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Die Lazarus-Formel

Die Lazarus-Formel

Titel: Die Lazarus-Formel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivo Pala
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Schwert aus dem am Boden liegenden Körper, wischte es am Kampfanzug des Piloten ab und steckte es zurück in die Scheide, ehe er die MP i an sich nahm. Für einen Moment überlegte er, den Rest des Magazins in den Tank des Helikopters zu jagen und den auslaufenden Treibstoff anzuzünden. Doch dann entschied er sich dagegen.
    Solange er nicht sah, wie sich das Beiboot von der Yacht entfernte, wollte er nicht riskieren, dass das ganze Schiff in Brand geriet und Eve und Margaret womöglich noch Opfer der Flammen wurden.
    Er rannte zum Cockpit und zerschoss die Armaturen.
    Eve und Margaret hatten das Beiboot am Heck der Caledonia erreicht und ließen es gerade über die elektronisch gesteuerten Seilwinden des Doppelkranes zu Wasser, als vom Bug her MP i-Feuer erklang. Eve nahm den Finger vom Knopf, und mit einem Ruck blieb das Beiboot auf halber Höhe hängen.
    »Was ist?«, fragte Margaret.
    »Ich kann ihn nicht allein lassen«, sagte Eve. »Er hat es verlangt, aber ich kann es nicht.«
    »Doch, das kannst du«, widersprach Margaret energisch. »Das musst du sogar.«
    »Ich muss?«
    »Eve!«
    »Was?«, schnauzte sie ihre Freundin an.
    »Wenn du jetzt stirbst, war sein Opfer vergeblich.«
    Eve begriff, was Margaret sagte, und wusste, dass sie damit recht hatte, aber sie fragte sich mit nicht wenig Vorwurf, wieso sie sich überhaupt von Ben dazu hatte überreden lassen, ohne ihn die Flucht zu ergreifen. Es war nobel, dass er sich für sie opfern wollte, aber er hatte nicht das Recht dazu. Sie hatte ihn nicht darum gebeten. Und sie konnte unmöglich mit dem Bewusstsein weiterleben, dass er für sie gestorben war.
    »Ich lasse ihn hier nicht zurück, jedenfalls nicht allein«, sagte sie entschlossen und deutete auf das Beiboot. »Schaffst du es auch ohne mich, es zu Wasser zu lassen?«
    Margaret schüttelte den Kopf. »Wenn du bleibst, bleibe ich auch.«
    Ben wunderte und ärgerte sich darüber, dass das Beiboot immer noch nicht zu sehen oder zu hören war. Hastig durchsuchte er die Ausrüstung des enthaupteten Piloten, fand ein Ersatzmagazin und tauschte es gegen das leere in der MP i um. Er hatte gerade durchgeladen und wollte zum Heck laufen, um nachzusehen, ob Eve und Margaret vielleicht von den Aesirianern aufgehalten worden waren, als er neben der brennenden Brücke Set und seine beiden Soldaten stehen sah. Letztere hatten ihre MP is auf ihn gerichtet.
    »Du bist es also wirklich«, sagte Set ungläubig. Er stand vor dem Feuer wie ein dunkler Gott aus uralter Zeit.
    Ben antwortete nicht. Er betrachtete grimmig die Kreatur, die an allem schuld war.
    »Tja«, sagte Set mit einem zynischen Lächeln auf den vollen Lippen. »Da kann man so alt werden, wie man will – das Leben überrascht einen immer wieder. Wo hast du dich all die Jahrtausende nur versteckt?«
    »Die Welt ist groß, Set«, sagte Ben.
    »Nicht groß genug für uns beide.«
    »So alt, und noch immer geht es dir nur um Macht?«
    Set zuckte mit den Schultern. »Du sagst das, als wäre es etwas Verwerfliches. Dabei ist es das Einzige, das wirklich zählt. Ohne diese Macht wäre ich schon lange nicht mehr am Leben. Oder wie du ewig auf der Flucht.«
    »Du hättest Großes leisten können, Set.«
    »Ich habe Großes geleistet«, entgegnete Set. »Könige und Präsidenten fressen mir aus der Hand. Ganze Nationen entstehen und vergehen, nur weil ich es so will.«
    »Um deinen persönlichen Reichtum zu mehren«, entgegnete Ben verächtlich. »Und was hast du davon? Sklaven und Huren. Eine Herrschaft des Schreckens ohne Sinn und Ziel.«
    »Was wäre denn die Alternative?«, fragte Set, und seine Stimme troff vor Ironie. »Den Menschen die Unsterblichkeit zu geben? Sie ins Paradies zurückzuführen?« Er lachte. »Sie haben es einmal vermasselt, sie würden es wieder vermasseln. Nein, diese Würmer sind glücklicher, wenn sie unglücklich sind. Sie können gar nicht anders.«
    »Sie kennen es nicht anders«, widersprach Ben zornig. »Weil du und die deinen immer und immer wieder alles zerstören, was sie sich mit viel Mühe aufbauen. Und ihr tut das alles nur, um die Hebel der Macht in den Händen zu behalten. Deshalb habt ihr die Systeme entwickelt, die sie fesseln und unter eurer Kontrolle halten. Geld, Leistung, Zeit und Arbeit, Besitz und Grenzen. Nur um sie abhängig zu machen, damit sie sich ständig ungenügend fühlend und neidisch aufeinander sind. Ohne all das gäbe es keinen Hunger, keinen Hass und keine Kriege.«
    »Oh, noch immer der alte Feingeist.«

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