Die Lava
Loch tat sich auf, und der See verschlang den Ritter und seine Kameraden. Seitdem hockte er dort unten mit seinen Spießgesellen als Helfershelfer des Teufels.
Das konnte bedeuten, dass früher auch am Landesteg des Klosters Gasblasen aufgestiegen waren, die sich die Menschen durch eine Sage erklären wollten. Heute war das nicht mehr der Fall. Schwankte vielleicht nur der Grad der Aktivität des Sees? War eine Warnung vor einem Ausbruch pure Hysterie?
Vor ihnen, in einer Kuhle des Berges, lag nun der Krater.
Der Durchmesser betrug gerade mal drei Meter, es hatte sich Wasser in dem Loch gesammelt. Es wellte sich leicht unter dem Wind, der auch die jungen Frühlingsblätter magisch rascheln ließ.
Joe kniete sich nieder und steckte einen Finger in das Wasser. Es war kalt. Einen kochenden Kraterkessel jedenfalls stellte man sich anders vor. Franziska ging neben ihm in die Hocke und zog die Stirn in Falten, dann lachte sie. »Die Angst bringt die Leute dazu, die eigenartigsten Dinge zu sehen.«
Es handelte sich nur um eine Pfütze mit Wasser, das vom Sand rot gefärbt war. In konzentrischen Schlieren trieben darauf als feine Schicht gelbe Pollen, die von irgendwelchen Bäumen stammten. Keine Lava, kein Schwefel.
»Das waren alles Fehlalarme«, meinte Franziska.
Sie rutschte, als sie sich aufrichtete, am matschigen Pfützenrand aus und drohte, in den Schlamm zu fallen. Joe sprang zu ihr hinüber, packte sie am Arm, hielt sie fest und zog sie nach hinten fort.
»So schlimm wäre das nicht gewesen«, stieß sie kurzatmig hervor, »ich wäre nur nass geworden.«
Er legte den Arm um sie und führte sie über das rutschige Laub zurück zum Weg. »Aber es musste ja nicht sein.«
Sie spürte seinen Arm um ihre Hüfte und merkte, dass sie dagegen nichts einzuwenden hatte. Sie drückte sich ein wenig enger an ihn und tat so, als bereite ihr das Gehen Schwierigkeiten.
Sein Handy klingelte. Joe ließ sie los und drehte ihr den Rücken zu. Er sprach leise, dann legte er wieder auf.
»Es tut mir leid. Ich muss leider …«
»… eben einmal kurz telefonieren und dann schnell weg«, ergänzte Franziska den Satz.
Beide lachten.
Und doch spürte Franziska ihren Ärger darüber. Sie war eifersüchtig auf wen immer, mit dem er da ständig sprach – und der ihn immer dann anrief, wenn sie sich näherkamen, als hätte er einen siebten Sinn dafür …
»Ich rufe dich an, versprochen!«, sagte Joe, während er schon ging.
»Was mache ich, wenn du dich nicht meldest?«, rief sie ihm nach.
»Dann rufst du die Polizei an und lässt mich suchen. Ich melde mich auf jeden Fall«, antwortete Joe. Im selben Augenblick verfluchte er sich dafür. Er hätte sich ohrfeigen können. Gefühlsduselei hatte ihn das sagen lassen. Er lachte, auffällig, fast einfältig. Es schien ihm besser, wenn Franziska das für einen Scherz hielt. Er stieg in seinen Wagen und fuhr los. Sie sah ihm lange gedankenverloren nach.
Weiter unten am Hang, von beiden unbemerkt, sprudelte eine neue Quelle. Ihr Wasser war siedend heiß.
Der Nordengländer nagte an seiner Unterlippe. Seine Augen irrlichterten von seinem Monitor zu MacGinnis hinüber, dann zurück zum Bildschirm. Seine Wangen verloren erst jeden Teint, verwandelten sich in teigige Flächen. Dann färbten sie sich zartrosa, dann knallrot wie ein Luftballon, wurden dann wieder blass. Aufgeregte rote Flecken huschten über das ganze Gesicht.
»Da haben wir sie!«, sagte der Nordengländer fast erleichtert, als er seine Analyse abgeschlossen hatte.
Andrew Neal stand von seinem Schreibtisch auf, trat hinter den Nordengländer, ging in die Hocke und starrte auf dessen Monitor. Ungläubig schüttelte er sein weißes Haupt. Er streckte seinen Zeigefinger aus und berührte fast die Oberfläche des Bildschirms damit.
»Die Halifax?« Dann brach es aus ihm heraus: »Es ist die Halifax!«
Der Nordengländer nickte. Das dachte er auch.
»Sind Sie sicher?«, fragte MacGinnis. »Das ist der Bomber?«
»Es kann sich nicht um einen Fehler handeln?«
»Und Sie sind sich sicher?«
Reginald MacGinnis war plötzlich aufgeregt wie ein kleines Kind.
Neal hatte mit dem Side-Scan-Sonar das Bodenrelief des Sees zwischen dem Campingplatz und der Alten Burg erfasst, um eine bereits früher entdeckte Anomalie C näher zu untersuchen. Er spürte ein kreuzförmiges Artefakt auf, zu geradlinig, um natürlichen Ursprungs zu sein.
Der Nordengländer hatte die Aufzeichnungen in seinen Computer eingespeist und eine ganze
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