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Die Lazarus-Formel

Die Lazarus-Formel

Titel: Die Lazarus-Formel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivo Pala
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bedeutete auch ihr, stehen zu bleiben. Eve blickte voller Entsetzen nach vorn. Die Brücke der Caledonia existierte nicht mehr. Dort, wo sie sich bis eben noch befunden hatte, stand ein Trümmerfeld in haushohen Flammen. Ein schwarzer Kampfhelikopter senkte sich gerade auf das Vorderdeck und setzte auf. Eve sah zunächst zwei Männer in Kampfanzügen herausspringen, dann einen dritten.
    Der dritte war in etwa so groß wie Ben und nicht weniger athletisch gebaut. Seine Augen waren genauso schwarz wie sein dichtes, leicht gewelltes Haar. Statt eines Kampfanzugs wie die anderen beiden trug er einen knöchellangen Ledermantel, einen leichten metallenen Brustpanzer und kniehohe Stiefel. In der Rechten hielt er einen Säbel mit langer geschwungener Klinge.
    Ben zog Eve geschwind mit sich in den Schatten der Bordwand, ehe man sie entdecken konnte. Er holte eine SIG Sauer aus dem Schulterholster und reichte sie ihr.
    »Finde Margaret«, flüsterte er ihr zu.
    Sie realisierte, dass er zum ersten Mal, seit sie ihn im Kloster von Shrawley Wood getroffen hatte, besorgt wirkte.
    »Geht nach achtern, nehmt das Beiboot und fahrt nach Norden nach Kirkcaldy.«
    »Aber …«, wollte Eve widersprechen.
    Doch Ben schnitt ihr das Wort mit einer knappen Geste ab. »Bucht euch dort im Hotel Strathearn ein und wartet genau achtundvierzig Stunden auf mich. Keine Minute länger. Falls ich bis dahin nicht auftauchen sollte, sag Margaret, sie soll über ein nicht zu verfolgendes Prepaid-Handy mit Rinaldo Kontakt aufnehmen, und der soll euch außer Landes bringen. Weist ihn aber darauf hin, dass er diesmal mehr Vorsicht walten lassen soll als bei der Eröffnung deiner Konten.«
    »Ben …«
    Aber auch diesmal ließ er sich nicht unterbrechen. »Hör mir gut zu, Eve. Es ist wichtig. Falls du mich nicht mehr sehen solltest, überleg dir bitte gut, ob du das Experiment wirklich zu Ende führen willst.«
    »Warum?«
    »Wenn du es tust und Erfolg damit haben solltest, wirst du dein ganzes sehr langes Leben auf der Flucht sein. Vor ihm.« Er deutete auf den Mann in dem langen Mantel, der sich gerade mit finster-forschendem Blick auf dem Deck umsah.
    Eve spürte sofort, dass dieser Mann noch sehr viel gefährlicher war als Wall oder gar Kabir.
    »Wer …?«
    Ben sprach weiter. »Und so, wie gerade jetzt, wird er dich immer und immer wieder finden. Egal, wo du dich versteckst.«
    »Wie hat er uns hier gefunden?«
    »Kaum zu glauben, aber ich denke, über die Großbestellung von Eiben«, sagte Ben, und in seiner Stimme selbstvorwurfsvoll. »Ich hätte früher daran denken sollen. Sie haben dich schon bei deinem vorangegangenen Forschungsprojekt überwacht, weil es dabei um Eiben ging. Wir haben die Eiben dort drinnen zwar bar bezahlt, aber der Lieferant hat die Lieferung bestimmt in seine Dateien eingetragen. Und sie haben das entdeckt.«
    »Wer ist er?«, beendete Eve ihre Frage von zuvor.
    Ein noch dunklerer Schatten legte sich auf Bens Gesicht. »Du musst gehen, Eve. Jetzt!«
    »Wer ist er, Ben?«, wiederholte sie. »Keine offenen Fragen mehr, Ben. Kein Ausweichen mehr. Ich bitte dich. Ich muss wissen, womit und mit wem ich es zu tun habe.«
    Er sah sie an. »Das, Eve, ist Set.«
    Eve fühlte, wie sich ihr Magen verkrampfte. » Der Set? Der aus der Osiris-Legende?«
    »Der Älteste der Aesirianer.«
    »Dann ist er stärker als du?«
    »Das werde ich gleich herausfinden.«
    »Das musst du nicht, Ben«, flehte Eve. »Lass ihn in Ruhe und komm einfach mit uns.«
    »Nein«, widersprach Ben. »Das kann ich nicht. Wenn ich nicht bleibe, um ihn wenigstens aufzuhalten, verfolgt er uns mit dem Helikopter und schickt uns auf den Grund des Fjords.«
    »Du …«
    »Geh jetzt, Eve.«
    Es gibt Momente, in denen die Welt stehen bleibt. Man kennt solche Momente nicht nur aus Büchern oder Filmen, und dies war ein solcher Moment. Einer der ganz wenigen in Eve Sinclairs bisherigem Leben. Der letzte lag schon einige Jahre zurück und hatte sich in London ereignet, als ihre Mutter eine halbe Stunde nach dem Abschalten der Geräte ihres Mannes, Eves Vater, beschlossen hatte, ihm zu folgen – wohin auch immer das sein mochte. Sie hatte sich den Heathrow Express dafür ausgesucht, den schnellsten Zug der Stadt. Gerade eben noch hatte sie Eve geküsst und ihr gesagt, wie sehr sie sie liebte, und im nächsten Moment war sie über das Geländer der Porchester Road Bridge gesprungen – direkt vor den herandonnernden Zug. In Eves schreckgeweiteten Augen hatte die Millisekunde,

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