Tisch und lachte auf. »Großartiger Bursche! Du hast dich nicht in ihm getäuscht!«
»Morgen, Gerwin. Wir verlassen Berbisdorf mit dem ersten Sonnenstrahl.« Die Augen des Wundarztes leuchteten. So viel Tatendrang hatte Gerwin in seinem Meister noch nie verspürt.
Am späten Abend kehrte Seraphin aus Dresden zurück. Das Abendessen lag bereits zwei Stunden zurück, Gerwin und Hippolyt hatten ihre Habseligkeiten bereits gepackt und saßen mit Jerg bei einem letzten Schlaftrunk vor dem Kamin im Jagdzimmer.
Klirrend warf er einen Ledersack auf den Tisch. »Dreitausendfünfhundert Gulden!«, sagte Seraphin nicht ohne Stolz.
»Schönberg und seine Freunde waren großzügig. Dazu die achthundert von Raupitzsch, die wir schon haben, das ist ein beachtlicher Batzen.« Jerg, der sehr blass war und trotz des lodernden Feuers und seines warmen Mantels zu frieren schien, warf
Hippolyt einen sorgenvollen Blick zu. »Du wirst gut auf dich achtgeben müssen, mein Bruder, und brauchst bewaffneten Schutz.«
»Wie in alten Zeiten, nur waren wir da jung und rüstig, und ich konnte meinen Degen schwingen. Jetzt tun mir die Knochen weh, wenn ich zu lange im Sattel gesessen habe«, witzelte Hippolyt.
»Ich
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