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Die Lavendelschlacht

Die Lavendelschlacht

Titel: Die Lavendelschlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Thewes
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zu. Doch als ich den forschenden Ausdruck in seinen Augen bemerkte, schaute ich schnell zur Seite.
    »Ihr habt mich da übrigens gestern auf eine ausgezeichnete Idee gebracht«, sagte Bernd und legte die Modeaufnahmen weg. Er strahlte mich an. »Annette, ich hab ein ganz besonderes Bonbon für dich.« Auweia! Ich zuckte zusammen. Bernds Bonbons waren in der Redaktion verschrien. Meist entpuppten sie sich als bittere Pillen, die kein Mensch haben wollte. So auch in diesem Fall. »Wir kippen den Weihnachtsartikel in der Dezemberausgabe. Stattdessen bringen wir ein großes Hochzeitsspecial. Paare, die sich im Winter das Jawort geben. Na, was haltet ihr davon?«
    Beifall heischend schaute er von einem zum anderen.
    Was hatte ich bloß verbrochen, dass ich so hart bestraft wurde?! Ich verspürte den Drang, einen markerschütternden Urschrei auszustoßen.
    »Und was ist der Clou an der ganzen Sache?«, fragte Josch mäßig begeistert.
    »In beiden Fällen gibt’s ’ne schöne Bescherung«, warf Frauke trocken ein.
    Bernd ließ seine Hand so heftig auf den Konferenztisch sausen, dass die Kaffeetassen klirrend einen Satz machten. »Sapperlot, jetzt seid doch nicht so destruktiv. Ein bisschen mehr Begeisterung, wenn ich bitten darf. Ich habe mir das folgendermaßen gedacht: Der ganze Weihnachtszauber geht Jahr für Jahr immer früher los. Schrecklich, die Weihnachtsmänner geben sich mittlerweile mit den Osterhasen die Klinke in die Hand. Unseren Lesern kommt also im Dezember der ganze Schmus schon zu den Ohren raus. Trotzdem wollen wir ihnen was Romantisches, Festliches bieten. Was fürs Herz. Statt weiße Weihnachten eine Hochzeit in Weiß. Alle anderen Magazine bringen das im Wonnemonat Mai. Nun, wir von Diabolo sind eben anders. Wir schreiben darüber im Dezember.«
    »Was ist eigentlich aus der Drogenrazzia im Underground geworden?«, versuchte ich verzweifelt, das Steuer in letzter Minute herumzureißen. »Brandaktuelles Thema. Sollten wir da nicht lieber mal nachhaken?«
    »Die Polizei hat bei der Durchsuchung des Clubs jede Menge Steine gefunden«, klinkte Mona sich ein.
    »Nur Steine?« Der Besitz von Steinen war meines Wissens nicht strafbar. »Wollten diese bekifften Freaks einen Steingarten anlegen? Oder die Polizei verarschen?«
    »Crack, Annette. Steine bedeutet Crack.«
    »Oh.«
    Bernd grinste süffisant. Die Nummer hatte ich vermasselt. Definitiv. »Da setze ich einen unserer freien Leute drauf an, am besten Fredo. Im Gegensatz zu Annette kennt er sich in der Drogenszene aus. Vielleicht kann er uns ein paar Hintergrundinformationen besorgen.« Darauf hätte ich wetten können. Wahrscheinlich nahm der liebe Fredo das Zeug sogar selbst. Bernd machte sich ein paar Notizen. »So, und jetzt wieder zu dem Hochzeitsspecial. Josch, du weißt Bescheid, auf welche Anzeigenkunden du dich stürzen kannst. Brautmodengeschäfte, Juweliere, Floristen, Restaurants, die Hochzeitsfeiern ausrichten, und so weiter und so weiter.«
    Josch salutierte. »Aye, aye, Chef!« Ohne Josch würden wir alle am Hungertuch nagen. Diabolo lag kostenlos in Kneipen, Diskos, Geschäften und Restaurants aus. Wie die meisten Stadtmagazine finanzierte es sich fast ausschließlich durch Werbeeinnahmen, und Josch, unser Charmeur, schaffte es spielend, die Anzeigenkunden, insbesondere -kundinnen, um den Finger zu wickeln.
    »Was dich betrifft, Annette, versuch möglichst viel Gefühl in den Artikel reinzulegen. So richtig mit Herz, darf auch ruhig ein bisschen schmalzig rüberkommen. Die Drogengeschichte ist heftig genug.« Bernd lächelte selbstgefällig. »Das dürfte kein allzu großes Problem für dich sein, das Thema ist dir ja wie auf den Leib geschnitten.«
    Da war ich aber entschieden anderer Meinung!
    »Wenn es zeitlich hinhaut, kannst du vielleicht sogar eigene Erfahrungen –«
    »Entschuldigt bitte, mir ist nicht gut!«, stammelte ich, sprang auf und stürzte zur Toilette. Froh, den neugierigen Blicken entkommen zu sein, lehnte ich mich aufatmend gegen die Tür des Waschraums. Dann drehte ich den Wasserkran auf und hielt mein Gesicht unter den kalten Strahl. Mein Make-up verwandelte sich in ein fieses, schmutziges Rinnsal, bevor es schließlich ganz im Ausguss verschwand.
    Ob wohl so meine Zukunft aussah?
    Kurz darauf klapperte die Tür. Es war Mona. »Hey, Süße, was gibt’s?«
    »Frag lieber, was es nicht gibt.«
    »Doch keine Traumhochzeit in Weiß?«, fragte Mona mitfühlend und reichte mir gleich mehrere Lagen

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