Die Lazarus-Formel
Castle.«
»Deshalb waren sie schon vor euch in der Burg«, erklärte Ben. »Und statt Wall und den Orden auszuschalten, ehe sie euch überhaupt erst in die Kapelle folgen konnten, musste ich mich verstecken und mich langsam anpirschen. Deshalb kam ich zu spät. Zumal Kabir drei Wachen oben in der Kapelle gelassen hatte.«
Eve hatte ihre enthaupteten Leichen gesehen, als sie Ben nach draußen geschleppt hatten.
»Aber das spielt jetzt alles keine Rolle mehr«, sagte er, und Eve hörte die Verzweiflung in seiner Stimme. »Soweit ich weiß, war das der letzte der Bäume. Seit Jahrhunderten habe ich nach ihm und nach jemandem wie dir gesucht. Und jetzt ist die Möglichkeit, sein Geheimnis zu lüften, vertan. Für immer.«
»Ist sie vielleicht nicht«, sagte sie – und Ben und Margaret sahen sie mit großen Augen an.
»Ist sie nicht?«, fragte Margaret.
Eve lächelte geheimnisvoll. »Nein, ist sie nicht«, wiederholte sie. »Wie gesagt, vielleicht .«
Mit dem Besuch in der Höhle und den Beobachtungen bei der uralten Eibe waren endlich alle Puzzleteile auf ihren Platz. Sie war sich sicher, endlich das Rätsel des Osiris gelöst zu haben. Vielmehr das Rätsel hinter dem Rätsel.
»Ich brauche ein Labor.«
85
Kabirs Geist tauchte wie durch zähe Gallertmasse aus der Bewusstlosigkeit. Der beißende Rauch in seinen Atemwegen und in seiner Lunge brachte ihn zum Husten. Inzwischen kühler gewordener Qualm stand noch immer dicht in der Höhle und wurde nur hier und dort von den am Boden liegenden Strahlern durchbohrt.
Kabir versuchte aufzustehen. Doch abgesehen von der Mattigkeit, die von ihm Besitz ergriffen hatte, waren seine Verletzungen einfach noch nicht ausreichend verheilt.
Er hörte Schritte.
Als er den Kopf mit großer Mühe wandte, sah er Schatten durch den Qualm schreiten.
Zuerst erschrak er und suchte mit den Augen nach einer MP i. Doch dann erkannte er die Silhouette eines der Schatten und beruhigte sich wieder.
»Gebieter!«, rief er. »Ich bin hier.«
Beim Klang seiner Stimme wechselte der Schatten die Richtung und näherte sich Kabir.
Das fein geschnittene Gesicht seines Herrn schälte sich über ihm aus dem rauchigen Nebel. Kabir erkannte, dass sein Gebieter einen Säbel in der Hand hielt.
»Wo ist er?«, fragte er.
»Ich weiß nicht«, gestand Kabir ein. »Wir wurden gemeinsam von dem Anführer der Kuttenmänner erschossen. Aber als ich wach wurde, war er nicht mehr da.«
Sein Gebieter drehte sich weg und rief den anderen Schatten im Befehlston zu: »Ich will, dass ihr jeden einzelnen Körper hier untersucht. Findet ihn.«
»Ich habe Euch ein weiteres Mal enttäuscht, Herr«, sagte Kabir noch immer stark geschwächt.
Doch sein Gebieter reagierte überhaupt nicht. Er verschwand wieder im Rauch, dabei selbst den Boden und die dort liegenden Leichen absuchend.
Noch einmal versuchte Kabir aufzustehen – aber noch immer war er zu schwach dazu.
Nach einer ihm endlos erscheinenden Minute meldete einer der Schatten: »Keine Spur von ihm, Herr. Er ist nicht hier in der Höhle. Das Blut, das wir auf der Treppe gesehen haben, stammt wahrscheinlich von ihm. Er muss sich hinausgeschleppt haben. Die Forscherin hat ihm vermutlich geholfen. Auch sie konnten wir hier nirgends finden.«
Kabirs Gebieter stieß einen Fluch in Altägyptisch aus. »Raus hier!«, sagte er dann. »Verschließt das Portal und zerstört den Mechanismus. Und beseitigt oben in der Burg alle Spuren. Die Menschen dürfen hiervon nichts erfahren.«
Kabir hörte, wie sich die Stimme und die Schritte zügig entfernten.
»Herr!« rief er. Doch niemand antwortete.
Ein drittes Mal versuchte er sich aufzurappeln. Vergebens.
Er warf sich herum und robbte in Richtung Ausgang.
Da – das Knirschen der steinernen Schiebetür.
»Herr! Lasst mich hier nicht zurück!«
»Ich bin gnädig, Kabir«, rief sein Herr von Weitem durch den Qualm. »Da du so große Angst hast vor dem Tod, lasse ich dich leben. Für immer!«
Die Schiebetür schloss sich mit einem lauten Krachen. Kurz darauf hörte Kabir durch die dicke Steinwand hindurch den dumpfen Schlag einer Explosion.
Sie hatten den einzigen Ausgang aus der Höhle versiegelt.
»Herr!« schrie Kabir noch einmal aus Leibeskräften.
Doch er wusste, dass er nicht zurückkommen würde.
Niemand würde jemals wieder hierher zurückkommen.
Er war allein mit der Dunkelheit, der Ewigkeit und der Angst vor dem Tod, die ihn daran hindern würde, sich selbst das Leben zu nehmen. Zumindest ein paar
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