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Die Lautenspielerin - Roman

Die Lautenspielerin - Roman

Titel: Die Lautenspielerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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einer jener berüchtigten Günstlinge von des Königs Bruder Henri, Herzog von Anjou?«
    »Oh, einer von den mignons ?« Jeanne kicherte, denn sie erinnerte sich an die wilden Geschichten, die man sich über das Treiben von Katharina de Medicis Söhnen, allen voran Anjou, erzählte. Anjou war eine stattliche Erscheinung mit einem Hang
zum eigenen Geschlecht, weshalb er sich stets mit einem Kreis ausgewählter junger Männer umgab, denen ähnliche Neigungen nachgesagt wurden.
    »Wart Ihr schon bei Hofe, verehrte Jeanne?«, fragte Cosmè verärgert.
    Sie schüttelte den Kopf. »Wir hatten noch nicht die Ehre.«
    »Ich nehme an, es ist schon eine Weile her, dass Euer Vater in Paris war?«
    »In der Tat, es müssen fünf oder mehr Jahre vergangen sein, seit ich in der Hauptstadt war.« Endres streckte einen Arm vor, um die Theorbe, die neben Cosmè auf der Bank stand, vor einem Sturz zu bewahren, denn die Wagenräder waren eben durch eines der zahlreichen Schlaglöcher gerollt. »Verzeiht.«
    Jeannes Laute stand neben ihr auf der Bank, und bei jedem Ruckeln legte sie den Arm auf das filigrane Instrument.
    »Dann lasst Euch die derzeitige Situation darlegen. Was auch immer die Königinmutter über Toleranz und Religionsfrieden sagt, die Wirklichkeit spricht eine andere, eine blutige Sprache, und die Katholiken sind an der Macht. König Karl ist Katholik, auch wenn er auf eine schwärmerische Art dem Admiral Coligny zugetan ist. ›Mein Vater‹ nennt er ihn und lässt sich gern vom Admiral zureden, die Zügel gegen Spanien fester in die Hand zu nehmen. Doch das wird die Königinmutter niemals zulassen, und auch die Guisen, die heimlich mit König Philipp konspirieren, werden es nicht dazu kommen lassen. Unter diesen Vorzeichen ist es löblich, seinem Glauben treu zu sein, doch genauso wichtig ist es, sich nach allen Seiten abzusichern, Kontakte zu knüpfen und die Gunst der regierenden Partei zu genießen.« Der Kaufmann strich sich über den sorgfältig gestutzten Bart. »Und weil ich um das Wohl meiner Familie besorgt bin, habe ich zugestimmt, als mein Sohn um die Hand von de Bahuets Tochter werben wollte. Sie ist Katholikin, und diese Ehe steht für das gleichberechtigte Nebeneinander der Religionen. Und …«, er
machte eine bedeutungsvolle Pause, »ich habe dadurch Zutritt bei Hofe, was sich als sehr fruchtbar für meine Geschäfte erweist. Quélus und seine Freunde sind stets begierig, die neueste Mode, die schönsten Schmuckstücke oder Exotisches aus der Fremde zu erwerben. Der Herzog von Anjou ist ein großzügiger Gönner.«
    »So ist das«, murmelte Jeanne und versuchte, sich ein Leben in Paris vorzustellen. »Denkt Ihr, es wäre möglich, dass ich bei Hofe spiele und dass Vater Aufträge erhält?«
    »Die Königinmutter und ihr Lieblingssohn, der Herzog von Anjou, sind begeisterte Förderer der Künste. Vor allem Katharina liebt das Ballett, und es werden immer Instrumente für das Orchester benötigt.« Nachdenklich betrachtete der Kaufmann seine zukünftige Gemahlin. »Ihr habt Euch sehr gut gemacht am kurfürstlichen Hof, doch gegen den Louvre ist das Dresdner Schloss provinziell und die Hofgesellschaft harmlos.« Er unterbrach sich. »Nun, angesichts dessen, was Ihr erlebt hat, ist das vielleicht übertrieben - doch lasst Euch so viel gesagt sein: Es ist ungesund, nächtens durch den Louvre zu spazieren. Solch ein Spaziergang kann tödlich enden. Bei Tagesanbruch werden die blutigen Leichen aus den Gängen fortgeschafft, ohne dass viel Aufhebens darum gemacht wird.«
    Erschrocken hielt sich Jeanne die Hand vor den Mund.
    »Übertreibt Ihr da nicht ein wenig?«, meinte Endres.
    »Keinesfalls. Ihr werdet es selbst erleben und an meine Worte denken.« Selbstgefällig lehnte Cosmè sich gegen die Rückwand. »Und jetzt wünsche ich zu ruhen. Weckt mich, wenn wir die erste Rast machen.« Der Kaufmann schloss die Augen und begann bald darauf leise zu schnarchen.
    »Vater, glaubst du, was er über den Louvre sagt?«, flüsterte Jeanne.
    »Mach dir keine Sorgen, mignonne . Du hast ganz gewiss nichts zu fürchten. Er ist umsichtig und hat die Heirat seines Sohnes klug eingefädelt. In Zeiten wie diesen ist es von Vorteil, sich mit
beiden Parteien gutzustellen. Und jetzt wollen wir auch für ein Weilchen die Augen schließen. Du hast genug durchlitten.« Liebevoll strich er ihr über die Wange und gab ihr seinen Umhang, damit sie den Kopf darauf betten konnte.
    Nicht weniger als du, dachte Jeanne, der es vorkam, als

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