Die Lavendelschlacht
Verhältnis mit einer anderen der einzige Grund, den du akzeptierst«, schimpfte Thomas zornig weiter. »Na schön, du hast es ja nicht anders gewollt, dann gebe ich es eben zu: Ja, ich habe eine Affäre. Ich habe ein Verhältnis mit Valerie. Bist du jetzt zufrieden?«
Zufrieden? Und wie zufrieden ich war! So zufrieden, wie man nur sein kann, wenn einem alles, woran man bisher geglaubt hat, wie ein Silvesterböller um die Ohren fliegt.
»Das war’s dann wohl«, sagte ich tonlos. Los, widersprich mir!, betete ich. Sag, dass alles wieder gut wird. Dass wir das gemeinsam schon hinkriegen. Dass das nur eine lächerliche kleine Krise ist. Dass die Geschichte mit dem Seitensprung ein dummer, geschmackloser Scherz gewesen ist. Völlig egal, was du sagst, erzähl mir irgendwelche Märchen, ich glaub dir alles. Bloß lass dir was einfallen!
Aber Thomas war offenbar gerade nicht in Stimmung, sich etwas einfallen zu lassen. »Ja, das war’s dann wohl.«
Meine Knie wurden auf einmal weich wie Wackelpudding, Halt suchend stützte ich mich auf dem Küchentisch ab. Mein Mund war so trocken wie die Wüste Gobi. Das unheilvolle Schweigen, das wie Blei auf meinen Schultern lastete, gab mir den Rest. Plötzlich wurde mir Thomas’ Anwesenheit unerträglich, sie nahm mir die Luft zum Atmen. Am liebsten hätte ich ihn auf der Stelle rausgeschmissen. Mein Hals war wie zugeschnürt. »Wann ziehst du aus?«, presste ich mühsam hervor.
Herr Vogel zeigte mir denselben. »Du hast doch echt ’n Rad ab! Wenn hier einer auszieht, dann bist du es ja wohl. Von mir aus könnte alles so weiterlaufen wie bisher.«
»Das glaube ich dir gerne«, bemerkte ich ironisch. »Bloß schade, dass in Deutschland die Vielweiberei verboten ist.«
»Himmel Donnerwetter, du bist schließlich diejenige, die unbedingt einen Ring am Finger haben will.«
Logisch, ein Luxusweibchen wie ich war eben scharf auf Klunker ... Als ob ich ihn, nach dem, was er mir eben offenbart hatte, überhaupt geheiratet hätte! Nicht für Geld dabei!
»Und wer von uns beiden hat denn munter in der Gegend rumgevögelt!?«
»Du bist wirklich ..., ach was, leck mich doch!«
Das würde ich ganz bestimmt nicht tun!
Thomas rauschte aus der Küche, kurz darauf hörte ich die Wohnungstür mit einem lauten Knall ins Schloss fallen. Rums! Alles um mich herum bebte. Schätzungsweise Stärke fünf auf der Richterskala.
Meine Augen brannten wie Teufel. Nein, ich würde nicht weinen, nicht schon wieder und schon gar nicht wegen dieses elenden Scheißkerls. Wenigstens einen Rest Würde und Selbstachtung wollte ich mir bewahren.
Ich hatte mir selbst die ganze Zeit etwas vorgemacht. Unsere Beziehung war für Thomas so bequem und praktisch wie ein alter, ausgelatschter Pantoffel, den er bei der erstbesten Gelegenheit einfach fortwarf. Mein Nachfolgemodell stand ja schon bereit, um ihn mit offenen Armen und wiegenden Brüsten zu empfangen.
Zum Teufel mit ihm und dieser Schlampe! Ich hatte mich noch niemals zuvor so gedemütigt gefühlt.
Erneut kroch heiße Wut in mir hoch und trieb mein Blut Richtung Siedepunkt. Ich konnte mich gar nicht entscheiden, auf wen ich mehr wütend sein sollte. Auf ihn, weil er mich einfach aufs Abstellgleis geschoben hatte, oder auf mich, weil ich zu doof gewesen war, um es rechtzeitig zu bemerken.
Mannlos, freudlos und kinderlos – das waren ja tolle Zukunftsaussichten! Ich bemühte mich, diesen fiesen, stechenden Schmerz in meinem Inneren zu ignorieren. Bestimmt hatte ich bloß Hunger, versuchte ich mir einzureden, einfach bloß Hunger. Nichts, was sich nicht mit ein paar nahrhaften Schokoladenkeksen oder einem Käseschnittchen beheben ließe.
In diesem Augenblick klingelte das Telefon. Ein kleiner Funke Hoffnung glomm auf. Ob Thomas ... Vielleicht von seinem Handy ... Ich hechtete an den Apparat.
»Köster.«
»Köster? Oh, Entschuldigung, da habe ich mich wohl verwählt.« Ärgerlich knallte ich den Hörer auf. Manche Leute waren einfach zu dämlich, um ein paar läppische Tasten zu drücken. Ein Besuch am Geldautomaten musste für sie eine echte Herausforderung sein.
Ich war auf dem Weg in die Küche, um den galligen Geschmack in meinem Mund mit ein paar Tassen Kaffee hinunterzuspülen, da läutete schon wieder das Telefon.
»Ja, Köster!« Mein Stimmchen klang vermutlich alles andere als lieblich.
»Ist das nicht der Anschluss von Thomas Vogel?« Die gleiche Frauenstimme wie vor zwei Minuten. Ich versuchte den dunklen, leicht rauchigen Klang
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